Was soll denn aus ihr werden?
ausfallen. Ich möchte einmal wieder den Vetter Niklaus in Ardez besuchen und will morgen ein Nachmittagsfährtchen dort hinauf machen. Dazu wollte ich dich und deine Mutter einladen.«
Dori schaute die Nonna fragend an: »Aber ich kann doch jetzt nicht einen Besuch droben bei –«
»Ich weiß schon, was du sagen willst«, unterbrach sie die Nonna, »daran habe ich schon gedacht. Morgen ist großer Viehmarkt in Zernez, da geht der junge Vetter hinauf und wir treffen den Paten ganz allein. Bei dem können wir nun gut einen Besuch machen, wenn auch noch gar kein Entscheid getroffen ist. Sag deiner Mutter, daß es mich freut, wenn ihr beide mich begleitet, ich rechne darauf. Zweispännig fahren wir freilich nicht, wie Niki Sami es kann, der steht eben ganz anders, als alle seine Verwandten«, setzte die Nonna mit Nachdruck hinzu; »der Jakob fährt uns dann mit seinem Roß hinauf.«
Dori mußte versprechen, sich mit der Mutter bereit zu halten, dann verließ sie das Haus der Nonna.
Dorothea erwartete in der höchsten Spannung und Unruhe Doris Rückkehr. Immer größer wurde ihre Angst, je länger das Gespräch zwischen der Nonna und ihrem Kinde dauerte. Was würde das Ende davon sein? Jetzt hörte sie den wohlbekannten, raschen Schritt. Dori trat herein.
»Und nun?« fragte Dorothea mit angehaltenem Atem.
Dori mußte sich ein wenig besinnen. »Ich weiß gar nicht, wie es nun ist, ob mir's die Nonna glaubt, daß ich's nicht tun kann«, berichtete Dori dann. »Zuletzt haben wir von Cavandone geredet; da ist mir unser Leben und alles von dort unten so lebendig vor den Augen aufgestiegen, daß ich an nichts anderes mehr gedacht habe. Aber richtig, morgen müssen wir mit der Nonna nach Ardez hinauffahren.«
Dorothea schaute ihre Tochter im höchsten Erstaunen an.
»O, du mußt nicht denken, daß das etwas mit dieser Sache zu tun hat«, sagte Dori harmlos, »wäre Niki Sami daheim, ginge ich gewiß nicht, aber der ist fort. Die Nonna will den Paten besuchen, und zu dem geh ich ganz gern, er ist mir recht lieb.«
Dorothea sagte nichts mehr, aber ihre Gedanken kamen in eine neue Unruhe; die Nonna sah die Sache nicht als abgeschlossen an, das war ihr gewiß.
Zur festgesetzten Zeit des anderen Tages fuhr die Nonna vor, um die Eingeladenen abzuholen. Die Unterhaltung der Gesellschaft, die im kleinen Wagen nah zusammen saß, drehte sich längere Zeit um den Viehmarkt in Zernez, denn der Vetter Jakob konnte es fast nicht verschmerzen, daß er nicht dort war, und doch sagte er wieder, er sei der Nonna ganz dankbar, daß sie ihn heute davon abgehalten habe, sonst wäre es ihm wieder gegangen wie voriges Jahr, daß er viel mehr ausgegeben hätte, als es ihm anstehe, denn wenn man so prächtiges Vieh sehe, so könne man gar nicht anders. »Der da droben«, fuhr der Vetter fort, mit der Peitsche nach Ardezhinaufzeigend, »der Niki Sami hat es gut, der lauft das schönste Paar Ochsen, wie andere Leute eine Stallkatze, ohne umzusehen. Was der für Vieh im Stall hat, das solltet ihr sehen! Diese Prachtskühe in dem großen, saubern Tanzsaal stehen zu sehen, so eine an der andern und eine runder und glänzender als die andere, das ist eine Freude. Denn so ist sein Stall, akkurat wie ein Tanzsaal, es ist der Mühe wert, hineinzugehen.
»Das werden wir tun«, sagte die Nonna, »dazu haben wir Zeit heute.«
Der Pate mußte Bericht erhalten haben von dem kommenden Besuch. Er war gar nicht überrascht, als die Frauen bei ihm eintraten, aber er bewillkommte sie mit großer Freundlichkeit. Er rief gleich nach der Ursel, daß sie einen guten Kaffee bereite. Es währte auch gar nicht lange, so wurde dieser schon aufgetragen und die Gesellschaft begab sich an den Tisch.
»Wo kein Junger da ist, da nimmt man mit einem Alten als Nachbar vorlieb«, sagte der Pate und setzte sich neben Dori hin.
»Ich wünsche gar keinen andern Nachbar«, gab diese zurück.
»Niklaus«, nahm hier die Nonna das Wort, »ich habe im Sinn, heute einmal wieder durch alle Räume des Hauses zu gehen; wenn ich schon weiß, daß die Wirtschafterin alles in Ordnung hält, so kann es nicht schaden, daß ich einmal allem nachsehe. Und dann werden die Base Dorothea und ihre Tochter auch gern einmal ein so geordnetes Haus anschauen. Die Truhen droben, die noch angefüllt sind mit dem selbstgewobenen Tuch der seligen Base, und dann die gefüllten Speicher und auch den Stall und die heureiche Scheune wollen wir ansehen, und nachher gehen wir noch die gewölbten Keller zu
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