Was - Waere - Wenn
versichere, daß es überhaupt keine Rolle spielt,
was hätte sein können und überhaupt, passiert etwas anderes: Ausgerechnet Isa
mimt die Menschenfreundin.
»Heike«, sagt sie in beruhigendem Tonfall und legt ihr die Hand auf
die Schulter, »die Ehe zwischen mir und Dirk stand schon vor dem Aus, bevor ich
was mit Moritz angefangen habe. Wir haben uns nicht gut verstanden.«
»So?« Der Tonfall ist so zickig, daß er eigentlich gar nicht zu
Heike paßt. Isa nickt.
»Mehr als einmal hat Dirk zu mir gesagt, daß er wünschte, er hätte
nie den dummen Fehler begangen, sich nach der Grillparty mit mir zu treffen und
dich fallen zu lassen.« Sofort verschwindet Heikes böser Gesichtsausdruck.
»Wirklich?«
Isa nickt. »Er wollte sich von mir trennen und dich darum bitten,
ihm noch eine Chance zu geben. Dafür hätte er sogar die Firma meines Vaters
verlassen.«
»Wirklich?« fragt Heike noch einmal. Und ich frage mich das ehrlich
gesagt auch. Erzählt Isa das, weil es stimmt – oder weil sie so scharf auf eine
altlastenfreie Beziehung mit Moritz ist, daß sie dafür auch behaupten würde,
ich wäre ihre allerbeste Mitarbeiterin gewesen. Aber warum auch immer, ich
beschließe völlig uneigennützig, die Version einfach mal zu glauben. Und Heike
tut’s auch. Sie lächelt wieder hoffnungsvoll.
»Und du und ich«, will sie dann noch von mir wissen, »sind wir denn
in dem alten Leben auch noch Freundinnen?«
»Sehr gute«, verspreche ich ihr. Und nehme mir vor, mein Versprechen
zu halten.
»Dann fangt an.« Heike lehnt sich wieder zurück und schließt die
Augen. Das Herauskopieren ist ganz einfach. Tim legt einen neuen CD -Rohling in den Recorder ein, bittet Heike, sich noch
einmal an den Abend auf meinem Geburtstag zu erinnern und drückt dann die Taste
zum Aufzeichnen. Schon sehen wir Heike im Catsuit volltrunken durch den Garten
wanken.
Ich frage mich dabei immer noch, warum sie es ausgerechnet auf
dieses Erlebnis abgesehen hatte. Auf die Idee, daß jemand vollkommen freiwillig
aus der Rolle fallen möchte, wäre ich im Leben nie gekommen. Aber
offensichtlich wollte Heike damit ihr Image als Langweilerin ausmerzen. Ist ihr
bei den Partygästen auch sicher gelungen. Fast schade, daß sich an ihren
Auftritt schon bald keiner mehr erinnern wird. Aber das werden wir ändern, ich
werde einfach mal mit ihr ausgehen und es richtig krachen lassen. Ich sehe auf
meine Uhr, schon kurz vor vier. Hoffentlich werden wir fertig, bevor jemand aus
der Beratung oder die Putzkolonne auftaucht. Jetzt ist Isa dran. Überheblich
lächelnd setzt sie sich auf den Sessel.
»Bitte«, sagt sie und streckt ihre Arme aus, damit ich sie
anschließen kann.
»Eins würde mich noch interessieren«, sage ich und denke an Heike,
die ich immer total falsch eingeschätzt habe. »Warum sind wir
beide in diesem Leben eigentlich miteinander befreundet?« Isa zuckt mit
den Schultern.
»Ich hatte den Job, den du brauchtest, und du den Mann, den ich
immer wollte.« Also tatsächlich nur eine Zweckgemeinschaft. Das erleichtert
mich. Wir legen los.
Als wir meine beiden Fehltritte wieder sicher auf CD haben, verabschieden Heike und Isa sich. Heike wie
immer tränenreich, Isa mit einem warnenden Rat: »Ich hoffe, wenn ich morgen
aufwache, bin ich die zukünftige Frau Lichtenberg. Sonst hören wir wieder
voneinander!« Da sei Gott vor! Dann verschwinden die beiden.
»Sollen wir dann?« Tim steht abwartend vor mir, hält die Kabel in
der Hand. Die CD s liegen fein säuberlich auf dem
Tisch neben ihm. Auch mein Fahrradunfall, den hätte ich beinahe vergessen, weil
Elisa den ja nur aus Demonstrationszwecken gelöscht hatte. Mit dem müssen wir
also anfangen, erst dann kommt mein, tja, Sexunfall. Ich seufze noch einmal
tief.
»Ja, bringen wir es hinter uns.« Ich setze mich hin, Tim kniet sich
vor mich und fängt an, mich zu verkabeln. »Du wirst dich hinterher an nichts
mehr erinnern können«, sage ich, während er ein Plättchen nach dem nächsten auf
meine Haut drückt. »Das hier wird für dich nie passiert sein, du bist dann voll
und ganz wieder der alte Tim.«
»Ja, ich weiß«, antwortet er. Dann hält er auf einmal inne.
»Was ist denn? Willst du das doch nicht?«
»Ich habe mich nicht von Andrea verabschiedet.« Mist. Daran haben
wir gar nicht mehr gedacht.
»Und ich nicht von Julie«, fällt mir dabei ein.
»Wenn wir das hier machen, wird es dafür zu spät sein.« Wir sehen
uns ratlos an. Aber jetzt aufhören? Meine Nerven sind zum
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