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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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schreiben. Ich könnte jemanden zum Reden brauchen, jemanden, der mich versteht, jemanden, der sich ein wenig auskennt mit Tagen, die großartig beginnen, aber nicht so bleiben. Denn im Augenblick habe ich das Gefühl, dass ich die Einzige bin.
    – – –
    Persönliche Nachricht
    Von: Samantha R.
    An: Katherine E.
    BrustKrebsForum.org
    – – –
    Ich bin hier.
    Ich bin hier, um dir zuzuhören, um mit dir zu weinen oder mit dir zu lachen. Was du gerade brauchst. Ich werde an schlimmen Tagen hier sein und an besseren, und die wird es auch geben, das verspreche ich dir. Und ich werde da sein am Tag, an dem du die andere Seite erreichst, wie auch ich sie erreicht habe, und ich kann dir versprechen, dass das Gefühl dabei sogar noch herrlicher sein wird, als du dir vorstellst.
    Ich heiße Samantha. Mir ist dein Profil aufgefallen, weil wir aus derselben Stadt kommen; das fand ich gleich sympathisch. Ich bin in Greenwich aufgewachsen, wohne aber seit der Highschool nicht mehr dort; ich bin jetzt achtundzwanzig. Meine Lebensgeschichte ist nicht besonders interessant, jedenfalls bei weitem nicht so wie deine. Auf mich wartet kein Traummann in Aspen und eigentlich auch sonst nirgendwo. Ich war verheiratet, aber nur kurz, und es hat nicht gut geendet. Bei mir wurde der Krebs einige Monate nach der Auflösung meiner Ehe diagnostiziert; damals habe ich mich körperlich und seelisch so gesund gefühlt wie nie zuvor, und dahin bin ich jetzt wieder unterwegs. Tatsächlich hat mich die Krankheit vorangebracht. Ich glaube wahrhaftig, dass sie sich im Nachhinein als wunderbarer Segen herausstellen wird.
    Du musst wissen, nichts, was ich bisher getan habe, hat sich irgendwie bedeutsam angefühlt.
    Bis jetzt.
    Bei mir wurde am 30. September in der linken Brust ein nichtinvasiver Tumor festgestellt. Man hat mir ein paar Möglichkeiten genannt, aber ich habe mich sofort für eine beidseitige Mastektomie mit anschließendem Brustaufbau entschlossen. Ich wollte die Krankheit in mir mit Stumpf und Stiel ausrotten, und es war mir vollkommen recht, dafür so weit zu gehen. Als ich nach der OP aufgewacht bin, war das erste Gesicht, das ich sah, das einer Krankenschwester namens Jenny, die mir ans Herz gewachsen war, einer süßen jungen Frau, die nicht älter als ich war, vielleicht ein, zwei Jahre jünger. Sie war nett und tröstlich und vermittelte mir das Gefühl, alles könnte sich zum Guten wenden. Ich habe ihr das gesagt, bevor sie mich in den OP rollten, und sie hat gelächelt und versprochen, dass sie an meinem Bett sitzen würde, wenn ich aufwachte, und da war sie dann auch. Sie hat mich angelächelt, und sobald ich ihre Grübchen sah, wusste ich, dass alles gut verlaufen war. Ihre ersten Worte an mich lauteten: »Glückwunsch. Nun haben Sie keinen Krebs mehr.«
    Ich kann die Worte nicht wiederholen, ohne weinen zu müssen, ich glaube nicht, dass mir das je gelingen wird. Auch jetzt steigen mir die Tränen in die Augen, während ich sie tippe. Und in dieser Nacht, in diesem Bett erkannte ich, den Klang ihrer Worte noch im Ohr, die Tränen noch nass auf meinen Wangen, dass ich inmitten von alledem irgendwie meine Berufung gefunden hatte. Ich möchte mich in Zukunft der Aufgabe widmen, anderen Frauen dabei zu helfen, das zu empfinden, was ich empfunden habe. Ich weiß noch nicht, welche Wege mir dabei offenstehen, schließlich ist alles noch ganz neu für mich, aber das hier ist mein Anfang. Ich habe deinen Beitrag gelesen, und hier bin ich. Du kannst von mir alles bekommen, was ich zu bieten habe. Ein offenes Ohr, eine Schulter zum Anlehnen, eine Mitfahrgelegenheit zum Arzt, ins Krankenhaus oder zum Flughafen, oder eine Show am Broadway. Wenn ich das alles für dich auch nur einen Moment leichter machen kann, dann habe ich meine Aufgabe erfüllt.
    Ein bescheidenes Vorhaben, ich weiß. Ich betrachte es als Selbsthilfegruppe ohne Gruppe. Im Moment gibt es nur mich. Ich habe mich um eine weitere Frau hier bemüht, auch aus Greenwich, und eine Weile haben wir uns ausgetauscht. Irgendwann werden wir hoffentlich weiter gemeinsam voranschreiten. Aber im Augenblick bin ich eine Gruppe, bestehend aus einer Person, und ich lade dich ein, zwei daraus zu machen. Wie es dann weitergeht, bleibt ganz dir überlassen.
    Du brauchst nur ja zu sagen.
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    Persönliche Nachricht
    Von: Katherine E.
    An: Samantha R.
    BrustKrebsForum.org
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    Dein Mitgefühl, deine Großzügigkeit haben mich sehr bewegt. Normalerweise glaube ich nicht

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