Was - Waere - Wenn
Ahnung habe, warum
Moritz der Schaum vorm Mund steht.
»Charlotta, es reicht!« schreit er mich an. »Das Maß ist voll!« Was
habe ich denn jetzt schon wieder verbrochen? Da hält er mir eine
Kreditkartenabrechung unter die Nase. »Bist du eigentlich von allen guten
Geistern verlassen?« Ich nehme ihm den Wisch aus der Hand und werfe einen Blick
darauf. Die Abrechnung meiner Amercian-Express-Karte.
»Was machst du mit meiner Amex-Rechnung?«
» Deine Amex-Rechnung?« Moritz lacht auf.
»Ist doch wohl meine Amex-Karte, oder?«
»Deine Zweitkarte, das Geld geht von meinem Konto ab.«
» Unserem Konto, ich bin immerhin deine
Frau«, erwidere ich trotzig, obwohl ich schlagartig ein schlechtes Gewissen
bekomme. Wütend reißt Moritz mir den Zettel wieder aus der Hand und studiert
ihn.
»Nicht nur, daß du für über fünfhundert Euro CD s
gekauft hast«, regt er sich auf, »dieser Spinnkram ist ja noch okay, auch wenn
ich mich frage, was du damit willst.«
»Dieser Spinnkram ist eben wichtig für mich«, verteidige ich mich.
»Aber das hier, das ist wirklich unglaublich«, fährt Moritz unbeirrt
weiter, »eine Hotelrechnung von über dreizehnhundert Euro! Ich habe eben mit
der Rezeption telefoniert. Du hast da einen Penner untergebracht?«
»Georg ist kein Penner!«
»Das sehen die im Hotel aber ganz anders!«
»Nein, das ist … ein …«
»Und nimm endlich diese verdammten Kopfhörer ab!« schreit er, greift
nach ihnen, reißt sie runter und schmeißt sie in den Sand.
»Du verstehst das nicht«, flüstere ich traurig und hebe die
Kopfhörer wieder auf.
»Allerdings! Und weißt du was: Ich verstehe dich nicht mehr! Wo ist die Frau, die ich geheiratet habe? Die Frau, mit der ich
gemeinsame Pläne hatte?« Jetzt sieht er eher verzweifelt als wütend aus. »Du hast
mich getäuscht, Charlotta. Reingelegt hast du mich, mir was vorgespielt in den
ganzen Jahren! Nichts bist du ohne mich gewesen, rein gar nichts! Und das bist
du auch immer noch.«
»Das ist nicht wahr! Ich bin nur nicht das, was du in mir sehen
willst!« Wir stehen voreinander und starren uns böse an. High Noon am
Elbstrand, wer zieht zuerst? Moritz.
»Ich mag dich nicht mehr«, sagt er, dreht sich um und geht zurück
ins Haus. Während ich ihm nachsehe, wird mir zum ersten Mal etwas bewußt: Ich
mag mich selbst auch nicht mehr.
Eine halbe Stunde später stehe ich bei New Life vor der Tür. Ich
werde alles wieder rückgängig machen, so einfach ist das. War ja mal ganz
lustig, dieses andere Leben, aber ich denke, ich habe genug davon. Als ich
klingele, öffnet mir die Frau, die für mich damals neben dem Autostrich nur
noch eine gute Partie als realistische Karrierechance sah.
»Schön, daß Sie mal wieder vorbeischauen!« begrüßt sie mich
strahlend. »Habe mich schon gefragt, was aus Ihnen wohl geworden ist.« Sie
kennt mich also noch, ein Hoffnungsschimmer. »Kommen Sie doch herein!« So
unfreundlich sie mich damals hinauskomplimentiert hat, so freundlich will sie
mir nun aus meiner Jacke helfen.
»Ich möchte bitte zu Elisa«, komme ich ohne Umschweife zur Sache,
nachdem ich ihren Garderobendienst abgelehnt habe.
»Zu wem?«
»Zu Ihrer Angestellten, bei der ich neulich war.« Sie sieht mich
perplex an.
»Angestellte?«
»Ja. Die kleine Frau mit dem Dutt, Sie wissen schon!«
»Tut mir leid«, erwidert sie, »ich arbeite hier vollkommen allein.«
»Seit wann das?« will ich entsetzt wissen.
»Schon immer, ich hatte nie eine Angestellte.«
»Entschuldigen Sie«, widerspreche ich ihr mit Bestimmtheit, »aber
das weiß ich besser. In diesem Büro …« Ich gehe auf die Tür zu, hinter der
meine geheimnisvolle Wandlung stattgefunden hat, und drücke die Klinke
herunter. Abgeschlossen.
»Dahinter ist kein Büro, sondern das Archiv«, klärt die Frau von New
Life mich auf.
»Das kann nicht sein, ich war ja drin.«
»Würde mich wundern, wenn Sie zwischen meinen Akten gesessen
hätten«, stellt sie fest.
»Das habe ich auch nicht.« Langsam bin ich mit meiner Geduld am
Ende. Wo steckt diese Elisa? »Dahinter ist ein Büro«, insistiere ich. »Ich war
vor drei Wochen hier, weil ich mein Leben ändern wollte, und weil Sie nichts
für mich tun konnten, hat Ihre Kollegin …«
»Natürlich wollte ich etwas für Sie tun«, widerspricht sie mir
heftig. »Aber Sie haben sich ja nicht mehr gemeldet!«
»Ich war also hier!«
»Ja«, sie nickt, »sicher waren Sie hier. Mit Ihren gesamten
Unterlagen und Zeugnissen«, erinnert sie sich.
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