Was - Waere - Wenn
Toiletten
und werfe ihm einen langen Blick zu. Nichts. Obwohl er gerade aufsieht und mir
direkt ins Gesicht schaut. Gar nichts. Keine Reaktion. Wie wunderbar!
Auf der Toilette warte ich zwei Minuten, weil ich ja gar nicht muß,
dann öffne ich die Tür wieder – und stoße unvermittelt mit dem Drachen ohne
Feuer zusammen. Ich gucke ihn an. Er guckt mich an. Tentakelartig legt er einen
Arm um meine Taille und drückt mich halb in die Kabine zurück.
»Ich bin schon da«, raunt er mir ins Ohr.
»Was?« Ich versuche, mich los zu machen.
»Hab schon geschnallt, was du willst.«
»Ich will, daß Sie mich loslassen!« protestiere ich.
»Brauchst gar nicht so zu tun, weiß doch, was du für eine bist.«
»Kennen Sie mich?« frage ich erschrocken. Es hat doch nicht
geklappt, so ein Dreck! Aber Friedrich schüttelt den Kopf.
»Hab deinen Blick genau gesehen.« Er schiebt mich noch ein Stück
weiter in die Kabine. »Also los, auf in den Mile-High-Club.«
»Können Sie mir bitte mal erklären, was Sie da mit meiner Frau veranstalten?« Moritz Indiana Jones hat sich
mit einer Liane von seinem Sitz zu mir geschwungen, um mich aus den Klauen
dieser Bestie zu befreien. Puh. »Hero of the day«, Metallica.
»Oh.« Friedrich macht sich ruckartig von mir los und streicht sich
sein angeknittertes Hemd glatt. Ich für meinen Teil bin froh, mein Leben nicht
im Würgegriff dieses Verrückten auf einer Flugzeugtoilette aushauchen zu
müssen. Das wäre für eine Frau Lichtenberg kein würdiges Ende gewesen. Betreten
ein paar Entschuldigungen murmelnd, tapst Friedrich zu seinem Platz zurück.
Moritz und ich folgen ihm in angemessenem Sicherheitsabstand. Als wir an ihm
vorbeigehen, kann ich nicht an mich halten.
»Mile-High-Club!« zische ich ihm zu. »Lächerlich! Du hättest doch eh
nicht gekonnt, du Schlappschwanz!« Friedrich wird rot und versteckt sich hinter
seinem Bordmagazin.
»Charlotta!« schimpft Moritz hinter mir und schubst mich schnell an
ihm vorbei zu unseren Plätzen. Ist doch wahr!
Im Landeanflug auf Florenz hat Moritz sich immerhin schon wieder
so weit beruhigt, daß er meine Hand hält.
»Ich verstehe überhaupt nicht, was mit dir in den letzten Tagen los
ist«, sinniert er. »Erst verschwindest du am Morgen unserer Hochzeit spurlos,
dann greife ich dich total verwirrt vor deiner alten Wohnung auf, du weißt
nicht mehr, wer wer und wer mit wem verheiratet ist, und zum krönenden Abschluß
läßt du dich von einem wildfremden Mann auf der Bordtoilette befummeln!« Eine
steile Sorgenfalte zeichnet sich auf seiner Stirn ab.
» Vor der Bordtoilette«, korrigiere ich
ihn, ernte aber sofort einen bösen Blick. »Es tut mir leid«, lenke ich ein.
»Mich regt das alles so auf, ich bin in den letzten Tagen einfach furchtbar
durcheinander.«
»Das habe ich schon gemerkt«, sagt Moritz und tätschelt meine Hand.
»Nur gut, daß ich bei dir bin und auf dich aufpasse. Wer weiß, was sonst noch
passieren würde.« Ich sage dazu nichts, soll er sich ruhig als Held fühlen.
Nachdem wir mit unseren peinlichen Louis-Vuitton-Köfferchen den Zoll
passiert haben, wartet draußen bereits ein livrierter Fahrer, der ein Schild
mit »Signor & Signora Lichtenberg« hochhält. Andächtig bleibe ich einen
Moment stehen und betrachte die Tafel. Wie nett das aussieht, Signor &
Signora! Dann werde ich von Moritz weitergedrängt, zwei Minuten später sitze
ich in einer schwarzen Hotellimousine des Rei di Firenze.
Ich stecke meinen Kopf aus dem Fenster und genieße den warmen
Fahrtwind, während ich die Dächer von Florenz immer schneller auf uns zukommen
sehe. Draußen sind es bestimmt fünfundzwanzig Grad, links und rechts wird die
Straße von Pinien gesäumt, dahinter wölben sich sanft die Olivenhaine. Ich
kann’s gar nicht erwarten, bis wir endlich da sind! Ich will sofort am Arno
entlangspazieren, auf dem Ponte Vecchio die kleinen Goldschmieden sehen, über
die ich schon so viel gelesen habe, will in die Boboli-Gärten, in die Uffizien
zu Botticellis Venus, will auf der Piazza della Signoria tanzen und Chianti aus
einer Korbflasche trinken, will …
»Wenn wir da sind, hau ich mich erst mal hin«, unterbricht mein Mann
hochromantisch meine Träumereien. »Ich bin vollkommen fertig.« Das wollen wir
doch mal sehen, denke ich, ob du dich wirklich hinlegst. Charly kennt da das
eine oder andere Mittel, das zu verhindern.
Im Hotel angelangt komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus: Das
Rei di Firenze ist bombastisch! Mehr ein
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