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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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unbedingt unsachlich werden?« Langsam wird er wütend, das
merke ich.
    »Ja.«
    »Aber du hast doch nicht mit mir
geschlafen, das ist also alles reine Theorie.«
    »Hier geht es ums Prinzip.«
    »Das ist doch kindisch! Und außerdem bin ich mir sicher, daß ich
dich auch lieben würde, wenn es schon damals in der Garage passiert wäre und
nicht erst ein halbes Jahr später im Haus deiner Eltern.«
    Das weiß ich zufällig besser. Aber
immerhin haben wir damit geklärt, wann und wo mein erstes Mal statt dessen
passiert ist.
    »Charlotta«, sagt er jetzt und nimmt mein Gesicht in seine Hände.
»Was soll ich denn noch sagen, außer daß du die Frau bist, die ich liebe? Die
Frau, mit der ich mein Leben verbringen will, mit der ich Kinder möchte, mit
der ich alles teilen will? Es gibt niemanden auf der Welt, den ich mehr liebe
als dich!« Seine großen Schokoaugen nageln mich augenblicklich auf dem Boden
fest.
    »Auch, wenn du – rein hypothetisch – nicht der einzige Mann wärst,
mit dem ich geschlafen habe?« Ich versuche trotzdem, nicht sofort mit all meinen
Prinzipien in diesem Meer aus Schokobraun unterzugehen.
    »Auch dann«, bestätigt er mir. »Obwohl ich sämtliche Nebenbuhler von
der Mafia im Arno versenken lassen müßte.« Moritz versucht sich an einem
finsteren Paten-Blick. Ich muß lachen und beschließe, ab sofort die Klappe zu
halten. Wer viel fragt, kriegt viel Antwort. Und der Rest findet sich schon.
Wir spazieren weiter, ich lehne versonnen meinen Kopf an Moritz’ Schulter.
    Für etwa fünf Sekunden. Dann klingelt sein Handy. Er geht ran und
beginnt sofort wieder, Englisch zu reden. Ehe er es verhindern kann, schnappe
ich mir sein Mobiltelefon und werfe es in hohem Bogen in den Arno. Moritz sieht
seinem Siemens, das in den Fluten verschwindet, entsetzt hinterher.
    »Hast du sie noch alle?« fragt er mich entgeistert.
    »Jetzt schon«, stelle ich zufrieden fest. Einen Moment lang ringt
Moritz mit seiner Fassung. Dann legt er kopfschüttelnd seinen Arm um mich und
lacht.
    »Wenn du diese Aussetzer hast«, sagt er, während wir
weiterschlendern, »liebe ich dich allerdings deutlich weniger.« Ich bin mir
nicht sicher, ob das ein Scherz sein sollte.
    Hamburg empfängt uns mit Windstärke acht und Nieselregen.
Frechheit. Moritz schläft neben mir in seinem Sitz, seine neue Dolce &
Gabana-Tasche (mit ohne zweitem b) eng an sich gepreßt. Hin und wieder zuckt er
ein bißchen, vielleicht träumt er gerade vom Tod seines Handys. Zweimal habe
ich ihn noch in einer Telefonzelle erwischt, und als er beim Auschecken die
Restsumme bezahlte, hat er genau darauf geachtet, daß ich die Abrechnung nicht
zu Gesicht bekomme. Schätze, neben Minibar und Mitternachtssnack hätte ich
darauf noch das ein oder andere Telefonat entdeckt. Aber ich will nicht unfair
sein. Immerhin habe ich auch noch ein paarmal versucht, Tim zu erreichen. Wenn
auch ohne Erfolg.
    Noch immer habe ich ein ganz warmes Gefühl im Bauch, die zweieinhalb
Tage Florenz waren das Schönste, was ich bisher erlebt habe. Wenn es so ist,
Hochzeitsreise zu machen, dann möchte ich das bitte ab sofort einmal pro Jahr
wiederholen. Besser noch zweimal, und dann auch gern ein, zwei Wochen länger.
    Mein Blick fällt wieder auf Moritz, er schläft noch immer tief und
fest. Vielleicht, weil wir letzte Nacht auf der Punkteskala immerhin schon mal
von der fünf auf die sechs gekrabbelt sind. Ich streiche ihm über den Kopf,
worauf er mit einem wohligen Schmatzlaut reagiert. Beneidenswert, die Fähigkeit
immer und überall schlafen zu können. Das kann ich höchstens im Vollrausch. Und
irgendwie habe ich das Gefühl, daß die Zeiten vorbei sind, als ich auf
irgendwelchen Parties auf dem Bett des Veranstalters – Jacken und Mäntel aller
Anwesenden unter mir vergraben – eingeschlafen bin.
    »Meine Damen und Herren«, erklingt die Stimme des Captains, »wir
beginnen in wenigen Minuten mit unserem Landeanflug auf Hamburg …« Ich rutsche
unruhig auf meinem Sitz hin und her. Zum einen, weil meine Jeans am Bund etwas
kneift – und das nach nur ein paar leckeren Mahlzeiten mit ein, zwei, drei
Gläsern Wein –, zum anderen machen Landeanflüge mich immer nervös. Weiß ja
jedes Kind, daß die meisten Abstürze beim Start oder bei der Landung passieren.
Auch wenn ich, um es mal pathetisch zu formulieren, nach diesem wundervollen
Erlebnis gelassen aus dem Diesseits scheiden könnte – gegen noch mehr
wundervolle Erlebnisse hätte ich nichts einzuwenden, bevor ich

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