Was soll denn aus ihr werden?
betrachten, die sind besonders schön, und die großen Fässer darin sind auch merkwürdig. Daß Eure Veltlinerweine weit und breit bekannt sind, daran haben diese vorzüglichen Keller auch ein besonderes Verdienst.«
»Ja, und die guten Sorten, die man hineinbringt, nicht weniger«, sagte der Pate mit Lächeln. »Kommt ihr dann von eurem Gang zurück, so nehmen wir einen Schluck von dem Hundertjährigen, Nonna. Ich werde ja sitzen bleiben dürfen, der Jakob führt euch durch Scheune und Stall, und die Ursel durch das Haus und die Speicher, die Schlüssel hat sie.«
So wurde es festgesetzt, und sobald man vom Tisch aufstand, wurde die Wanderung angetreten. In der weiten, alten Stube droben, wo die großen Schränke und die
hohen, bemalten Truhen standen, welche die Ursel alle aufgeschlossen hatte, konnte Dorothea vor Verwunderung keine Worte finden. Was da für Haufen aufgespeichert lagen von roher und gebleichter Leinwand, von gesponnenem Garn, von noch ungesponnenem Hanf und Flachs. Die angehäuften Schätze konnten Jahrzehnte durch für den größten Haushalt genügen.
»Wo ist Dori?« fragte Nonna die in Erstaunen versunkene Dorothea. Diese wandte sich um; sie meinte, Dori müsse hinter ihr stehen, sie war ja eben mit ihr hereingetreten. Dorothea schaute in die Nebenstube hinein, sie begriff nicht, wohin das Mädchen verschwunden war.
»Geht hinunter, Ursel, und schaut nach, ob die junge Base beim Paten sitzen geblieben, oder ob sie etwa in den Garten hinab gegangen ist, sie soll kommen, wir haben noch viel zu sehen.«
Ursel ging und kam mit dem Bericht zurück, die junge Base sei nirgends zu finden. Nun ordnete die Nonna an, Dorothea solle mit der Ursel weitergehen und sich alles recht zeigen lassen, sie selbst wollte in die Stube zurückkehren und warten, bis Dori wieder zum Vorschein komme und dann mit ihr nachfolgen. Die Nonna setzte sich unten zum Paten hin. Sie kam nicht oft in Aufregung, aber diesmal war sie's. Sie redete sich auch immer noch ein wenig mehr in die erregte Stimmung hinein, indem sie dem Paten vorstellte, wie schwer es für die Verwandten sei, Daniels Enkelin in ein gutes Geleise und auf einen rechten Lebensweg zu bringen, nachdem die Mutter das Kind ohne alle herkömmlichen Begriffe und Bedürfnisse eines geordneten Lebens hatte aufwachsen lassen. »So kommt es«, fuhr sie in ihrer Schilderung fort, »wenn so fremder Eintrag in den guten Zettel des Landes eingewoben wird. Da muß ich Marie Lene recht geben, man kann nicht absehen, was da für ein fremdartiges Gewebe daraus wird. Es ist ja ein unerhörtes Glück für die beiden, daß ihnen hier eine Heimat, und dazu eine solche geboten wird, so können beide wieder in die ehrenfestenFußtapfen ihrer Vorfahren kommen. Niki Sami hat mit mir über sein Vorhaben gesprochen und ich hatte meine Gedanken dabei, das Mädchen einen Einblick in das wohlbestallte Haus tun zu lassen. Danken könnten freilich beide anders dafür, was ihnen geboten wird, als sie es bis jetzt getan haben, aber man muß es der Älteren zugut halten, weil sie gar zu jung weggekommen ist und die anerzogenen guten Ansichten und Begriffe im fremden Land verloren hat, und der Jüngeren darum, weil sie gar nicht dazu erzogen worden ist. Nicht einmal so viel hat die Mutter der Tochter beigebracht, daß man die ältesten der Verwandten so weit achtet, daß man bei ihnen bleibt, wenn man eingeladen ist.«
Der Pate stieß immer dickere Rauchwolken aus seiner Pfeife, die Aufregung hatte sichtlich auch ihn ergriffen, da mußte ein Ausbruch bevorstehen. Jetzt kam Dorothea und hinter ihr her der Jakob zur Tür herein, sie hatten ihre Gänge beendet. Dorothea forschte ängstlich durch die dicken Rauchwolken, ob sie dahinter entdecken könne, was sie suchte. Die Nonna und der Pate suchten durch den Rauch zu erblicken, daß noch jemand hinterher eintrete, es war nichts, Dori war nirgends zu sehen. Wortlos winkte der Pate der Ursel, daß sie auf den Tisch bringe, was im Schrank stand. Die Gläser wurden gefüllt, es wollte kein Gespräch in Gang kommen. Dorothea schaute mit immer angstvolleren Blicken nach der Türe. »Wenn dem Kinde doch nur nichts begegnet ist«, sagte sie endlich mit gepreßter Stimme.
»Sie wird das Begegnen wohl selbst machen«, bemerkte die Nonna kurz.
»Vielleicht ist sie ein wenig gegen Zernez hinauf gegangen, so mit dem Gedanken, sie könne etwas vom Markt sehen«, bemerkte der Vetter Jakob. »Es ist ja recht, daß sie Freude an einem schönen Viehstand
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