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Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Titel: Was Sie schon immer über 6 wissen wollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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Ingenieurslogik. Welche Zahl ein bestimmtes Modell verpasst bekommt, ist heute eher der Zahlenpsychologie geschuldet als den technischen Erwägungen der Ingenieure und Entwickler. Die Marketingstrategen haben erkannt, dass die Wirkung, die derlei Bezeichnungen durch ihre Ziffern und Buchstaben erzeugen, maßgeblich die Kaufentscheidung der Konsumenten beeinflusst.
    Aber wieso entscheidet sich eine Firma überhaupt dafür, Zahlen in den Namen eines Produktes aufzunehmen? Befragungen haben gezeigt, dass Konsumenten bestimmte Produktkategorien eher mit Zahlennamen assoziieren – technische und chemische Produkte (Haushaltsreiniger und Waschmittel) sowie Autos gehören dazu, während Zahlennamen etwa für Unterwäsche, Möbel oder Nahrungsmittel von den Befragten durchweg für unpassend befunden wurden (mit Ausnahme von Functional Food, wie etwa der probiotischen Joghurtmarke LC1 von Nestlé oder den Gemüse- und Fruchtsäften der Marke V8). Die Verknüpfung von Zahlen mit Attributen wie technisch, komplex, effizient, unpersönlich und abstrakt ist kulturell so tief verankert, dass sie uns offensichtlich und nicht hinterfragbar erscheint. Gleichzeitig ist hier ein Rückkopplungsprozess zu beobachten: Die Assoziation von Zahlen und Technik wird laufend durch die Tatsache verstärkt, dass es eben vorwiegend technische Produkte sind, die mit Zahlennamen operieren.
    Die Marketingforscherinnen Teresa Pavia und Janeen Costa fanden bei ihren Befragungen, die sie in den 1990er Jahren durchführten, noch mehr heraus. So äußerten Teilnehmer, dass „höhere Zahlen größere Komplexität, Raffinesse, Präzision anzeigten und dass ein Produkt jüngeren Datums sei“, schreiben sie in ihrem im Journal of Marketing erschienen Artikel „The Winning Number. Consumer Perceptions of Alpha-Numeric Brand Names“. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Konsumenten bei fortlaufenden Modellreihen – seien es nun Autos, Kameras oder Computer – Modelle mit höheren Zahlen positiver bewerten als solche mit niedrigeren Nummern, und zwar selbst dann, wenn das Produkt mit der höheren Zahl objektiv schlechtereEigenschaften hat. Die Logik dahinter: Höher gleich besser. Diese Faustregel hängt wohl nicht zuletzt mit dem mentalen Zahlenstrahl zusammen, der die Zahlen im Kopf aufsteigend von links nach rechts beziehungsweise von unten nach oben sortiert (siehe Kapitel IV). Aus demselben Grund werden Produkte mit einem höheren Preis oft als qualitativ besser eingestuft.
    Im Gegensatz dazu, so Pavia und Costa, stehe bei bestimmten Produkten eine niedrige Zahl für Exklusivität. Man denke an das Parfüm Chanel No. 5, bei dem die 5 durch das vorangestellte, distinguiert wirkende Nummerierungskürzel noch betont wird. Oder an den Duft CK One von Calvin Klein, bei dem „One“ nicht nur als Ordnungsziffer für das erste Parfüm des Modelabels fungiert, sondern semantisch gleichermaßen auf die kosmische, ursprüngliche Einheit der Geschlechter abzielt und so die Positionierung als Unisexduft unterstreicht. Der Nachfolgeduft hieß konsequent dann auch nicht „Two“, sondern CK Be.
    Auch in anderer Hinsicht ist CK One aufschlussreich. Denn es macht, so Pavia und Costa, auch einen gehörigen Unterschied, ob die Zahlen ausgeschrieben oder als Ziffern dargestellt werden: „Ausgeschriebene Zahlen rufen Bedeutungen wie Wohlstand, Raffinesse, Oberklasse und Eleganz hervor. Ziffern dagegen wurden mit Produkten assoziiert, die einfacher, weniger teuer und mehr auf den alltäglichen Konsumenten zugeschnitten sind.“ Die Gestalt der Ziffern istebenfalls bedeutungsgeladen. So unterschieden die Befragten runde und kurvige Ziffern (und Buchstaben) wie die 6 und die 9 von eckigen, harten wie der 4.

    Eine weitere Quelle für die affektive Affinität zu bestimmten Zahlen in Markennamen haben kürzlich die Marketingprofessoren Dan King und Chris Janiszewski entdeckt. Ihr Befund: Wir mögen Zahlen lieber, die wir leichter verarbeiten können und denen wir häufiger begegnen, zum Beispiel weil sie wie die typischen Rundzahlen (siehe Kapitel VIII) häufiger vorkommen oder weil sie typische Summen darstellen. Ein fiktives Antischuppen-Shampoo mit dem Namen Zinc 24 war in Tests beliebter als Zinc 31. Auch wenn wir Gleichungen lösen und so die Zahl in einer Zahlenmarke verstehen können, erhöht das die Beliebtheit eines Produkts. So erfreute sich der Gemüsesaft V8 größeren Zuspruchs, wenn der Slogan lautete: „Get a full day’s supply of 4 essential vitamins

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