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Was uns nicht gehört - Roman

Was uns nicht gehört - Roman

Titel: Was uns nicht gehört - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel , Kimche AG <Zürich>
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eigentlich gar nicht tun wollen, und nur, weil wir vor irgendetwas Angst haben, tun wir sie doch.»
    Sie stand auf und ging zurück in den Wagen. Ich hörte, wie sie drinnen herumwerkelte, und schließlich kam sie mit zwei geöffneten Bierflaschen zurück, von denen sie mir eine entgegenstreckte, ich nahm sie und stieß mit ihr an.
    «Sie heißen gar nicht Marie Mercier, oder?», fragte ich.
    «Natürlich nicht», erwiderte sie, «aber das meine ich nicht.»
    Sie trank einen Schluck und direkt danach einen zweiten und rieb sich anschließend mit dem Ärmel ihres Hemdes den Mund trocken.
    «Ich singe gerne, und ich verkleide mich gerne, und wenn es nach mir geht, dann will ich den Rest meines Lebens an keinem anderen Ort leben als in diesem Wagen. Aber mit Menschen wie diesem Rebroff will ich einfach nichts zu tun haben.»
    «Roloff», sagte ich, «er heißt Roloff.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Mir hat er gesagt, er heißt Rebroff, aber von mir aus soll er sich nennen, wie er will. Ich tu’s ja auch.»
    Nun lachte sie wieder. Noch einmal streckte sie mir ihre Flasche entgegen, und noch einmal stieß sie mit mir an. Mit mir an oder an mir vorbei, ein kurzes Schaben nur, nicht viel, und wir hätten uns ganz verfehlt
    «Maria», sagte sie, «Maria Merz.»
    «Auch schön», erwiderte ich.
    «Und du?», fragte sie.
    «Epkes», sagte ich, «nenn mich einfach Epkes.»
    Obwohl ich weder spät noch nennenswert betrunken ins Bett gegangen war, wachte ich erst kurz nach elf am Morgen auf. Der Abend mit Maria hatte nicht länger gedauert, als wir beide gebraucht hatten, um unser Bier auszutrinken, danach war ich artig nach Hause gegangen, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, mehr aus unserer zufälligen Begegnung zu machen. Das heißt, ich hatte durchaus kurz überlegt, mehr daraus zu machen, eine Idee, die ich, kaum hatte sie mich gestreift, als abwegig wieder verwarf. Maria war nicht der Typ Frau, mit dem man einfach so am ersten Abend ins Bett ging, und noch weniger war ich der Typ Mann, der dafür in Frage kam. Im Grunde genommen hatte es so etwas in meinem Leben nur ein einziges Mal gegeben, ein Abend mit einer Kollegin aus dem Vertrieb, der mir nach und nach entglitten und der nicht dazu angetan war, ihn zu wiederholen. Ohnehin war mir gar nicht nach Sex zumute, nicht mit Maria, noch nicht einmal mit Sonja, aber als Sonja gegen alle Gewohnheit nach dem Frühstück bei mir auftauchte, schliefen wir doch wieder miteinander. Das heißt, wir versuchten es und ließen es nach ein paar müden Ruckeleien wieder sein. Sonja rollte von mir herunter und weinte, und erst nachdem ich fünf Minuten lang beschwichtigend auf sie eingeflüstert hatte, erzählte sie mir, dass ihr Jaguar-Mann sie verlassen habe.
    «Was denn», sagte ich, «nach dem Konzert?»
    Sonja schüttelte den Kopf. «Nein», sagte sie, «heute früh.»
    «Du meinst, er hat dich gerade eben erst verlassen?»
    Sonja sah mich an und schüttelte noch einmal den Kopf. Mit einem Zipfel der Bettdecke rieb sie sich ihre Tränen aus den Augen und hinterließ dabei schwarze Striche auf dem Bezug.
    «Nicht gerade eben», sagte sie, «vor zwei Stunden.»
    «Er hat dich vor zwei Stunden verlassen, und das erste, was du tust, ist zu mir zu kommen und mit mir zu schlafen?»
    «Ja, sicher», sagte sie, «was hätte ich denn sonst tun sollen? Ich kann ja schlecht in dem Zustand zur Arbeit gehen.»
    «Dann war das hier jetzt also so was wie dein Trostfick.»
    Sonja lachte kurz auf. «Wenn du es so nennen willst», sagte sie, «auch wenn es wohl eher ein Trost los fick war, aber da kannst du ja nichts dafür.»
    Ich stand auf und ging ans Fenster. Auf dem Balkon gegenüber sah ich Jo, wie er über dem Geländer hing und rauchte. Er wirkte nachdenklich, vielleicht sogar ratlos, und als er seinen Blick hob und genau in meine Richtung sah, erkannte er mich hinter der Scheibe nicht.
    «Du willst jetzt aber kein Drama daraus machen, dass ich zu dir gekommen bin, oder?», hörte ich Sonjas Stimme hinter mir. «Für so was bin ich nämlich gerade nicht auf Empfang.»
    Jo ließ seine Zigarette hinunter auf die Straße fallen und ging in die Wohnung. Ich wartete einen Augenblick, und als er nicht zurückkam, wandte ich meinen Blick ab und sah hinüber zum Fluss. Zu meiner Überraschung war der alte Frachtkahn verschwunden. Wie es schien, hatte man ein Einsehen mit ihm gehabt und ihn abgeschleppt. Ich drehte mich um und sah zu Sonja, die noch immer nackt auf dem Bett lag und sich ein wenig

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