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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sich am Strand brachen, und sehnte mich plötzlich danach, schwimmen zu gehen. Ich wäre auf der Stelle ins Meer gesprungen, wenn ich mir nicht sicher gewesen wäre, dass Eduardo Marquez einen Anfall bekäme, wenn ich bei seiner Rückkehr nicht mehr da war.
    Dann wanderten meine Gedanken zu Robert. Was würde er vorfinden, wenn er in die Suite zurückkam? Wie genau hatte ich sie eigentlich zurückgelassen? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich hatte nichts gepackt; meine Kleider, mein Schmuck, mein Make-up, mein Waschzeug, das alles war noch dort. Er würde vermutlich ins Zimmer kommen und sich nichts weiter dabei denken, wenn ich nicht da war; vermutlich würde er annehmen, ich sei zum Joggen oder zum Schwimmen oder an den Strand gegangen. Wahrscheinlich wäre er ein wenig überrascht, dass ich ihm weder einen Zettel hinterlassen noch eine SMS geschrieben hatte, aber Sorgen würde er sich bestimmt keine machen. Vielleicht würde er ins Bett gehen und dort auf mich warten, um mir bei meiner Rückkehr den Hintern zu tätscheln, was sein Signal für Sex ist. Ich konnte ihn mir direkt vorstellen, wie er mit nacktem Oberkörper im Bett lag, Zeitung las und auf mich wartete. Wie lange es wohl dauerte, bis er anfing, sich Gedanken zu machen? Vielleicht war es schon so weit. Vielleicht suchte er schon nach mir. Vielleicht fragte er Hotelangestellte, ob sie die athletisch wirkende Blondine gesehen hatten, mit der er eingecheckt hatte. Nein, als Erstes würde er versuchen, mich auf meinem Handy zu erreichen, und nach einer Weile (auf Hawaii dauerte es etwas länger, bis man eine Verbindung bekam) würde er irgendwo im Zimmer »I Gotta Feeling« von den Black Eyed Peas hören und es als meinen Klingelton erkennen. Er würde also wissen, dass ich mein iPhone zurückgelassen hatte, und dann würde er sich ernsthaft Sorgen machen. Denn das sah mir überhaupt nicht ähnlich. Als Nächstes würde er meine Sachen durchsuchen und feststellen, dass ich meine Handtasche und meinen Rucksack ebenfalls zurückgelassen habe, samt Geldbeutel, Reisepass und Führerschein, und dann würde er wohl glauben, dass ich entführt worden bin, direkt aus dem Hotelzimmer, weil ich ohne diese Dinge niemals auch nur einen Schritt vor die Tür setze. Das entlockte mir erneut ein Lächeln. Der Scheißkerl. Sollte er sich doch Sorgen machen. Sollte er sich doch an die örtlichen Behörden wenden und mich als vermisst melden. Sollte er doch meine Familie anrufen und fragen, ob sie von mir gehört hätten. Vielleicht sollte sogar ich zuerst mit meinem Vater sprechen; mein Vater sollte derjenige sein, der ihm sagte, dass es aus war mit unserer Ehe. Niemand würde das mehr genießen als Dad, und er würde das auch prima hinkriegen; er würde all die »Arschlöcher« und »Drecksäcke« an die richtigen Stellen platzieren. Darin ist er wirklich sehr gut.
    »Miss, hier ist ein Telefon, es handelt sich um Hoteleigentum. Die Gebühren können am Ende Ihres Aufenthalts mit den Übernachtungskosten abgerechnet werden.«
    Es war Eduardo Marquez; er war unbemerkt zurückgekehrt. Und seine Haltung schien sich irgendwie verändert zu haben, er wirkte weicher – oder zumindest nicht zu misstrauisch. Sein Lächeln wirkte weniger gezwungen, weniger einstudiert. Er hatte etwas sehr Angenehmes und Reizendes an sich.
    »Danke«, sagte ich und nahm das Handy entgegen. »Ich freue mich schon sehr auf meinen Aufenthalt hier.«
    Dann atmete ich mehrmals tief durch, füllte meine Lungen, bis sie wehtaten, was sie bei meinem Dreißig-Kilometer-Lauf nicht getan hatten. Die salzige Luft war belebend, ich fühlte mich frisch und lebendig. Ich wählte, ohne auf die Tasten zu blicken, tat einen letzten tiefen Atemzug und drückte auf »Verbindung«.
    »Hi, Dad, ich bin’s«, sagte ich, als er sich meldete. »Ich habe einen recht merkwürdigen Tag.«
    Katherine
    »Hallo, Mom, danke für den Anruf. Ja, heute ist ein recht besonderer Tag.«
    Für mich gibt es kaum eine größere Herausforderung, als mich meiner Mutter gegenüber munter und lebhaft zu zeigen. Sie hat die verblüffende Gabe, jedem Thema – sogar einem Geburtstagsgruß – eine begräbnishafte Note zu verleihen. Es liegt wohl an der Art, wie sie bei gewissen Worten die Stimme senkt, aber nicht bei den üblichen Worten wie »Krebs« oder »Steuerhinterziehung«. Wie in diesem Gespräch zum Beispiel, da hätte ich mir gut vorstellen können, dass sie entweder »Geburtstag« oder »vierzigster« flüsterte, aber diese beiden

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