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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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vierzig geworden war und ein Blind Date mit einem Mann gehabt hatte, der alt genug war, mein Vater zu sein, nicht zu meinem ersten richtigen Urlaub nach zehn Jahren aufbrechen, ohne mich mit ihr zu besprechen.
    »Ich finde, das ist genau das Richtige für Sie«, sagte sie. »Klöster werden nicht zufällig auf Berggipfeln erbaut. Die Ruhe wird wunderbar sein. Halten Sie sich beim Shoppen und den Restaurants zurück, das haben Sie hier auch. Steigen Sie Berge hinauf, reiten Sie, atmen Sie tief durch, und wenn Sie zurückkehren, möchte ich, dass Sie mir eine Frage beantworten, und wenn Sie jeden Tag stundenlang darüber nachdenken müssen, ist das durchaus in Ordnung.«
    »Ich bin bereit«, sagte ich.
    »Wenn Sie aus dem Urlaub zurückkehren, möchte ich, dass Sie mir sagen, was das Leben lebenswert macht.«
    »Oh, gut«, erwiderte ich. »Ich hatte schon befürchtet, es könnte etwas Tiefgründiges sein.«
    Sie schüttelte den Kopf. Von meinen ironischen Bemerkungen hält sie nicht viel. Also versuchte ich es noch einmal.
    »Wissen Sie«, sagte ich, »viele Leute wären hochzufrieden, wenn man ihnen ein T-Shirt mitbringen würde, eins von denen, auf denen gedruckt steht, dass ihre Freundin nach Aspen gefahren ist und das T-Shirt alles ist, was sie kriegen.«
    Wieder schüttelte sie den Kopf.
    »Okay«, sagte ich. »Ich mache mir einen Vermerk, dass ich darüber nachdenken will.«
    »Gut«, sagte sie. »Aber, Katherine, versuchen Sie daran zu denken, ohne sich einen Vermerk zu machen.«
    Und dann war ich unterwegs.
    Samantha
    Gefühle sind eine merkwürdige Sache, weil es nicht immer leicht ist, sie zu erklären.
    Ich kann manchmal nicht begründen, warum ich mich in einer Situation so oder so verhalte, und inzwischen habe ich mich an diese Ungewissheit gewöhnt. Deswegen hat es mich wohl auch nicht so sehr überrascht, dass ich, als ich die Tür öffnete und mich meinem Exmann gegenübersah, in hysterisches Gelächter ausbrach.
    Ich weiß, was Sie jetzt denken: nervöses Lachen ist weit verbreitet. Dessen bin ich mir bewusst, aber das war es nicht. Es war ein ehrliches, herzliches Lachen, als wäre Roberts Besuch eine Szene in einer Komödie.
    Ich sah, dass Robert von meiner Reaktion zutiefst verblüfft war, und das kann ich ihm nicht verdenken. Er stand in der Tür und wartete darauf, bis ich mich so weit beruhigte, dass er etwas sagen konnte, wenigstens »hallo«, aber ich konnte einfach nicht aufhören. Es war ein regelrechter Lachanfall, der alles übertönte, was leiser als ein Schrei war – und er sah nicht aus, als wollte er schreien. Er blickte geradezu feierlich, als wäre das, was er mir zu sagen hatte, ernst und bedeutungsvoll. Eine solche Miene würde man auch aufsetzen, wenn man sich auf einer Beerdigung den Hinterbliebenen näherte, sie war also angemessen angesichts der Umstände.
    So ging es eine Weile, ich lachte, er stand verlegen und unbeholfen im Flur. Ich hätte ihn hereinbitten können, aber ich war mir nicht sicher, ob ich das wollte. Und so wartete er einfach geduldig ab, bis ich mich beruhigt hatte, erst dann begann er zu reden.
    »Hallo, Samantha«, sagte er. »Es freut mich, dass du dir deinen Sinn für Humor bewahrt hast.«
    Das war eine ziemlich gute Bemerkung. Er brachte sie auch gut an. Er war immer recht selbstsicher gewesen, das musste ich ihm zugutehalten.
    Ich zögerte. »Hallo, Robert. Lange nicht gesehen.«
    »Zu lange, und das ist meine Schuld. Darf ich reinkommen?«
    Darauf hatte ich so schnell wirklich keine Antwort.
    »Glaub mir«, fuhr er ohne jede Spur von Verlegenheit fort, »ich mache mir nichts vor. Ich erwarte nicht, dass du mir verzeihst oder so. Ich frag auch bestimmt nicht deswegen, ob ich reinkommen kann, weil ich hoffe, dass zwischen uns etwas läuft. Ich habe dir nur ein paar Sachen zu sagen, und ich glaube, es wäre das Beste, wir würden das unter vier Augen tun.«
    Das klang ganz okay. »Also schön«, sagte ich und ging ins Zimmer. Ich zog den Schreibtischstuhl heraus und stellte ihn in die Mitte der Sitzgruppe. Dann setzte ich mich auf die Couch und bedeutete ihm, auf dem Stuhl Platz zu nehmen. Es war ein bisschen wie in einem Gerichtssaal: Er war angeklagt, ich war die Jury.
    »Trag deinen Fall vor«, sagte ich. »Du bekommst so viel Zeit, wie du brauchst.«
    »Wenn es dem Gericht gefällt«, sagte er mit einem Lächeln, »dann fange ich am Anfang an.«
    Immer selbstsicher, immer eloquent. Ich konnte schon verstehen, wie sich ein Mädchen in ihn verlieben

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