Was sich liebt das raecht sich - Roman
Erinnerung, und mit seinem festen Kiefer und der ruhigen, aber zugleich selbstbewussten Art kam er ihr durch und durch erwachsen vor. Und diese Augen … wow. Sie waren dunkelgrün, und er brauchte sie nur anzusehen, damit sie sich vor Verlangen wand.
»Mögen Sie Jazz?«, fragte er mit rauer Stimme, da die Spannung zwischen ihm und dieser Frau mit Händen greifbar war.
»Ich liebe ihn sogar. Ich habe jede Menge Originalaufnahmen von Leuten wie Miles Davis oder Louis Armstrong und sogar ein paar seltene Live-Mitschnitte aus New Orleans.« Darcy legte ihre Beine übereinander und dachte an die rohe Art, in der Judd bisher immer über sie hergefallen war. Wahrscheinlich ginge Shay im Bett viel raffinierter vor. Sie blickte auf seine Filmstar-Wangenknochen und den küssenswerten Mund, fragte sich, wie es wohl wäre, wenn sie mit ihm schliefe, schüttelte dann jedoch unmerklich den Kopf.
Für Shay war es eine angenehme Überraschung, dass er jemanden getroffen hatte, der ein ebensolcher Jazzfan wie er selber war. Die meisten Frauen, denen er bisher begegnet war, hielten seinen Musikgeschmack für langweilig und altmodisch, diese Fremde aber hatte offenkundig einen ähnlichen Geschmack wie er. Sie unterhielten sich angeregt über Musik, über diverse Bands und Sänger, denen der ganz große Durchbruch noch bevorzustehen schien, leerten ein ums andere Glas und hörten der Jazzband vorne auf der Bühne zu.
Darcy merkte kaum, wie schnell die Zeit verging, und zu ihrem Entsetzen wurde ihr bewusst, dass sie Shay zwar nicht zerstören wollte, doch allein mit diesem Ziel hierhergekommen war. Die Erinnerung an Judds erschreckend kalten Blick, bevor er nach Los Angeles geflogen war, ließ ihr einfach keine andere Wahl.
»Dann hatten Sie also eine schlimme Woche. Und warum? «
»Ich bin einfach arbeitsmäßig in einen Trott geraten, aus dem ich nicht mehr rauskomme«, erklärte er und ließ sich noch mal von ihr nachschenken. »Ich wollte immer mit meinem Vater zusammenarbeiten, aber daraus wird wohl nichts.« Er verzog verbittert das Gesicht. »Ich schreibe für Music Mode , obwohl das nie mein Traum gewesen ist.«
Darcy tat überrascht. »Für Music Mode ? Ich bin mit dem Herausgeber bekannt.« Vor Jahren, zu Beginn ihrer Karriere, hatten Dev und sie ein Verhältnis gehabt, doch als er immer wieder davon angefangen hatte, dass sie sich verloben sollten, hatte sie sich kurzerhand von ihm getrennt. Trotzdem hatten sie auch weiter ab und zu Kontakt, und obwohl ihr der Gedanke, Shay zu ruinieren, immer weniger gefiel, würde ihr die Tatsache, dass sie mit seinem Chef befreundet war, ja vielleicht eine Möglichkeit dazu bieten.
Während sich Shay im Rhythmus der Musik mit den Fingern auf den Oberschenkel klopfte, fielen ihm ihre sensationellen Beine auf. Sie trug eine durchsichtige Strumpfhose mit Naht, die ihr ausgezeichnet stand.
Sie beschloss, die Gelegenheit zu nutzen. »Damals war er ein total hinterhältiger Kerl«, log sie.
Shay runzelte die Stirn, und sein bisher so voller Mund bildete einen schmalen, missbilligenden Strich. »Ach ja? Ich finde, er ist ein super Typ, durch und durch professionell und vor allem ein echt netter Kerl. Vielleicht hat er sich ja verändert.«
Darcy hob ihr Glas an ihren Mund und dachte eilig nach. Irgendwie war sie von seiner Reaktion nicht wirklich überrascht. Deshalb wählte sie einen anderen Weg.
»Dann feiert er also keine wilden Partys mehr im Büro?«
Shay starrte sie ungläubig an. »Wilde Partys im Büro? Dev? Niemals!« Als er sie lachen hörte, merkte er, dass ihm dieses Geräusch ausnehmend gut gefiel. »Wohingegen mein Freund Robin eine Schande für den ganzen Laden ist. Eines Abends war er derart voll, dass er auf Devs Schreibtisch eine Line gezogen und es dort dann auch noch mit einer unserer Praktikantinnen getrieben hat.«
Darcys Augen blitzten auf. Bingo! Endlich etwas, was ihr vielleicht etwas nützen würde, dachte sie. Am liebsten
hätte sie vergessen, dass Judd existierte, und Shay ausgiebig auf den verführerischen Mund geküsst. Er roch einfach wunderbar – Pomegranate Noir von Jo Malone, wenn sie sich nicht irrte –, und es fiel ihr schwer, nicht zu vergessen, weshalb sie in diesen Club gekommen war, aber trotzdem schnurrte sie: »Wirklich urkomisch«, und strich mit einer Hand über sein Bein.
Shay sah sie grinsend an. All der Scotch und ihr betörendes Gelächter hatten ihn berauscht. »Und er hat noch ganz andere Dinge getan. Einmal war er so sauer,
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