Was uns glücklich macht - Roman
sie.
»Was ist denn ein Mann? Davon hab ich ja noch nie gehört.«
»Sie wissen schon: eine jämmerliche Kreatur, die meist auch noch schlecht riecht.«
»Ich dachte, das wäre ein Hund.«
»Nein, Hunde riechen immer schlecht, aber sie sind kein bisschen jämmerlich.«
Ich lächelte sie an. »Marie, ich genieße diese Boulevardkomödienunterhaltung, wirklich, aber ich habe einen anstrengenden Tag vor mir, daher muss ich Sie bitten, links von der Bühne abzugehen.«
Sie wandte sich nach links und drehte sich dann noch einmal etwas verwirrt zu mir um. Ihre Unschuld bringt mich immer zum Lächeln. Marie ist das vollkommene Beispiel dafür, dass das Leben immer von den eigenen Erwartungen abhängt. Ihr Leben ist besser, als sie es jemals erwartet hätte, daher ist sie der glücklichste Mensch, den ich kenne. Ich hingegen wuchs mit unendlichen Erwartungen auf, mein Leben ist ein endloses Menü an Optionen, und so kommt es, dass ich der unzufriedenste Mensch bin, den ich kenne. Ein zweifacher Harvard-Abschluss kann einen auch am Arsch erwischen.
»Also gut«, sagte ich mit sanfterer Stimme. »Heute ist mein Geburtstag.«
Sie riss die Augen auf. »Wow! Herzlichen Glückw…«
»Bitte.« Ich unterbrach sie, streckte den Arm aus. »Mir ist nicht danach, den ganzen Tag darüber zu reden.«
»Hab schon verstanden«, sagte sie im Flüsterton. »Herzlichen Glückwunsch, Chefin.«
»Danke.«
»Haben Sie heut noch was Tolles vor? Wie wollen Sie feiern?«
»Mit einem Tag im Büro.«
»Nein, nein«, sagte sie und schüttelte den hübschen Kopf. »Das reicht nicht.«
»Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich Gedanken machen.«
» NEIN !«
Das verblüffte mich dann doch ein wenig, muss ich zugeben.
»Sie waren so nett zu mir«, fuhr Marie ruhiger fort. »Ich lasse einfach nicht zu, dass Sie an Ihrem Geburtstag nichts anderes machen als arbeiten und dann nach Hause gehen. Wir unternehmen heute Abend etwas, was Sie wollen, ich lade Sie ein.«
Die Unterhaltung machte mich allmählich traurig. Und verlegen. »Das ist wirklich ganz reizend von Ihnen«, sagte ich, »aber Sie müssen das wirklich nicht tun.«
»Ich weiß, dass ich es nicht tun muss «, erwiderte sie. »Ich möchte aber.«
Ich bin mir nicht ganz sicher, warum ich mich so sträubte. Irgendwo gefiel mir die Idee; es würde bestimmt mehr Spaß machen, mit irgendwem irgendwo hinzugehen, als an meinem vierzigsten Geburtstag nach Hause zu gehen und American Idol zu schauen, das Einzige, was noch auf meinem Festplattenrekorder zu finden war. Das vielleicht Erbärmlichste, was ich Ihnen von meinem Leben erzählen kann, ist, dass ich nichts mehr auf meinem Festplattenrekorder habe. Alle, die ich kenne, reden dauernd davon, wie weit sie mit ihren Sendungen hinterher sind. Ich dagegen bin voll auf der Höhe. Ich habe alles im Fernsehen angeschaut, was ich je sehen wollte.
»Was schwebt Ihnen denn so vor?«, fragte ich und versuchte, mir mein Interesse nicht anmerken zu lassen.
»Sie haben freie Auswahl«, sagte sie. »Nennen Sie mir einen Club, ein Restaurant, eine Bar, eine Broadway-Show, einen Film. Was Sie auch aussuchen, wir machen es.«
»Nun ja, die Broadway-Shows, die was taugen, habe ich schon gesehen, zurzeit laufen überhaupt keine guten Filme, und ich bin eigentlich nicht der Typ für eine Bar oder einen Club «, sagte ich und rümpfte die Nase, als hätte das Wort etwas Unangenehmes. »Ich kann mir nicht vorstellen, in einen Club zu gehen.«
»Dann gehen wir zum Dinner«, sagte sie. »Wohin Sie wollen.«
Ich dachte ein paar Augenblicke nach, doch dann riss Marie plötzlich wieder die Augen auf. Wenn sie eine Comicfigur wäre, wäre plötzlich eine Glühbirne über ihrem Kopf aufgeblitzt.
»Ich weiß, was wir tun sollten!«, rief sie enthusiastisch.
»Was?«, erwiderte ich im selben aufgeregten Ton, machte mich ganz ohne Grund über sie lustig. (Da ist dieses liebe Mädchen ganz aufgeregt, weil es für meinen Geburtstag Pläne schmiedet, ohne überhaupt zu wissen, welcher Geburtstag es ist, und ich mache ihr das Leben schwer. Wirklich, manchmal verstehe ich, warum ich einen solchen Ruf habe.)
»Ich habe eine super Idee, und ich weiß, dass Sie nichts davon wissen wollen«, sagte Marie, ohne sich von meinen Gemeinheiten abschrecken zu lassen, »aber ich möchte, dass Sie darüber nachdenken, okay? Sie müssen es sich wirklich überlegen, weil ich finde, dass es eine großartige Idee ist.«
Ich wartete.
»Bei mir im Haus wohnt ein Typ, den ich
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