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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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schon jetzt den
Eindruck, daß da demnächst mal eine größere Shopping-Tour durch den H&M
meines Vertrauens ansteht. Ob es irgendeinen Mann auf der Welt gibt, der
feuchte Träume von einer Frau in beigefarbenen Reithosen, weißem Polohemd und
Hermes-Schal hat?
    »Ich will aber noch …«, protestiert Moritz.
    »Und ich will in die Uffizien, zum Palazzo Medici-Riccardi, zum
Ponte Vecchio und in die Boboli-Gärten. Und ich will mit dir bei Chianti, Brot,
Tomaten und Olivenöl auf einer Piazza sitzen und in den Sonnenuntergang
gucken!« Ich entreiße ihn dem Schwarzafrikaner, der gerade das Handgelenk
meines Gatten mit einer Reihe Rolex-Uhren behängt. Moritz sieht aus, als hätte
ich ihn soeben dazu aufgefordert, sich einer Wurzelbehandlung zu unterziehen – aber er folgt mir ohne Murren. Frau Lichtenberg hat die Hosen an. Auch wenn es
keine Reithosen sind.
    Als wir die Piazza della Signoria erreichen und uns gegenüber vom
Neptunbrunnen ein schönes Plätzchen suchen, bin ich mit mir und der Welt wieder
im Einklang. Während ich in die strahlende Sonne blinzele und überlege, ob
Twiggy sich vielleicht ein Eis gönnen sollte, unterzieht Moritz seine neu
erstandenen Habseligkeiten einer genaueren Inspektion.
    »Das merkt in Deutschland kein Mensch, daß die Sachen nicht echt sind«,
stellt er zufrieden lächelnd fest. Ich verzichte darauf, ihn auf das eine oder
andere Detail hinzuweisen. Ich bin glücklich, da soll er es auch sein.
    »Kannst du mir etwas Geld geben?« frage ich ihn. »Ich will mir ein
Eis holen.« Generös zückt mein Versorger seine Brieftasche. Meine eigene liegt – wie er mir erklärt hat – zu Hause sicher im Safe. Florenz sei ja schließlich
ein gefährliches Pflaster, und mehr als meinen Personalausweis, den er
ebenfalls unter seiner strengen Obhut hat, würde ich hier sowieso nicht
brauchen. Mir macht das nichts aus, mit meinem persönlichen Geldautomaten an
meiner Seite komme ich gut klar. Außerdem: Besitz belastet, hat meine Oma immer
gesagt. »Willst du auch eins?« Moritz schüttelt den Kopf, er beißt lieber auf
seinem neuen »echten« Ledergürtel von Versace herum.
    Als ich mit meiner Riesenwaffel Eis zurückkomme, hängt Moritz am
Handy und gestikuliert wie ein italienischer Oberkellner.
    »No, no«,
widerspricht er irgendwem heftig, »tell your client there won’t be any negotiations!«
    »Schatz?« Ich versuche seine Aufmerksamkeit kurz auf mich zu lenken,
aber er wimmelt mich ab wie eine lästige Fliege.
    »I insist on it!« brüllt er jetzt. Hört sich nicht gut an. Ich setze
mich neben ihn und warte, bis er sein Gespräch beendet hat. Fünf Minuten. Zehn.
Zwanzig. Nach einer halben Stunde und Roaming-Gebühren, die die Kosten für
diesen Kurztrip vermutlich schon längst überschritten haben, wird es mir zu
langweilig. Ich stehe auf und bedeute Moritz, daß ich mich ein bißchen auf dem
Platz umsehe. Er merkt es gar nicht. Auch gut. Allerdings fällt mir in diesem
Moment ein, daß Telefonieren eigentlich eine gute Idee ist.
    Mit meinem restlichen Kleingeld entere ich eine florentinische
Telefonzelle und wähle die Nummer vom Drinks & More. Ich sehe auf meine
Uhr, es ist zwei, da müßte Tim schon im Laden sein. Ich bekomme sogar ein
Freizeichen. Es tutet. Und tutet noch mal. Und tutet an die zehnmal fröhlich
vor sich hin. Nichts.
    Dann fällt mir ein, daß ja Montag ist, da macht Tim den Laden
manchmal gar nicht erst auf. Also wähle ich seine Nummer zu Hause. Besetzt. Ich
warte fünf Minuten und versuche es dann noch einmal. Immer noch besetzt.
Genervt hänge ich ein und gehe zurück zu Moritz.
    Aber der ist nicht mehr da. Kaum verheiratet, und schon ist mir mein
Ehemann verschütt gegangen. Da stehe ich nun also, mitten auf der Piazza della
Signoria, geschätztes Barguthaben zwei Euro dreißig. Soll ich zurück ins Hotel
gehen? Ich sehe mich um und bin erleichtert, als ich Moritz doch entdecke. Er
steht vor Michelangelos David und betrachtet ihn nachdenklich.
    »War’s was Wichtiges?« will ich wissen.
    »Nö.« Er schüttelt den Kopf. »Der übliche Kram halt.«
    »Aha.« Was auch immer das heißen mag.
    »Sag mal«, fragt er mich dann, »findest du eigentlich, daß meine
Figur so gut ist wie von dem da?« Er deutet auf David und streckt dabei sein
Kreuz durch. Mein Blick wandert zwischen dem Marmormann und meinem aus Fleisch
und Blut hin und her.
    »Hm, laß mal sehen«, meine ich grinsend, hangele mich an dem
Baugerüst neben der Statue hoch und greife David mit einer

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