Was - Waere - Wenn
links und
rechts, bevor sie mein T-Shirt überhaupt registrieren kann. »Herzlichen
Glückwunsch zum Geburtstag!«
»Danke, Mama.« Als sie einen Schritt zurücktritt, mustert sich mich
besorgt.
»Aber wie siehst du denn aus?« fragt sie. »Gar nicht glücklich.« Ich
nehme sie noch einmal in den Arm und bin auf einmal sehr froh, daß sie nicht
mein T-Shirt gemeint hat.
Nachdem ich einigen Gästen links und rechts freundlich zugenickt
habe, gehe ich in den Garten. Wahnsinn, was Moritz hier aufgefahren hat! Großes
Büfett, überall Blumenschmuck und ein wahres Lichtermeer an Kerzen. Sieht mehr
nach Beerdigung als nach Geburtstag aus. Ein paar Meter von mir entfernt stehen
Julie und David und unterhalten sich aufgeregt. Julie hat zumindest den
passenden Gesichtsausdruck für eine Trauerfeier drauf.
»Hi Julie«, begrüße ich sie. »Hallo David«, kann ich mir auch noch
abringen.
»Geiles T-Shirt«, sagt er und glotzt mir auf den Busen. Kaum
merklich haut Julie ihm in die Seite. Ach, Julie, begreif doch endlich, daß
dein Typ ein Idiot ist!
»Und? Wie laufen die Hochzeitsvorbereitungen?« will ich wissen.
»Ganz gut«, erwidert Julie und versucht verkrampft, ein Lächeln
zustande zu bringen.
»Sollte man sich gut überlegen, den Schritt«, stelle ich fest und
gehe dann lieber schnell weiter, bevor ich mich doch nicht mehr zurückhalten
kann und meine Meinung über David loswerde.
Ich zünde mir eine Kippe an und hole mir von der Bar ein
frischgezapftes Bier. Aus den Augenwinkeln sehe ich meine Schwiegereltern und
Babette, die mich mißbilligend beobachten und tuschelnd die Köpfe
zusammenstecken. Na, ob ihr Junge da mal nicht die falsche Frau geheiratet hat!
Ich hebe mein Glas und proste ihnen freundlich zu, sie nicken
freundlich-stocksteif zurück.
Als ich mich weiter im Garten umsehe, bleibt mein Blick urplötzlich
an jemandem hängen. Da trägt doch tatsächlich eine Frau haargenau den gleichen
Barbarella-Anzug, den ich mir für das Klassentreffen zugelegt hatte. Und nicht
irgendwer: Es ist Heike! Ich kann es kaum fassen, dabei hatte sie damals noch
zu mir gesagt, sie würde sich nicht trauen, so etwas anzuziehen. Aber irgendwie
freut es mich, daß sie sich doch traut.
»Hallo Heike!« begrüße ich sie.
Kichernd kommt sie auf mich zugetaumelt. Da hatte wohl wer schon
einen. Sie deutet mit ihrem Zeigefinger auf mein Shirt und lacht los. »Hallo,
Schlampe!« ruft sie amüsiert und hickst. Das gibt mir einen Stich. Hat mich
schon lange niemand mehr so genannt.
»Coolen Anzug trägst du da«, stelle ich fest und gebe einen
anerkennenden Pfiff von mir.
»Ja, oder?« Heike dreht sich einmal um die eigene Achse und geht
dabei fast zu Boden. Ich fange sie im letzten Moment auf. »Hoppla«, ruft sie,
»gar nicht so einfach auf den Dingern.« Sie deutet auf die hohen Absätze ihrer
Stiefel.
»Schon klar«, erwidere ich, »kenn ich.«
»Weiß du was, Charly?« lallt Heike mir ins Ohr. »Ich hab dich immer
gemocht. Schon in der Schule, du warst immer so eine Lustige.« Sie holt tief
Luft und hält kurz den Atem an, um ihren Schluckauf in den Griff zu kriegen.
»Moritz paßt gar nicht zu dir, so seh ich das.« Mit diesen Worten taumelt sie
zur Bar, um Nachschub zu tanken.
Nachschub. Mit einem »Hör mal, du« kommt ein paar Minuten später der
Barkeeper auf mich zu. »Die Bierfässer sind fast alle, ich brauch neue.«
»Seh ich aus, als würde ich hier arbeiten?« Ein langer Blick auf
mein T-Shirt. Anders kann er sich meinen Aufzug offensichtlich nicht erklären,
als daß ich der bestellte Comedy-Act bin.
»In der Garage stehen die«, sagt er noch, bevor er wieder zu seinem
Zapfhahn zurückgeht. Garage, aha.
Weil mein Ehemann noch immer verschollen ist, organisiere ich mir
Dirk, Isas Vater und David zum Fässerschleppen. Sollen sich ruhig mal die Hände
schmutzig machen für mich. Wir gehen rüber zur Garage, öffnen sie – und kommen
leider nicht an die Bierfässer ran. Auf die hat sich nämlich gerade Isa gelehnt
und läßt sich a tergo von Moritz vögeln. »Tempted (by the fruit of another)«,
Squeeze.
Mein Gatte dreht sich um, als er Geräusche hinter sich hört, und
verliert sogleich seinen naturgegebenen Rhythmus. Ich kann nicht anders: Ich
muß laut loslachen. David lacht auch. Nicht ganz so lustig finden das meine
anderen beiden Begleiter.
»Schlampe!« schreit Dirk, dreht sich auf dem Absatz um und läuft
davon. Isas Vater scheint einen Moment hin und her gerissen, aber dann zieht er
es vor,
Weitere Kostenlose Bücher