Was Top-Unternehmen anders machen
Verkäufer und Geschäftsinhaber hätte persönlich eingeladen zunächst im Rahmen besonderer Events tatsächlich vom Fahrverhalten des Skis überzeugt werden müssen. Interessant wäre dabei gewesen, die Skioberfläche bei diesen Events neutral â weià â zu halten und die âMeinungsbildnerâ zunächst nur mit der neuen Form zu konfrontieren. Im Anschluss an die Tests hätte ein Spitzendesigner die âneueâ Formensprache des Skis darlegen und unterschiedliche Designvorschläge für die âBemalungâ der Skioberfläche präsentieren können. In kleinen Gruppen hätten die Designvorschläge diskutiert und bewertet werden können, um in der Folge die Chance zu bekommen, mit dem Designer darüber zu diskutieren. Die Entscheidungsbildner hätten vermutlich nicht nur das besondere Fahrgefühl erlebt, sie hätten durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Aussehen der Skier auch schneller einen emotionalisierten Zugang zu den Produkten gefunden. Vielleicht wären sie nach Hause gefahren und hätten gesagt: âDiese Innovation müssen wir haben.â
Parallel dazu hätten innovative Vermarktungskonzepte für den Point of Sale (POS) und ein entsprechendes Pricingkonzept vorbereitet werden müssen. Unmittelbar nach den Events hätten die einzelnen Händler besucht werden können, und man hätte ihnen die âcoolenâ Einführungspakete für die Ãberzeugungsarbeit der Endkunden präsentieren können. Gleichzeitig hätte man das âHochpreiskonzeptâ vorstellen können, das die Positionierung der radikalen Innovation unterstreicht. In diesem Pricing-Konzept wären dann auch die auÃerordentlichen Verdienstmöglichkeiten für den Handel vorgestellt worden, wenn er sich an bestimmte Regeln hält, zum Beispiel keine Preissenkungen in der Schlussverkaufsphase etc.
Wäre es dadurch gelungen, die einzelnen Händler von den Vorteilen des Produkts, des Designs, der Verkaufstools und der individuellen Verdienstmöglichkeiten zu überzeugen, dann hätte die nächste Phase folgen können. Man wäre gemeinsam mit den bedeutendsten Einzelhändlern in die Verhandlungen mit den groÃen Sportartikelketten eingestiegen und hätte das Gesamtkonzept dort gemeinsam mit den Top-Händlern vorgestellt. Bei einem erfolgreichen Gelingen hätte dann der eigentlich Rollout erfolgen können. In jedem Geschäft des Sportfachhandels wäre es dann möglich gewesen, die Innovation nicht nur als das Highlight des Winters zu präsentieren, sondern es wäre auch möglich gewesen, dass die Verkäufer das Produkt mit den zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln den Kunden angepriesen hätten.
Bis zu diesem Zeitpunkt wäre das Produkt bei keiner der groÃen Sport-artikelfachmessen wie beispielsweise der ISPO in München vorgestellt worden.
Aus unserer Sicht erfordert die erfolgreiche Einführung von Radikalinnovationen mehr, als nur das innovative Produkt braucht. Die erfolgreiche Einführung, die imstande sein soll, einen Marktumbruch auszulösen, erfordert ebenso innovative Marketing- und Vertriebsleistungen. Die Grundlage dafür sind das Verständnis der Spielregeln am Markt und die darauf aufbauenden Strategien.
Der Erfolg der australischen Weinhersteller und der Misserfolg des österreichischen Skiherstellers haben eines gemeinsam. In beiden Fällen waren die Marktorientierung und die Nutzung der Spielregeln entscheidend. Der Skihersteller hatte es versäumt, die Spielregeln des Marktes zu untersuchen und eine Markteinführungsstrategie darauf aufzubauen. Die Australier taten dies. Sie entwickelten ein neues Geschäftsmodell, indem sie die Schwachstellen der Spielregeln erkannten und neue Regeln definierten.
Je komplexer Marktsysteme werden, umso wichtiger wird es, die Spielregeln zu verstehen und zu berücksichtigen. Vor allem dann, wenn man neu in einen Markt eintritt.
Die neue Rolle der Marktforschung
Die Darstellung der aufgezeigten Denkansätze verdeutlicht, dass die Marketingabteilungen ihre Rolle und ihre Aufgaben zum Teil neu ausrichten müssen. 122 Peter Lorange 123 fordert die Marketingabteilungen dazu auf, die Herausforderung anzunehmen, wirklich neue Marktchancen identifizieren zu wollen, bevor diese offensichtlich werden. Nur so ist es möglich, den Markt aktiv zu gestalten und nicht immer dem Markt hinterherlaufen zu
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