Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
Zigarettenmarke des Hauses Reemtsma, die Ernte 23 erhielt ihren Namen, weil es sich dabei ursprünglich um Tabake des Jahres 1923 handelte, beide Marken feierten in der Nachkriegszeit große Erfolge und existieren bis heute.
Auch in anderen Bereichen zeigt sich die Eingängigkeit von Kombinationen aus Buchstaben und Ziffern: Die Bezeichnungen B-52 und U-2 für einen amerikanischen Langstreckenbomber und ein Spionageflugzeug sind tief ins kollektive Gedächtnis eingesickert. Die militärisch knappe Markanz der Namen und der langjährige Einsatz der Flugzeugsysteme ließen sie zu Chiffren der militärischen Macht der USA im Kalten Krieg werden. Endgültige Berühmtheit erlangten die Kürzel dadurch, dass zwei erfolgreiche Popbands sie sich für ihre Bandnamen aneigneten. Bei U2 dürfte die Doppeldeutigkeit („You too“) den Ausschlag gegeben haben. Bei den amerikanischen B-52’s lief die Assoziationskette über die hochtoupierten Bienenkorbfrisuren der beiden Sängerinnen – ein Style, der in den USA wegen der Ähnlichkeit mit der Nase des Flugzeugs gerne als B-52 bezeichnet wird. So wird aus Seriennummern Popkultur.
Die militärischen Kürzel führen uns auch auf die richtige Spur bei der Frage nach der Herkunft der Zahlenmarken. Ursprünglich entstammt die Zahl als Marke, sofern sie kein Zufallsprodukt ist, der verwalteten Welt, in der Ingenieure und Bürokraten sich daran machten, alles nach Maß, Zahl und Gewicht zu ordnen. Ihr Aufstieg beginnt während der ersten Hochphase der Massenproduktion Anfang des vergangenen Jahrhunderts: Angetrieben von technischem Fortschritt und Rationalisierung spuckten die Maschinen und Fabriken standardisierte Massenwaren in so großer Stückzahl und so häufig verbesserten Versionen aus, dass die Produktpalette langsam unübersichtlich wurde. Ordnung nach Zahlen war angesagt.
Die archetypische Seriennummer lautet Nullachtfünfzehn. Sie geht zurück auf das vom Deutschen Reich im Ersten Weltkrieg eingesetzte Maschinengewehr M.G. 08/15, eine Waffe, die auf dem Entwurf des ersten vollautomatischen Maschinengewehrs des amerikanisch-britischen Konstrukteurs Hiram Maxim beruhte. Die Bezeichnung 08/15 setzt sich zusammen aus dem Modell und der Modellvariante, die nach dem Jahr ihres Erscheinens bezeichnet ist, also 1915. Die nach dem Baukastenprinzip aus vollständig standardisierten und austauschbaren Teilen hergestellte Waffe ist eng verknüpft mit der Entstehung der DIN-Normen. So erhielt ein im Verschluss des Gewehrs verwendeter Kegelstift im Jahr 1918 vom Normenausschuss der deutschen Industrie (dem Vorläufer des Deutschen Instituts für Normung) die erste vergebene DIN-Norm, die DIN 1. Das M.G. 08/15 avancierte zum sprichwörtlichen Sinnbild für Standardisierung überhaupt, für das Gewöhnliche und Durchschnittliche der industriellen Massenproduktion.
Dem bei Ingenieuren und Produktentwicklern verbreiteten Hang zu Standardisierung und Nummerung (so der technische, in der DIN-Norm 6763 festgelegte Begriff für das „Bilden, Erteilen, Verwalten und Anwenden von Nummern“ in Bezug auf Gegenstände, Sachverhalte oder auch Personen) verdanken sich in ähnlicher Weise viele weitere Zahlen in den Namen alltäglicher Produkte. Weizenmehl kauft man meist in der Type 405, 550 oder 1050. Sie bezeichnen den Mineralstoffgehalt und damit die Helligkeit des Mehls, und sie sind ebenfalls normiert, in DIN 10355.
Manchmal benennen die Ingenieure ihre Erfindungen aber auch einfach nach der Zahl der Versuche, die sie benötigten, um ein Produkt zur Serienreife zu entwickeln. So trägt das 1953 entwickeltewasserverdrängende Schmier- und Kriechöl WD-40 (jedem bekannt, der schon einmal professionell ein Fahrrad repariert hat) diesen Namen, weil seine genaue Zusammensetzung erst im vierzigsten Versuch gefunden wurde: „Water Displacement perfected on the 40th try“, wie auf der Website des Unternehmens behauptet wird. Das Herstellerunternehmen hat sich übrigens 1969 aufgrund des Erfolges seines einzigen Produkts von Rocket Chemical Company in WD-40 Company umbenannt. Von Ferdinand Porsche heißt es, dass er Anfang der 1930er Jahre die Zählung der ersten Modellentwicklungen seines Konstruktionsbüros mit der 7 anstatt mit der 1 beginnen ließ, um bei den Auftraggebern einen größeren Vertrauensvorschuss für seine gerade erst gegründete Firma zu erzielen.
Inzwischen haben sich die Zahlen der Modellreihen zunehmend von der Herkunft aus der Ingenieurswerkstatt gelöst und führen –
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