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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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rüber. Wenn er nicht im Hotel ist oder gerade schläft, sitzt
er meistens hier herum. Ohne ihn würde mir bei der Arbeit auch schwer was
fehlen.
    »Nee, liegt an mir«, gebe ich zu, »bin heute irgendwie nicht ich
selbst.«
    »Wer ist das schon?« erwidert Georg und vertieft sich wieder in
seine Zeitung, um die Neuigkeiten von vor vier Wochen zu lesen. Manche Dinge
haben sich eben doch nicht geändert. Nachdem ich das blöde Bier endlich
fertiggezapft habe, bringe ich es an Tisch drei, wo der Gast wahrscheinlich
schon verdurstet ist. Aber es ist die Geste, die zählt.
    »Wurde aber auch Zeit«, motzt mich der Typ an, der sich ebenfalls hinter
einer Zeitung versteckt hat. Allerdings hinter einer von heute. Als ich seine
Stimme höre, lasse ich vor Schreck das Bier vom Tablett rutschen. Klatsch. Ein
Bodenpils.
    »Charly!« ruft Harry genervt aus seiner Ecke. »Was ist denn heute
los mit dir?«
    »Ja, was ist denn heute los mir dir?« will der Gast vor mir wissen
und blickt lächelnd von seiner Zeitung auf. Er hat an
mich gedacht!
    »Was machst du hier?« Ich halte es noch immer für eine Fata
Morgana, als ich Tim hinter mir her nach draußen auf die Straße gezerrt habe.
Jetzt stehe ich neben ihm an die Hauswand gelehnt und sehe ihn abwartend an.
    »Frage ich mich auch. War gar nicht so leicht, dich aufzutreiben.«
    »Das meine ich nicht! Warum bist du hierher gekommen?«
    »Rate mal.«
    »Mir ist nicht nach Raten!«
    »Keine Ahnung, wie ich es erklären soll«, fängt Tim an, »aber die
Sache ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen.« Er macht eine Pause. » Du bist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und auch,
wenn es wahnsinnig und verrückt und nach Raumschiff Enterprise klingt – seit
diesem Nachmittag an der Elbe habe ich das Gefühl, als würden wir uns kennen.
Nein, ehrlich gesagt, hab ich das schon gedacht, als wir uns das erste Mal
begegnet sind, bei euch zu Hause.«
    »Wir kennen uns auch«, sage ich leise, denn ich habe Angst, wenn ich
zu laut spreche, verpufft das Trugbild neben mir sofort. Tim kramt aus seiner
Jackentasche ein Päckchen Zigaretten hervor und sieht mich fragend an. Ich
nicke, ehrlich gesagt brauche ich jetzt auch eine. Er hält mir die Packung hin.
So stehen wir beide da und rauchen.
    »Es war nicht einfach für mich«, stellt Tim fest.
    »Was?« will ich wissen.
    »Hierher zu kommen.«
    »Warum?« Tim dreht seine Zigarette nachdenklich zwischen Daumen und
Zeigefinger und starrt sie so angestrengt an, als würde er darin die Antwort
auf meine Frage finden.
    »Wenn ich dir glaube«, sagt er, »dann bedeutet es, daß ich mein
jetziges Leben … alles … meine Arbeit, meine Freunde …« Er macht eine Pause.
»Meine Frau … Wenn das alles nicht echt ist, dann müßten wir es rückgängig
machen.«
    »Geht nicht«, antworte ich, »habe ich schon probiert.«
    Tim schüttelt energisch den Kopf. »Das glaube ich nicht. Wenn das
alles wirklich so passiert ist, wie du sagst – dann muß es auch einen Weg
zurück geben.«
    »Würdest du das denn wollen?« frage ich. Er schweigt. »Alles
aufgeben, was du jetzt bist und hast? Alles? Sogar deine Frau?« Tim nimmt einen
weiteren Zug von seiner Zigarette und bläst den Rauch nachdenklich in die Luft.
Dann formt er lautlos ein »Ja«.
    »Warum?« Mein Leben war furchtbar. Aber seins?
    »Weil ich nicht glücklich bin«, sagt er schließlich. »Ich bin
einfach nicht glücklich. Und du hast es gewußt. Ich bin verdammt noch mal nicht
glücklich.«
    Nachdem das Wichtigste erst mal geklärt wäre – Tim nicht
glücklich und ich auch nicht wirklich – geht es jetzt nur noch darum, den
Urzustand wiederherzustellen. Ha, ha. Nichts leichter als das! Wenn Tim sich
das mal nicht zu einfach vorstellt. Trotzdem stehen wir nachts um eins, direkt
nach meinem Dienstschluß, vor der Tür von New Life Personal Management. Wozu
noch länger warten? Mir ist etwas mulmig, der freundliche Nachbar der Agentur
ist mir noch in lebhafter Erinnerung. Die Tür zum Haus war relativ leicht zu
knacken, sie stand offen.
    »Wie sollen wir da reinkommen?« Einbruch fand sich bisher noch nicht
auf meiner gelöschten Kerbholzliste, da kann ich also nicht mitreden. Tim
offenbar schon. Er zückt einfach seine EC -Karte,
und knack, sind wir einen Augenblick später in den heiligen Hallen von New
Life. Ich bin beeindruckt.
    »Da, in dem Büro war es!« Aufgeregt zeige ich auf die Tür, hinter
der ich mit Elisa gesessen haben. Auch die ist kein Problem für Tim.
    Ich könnte vor

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