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Was wir erben (German Edition)

Was wir erben (German Edition)

Titel: Was wir erben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BjÖrn Bicker
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entgegen. Er habe sich schon gedacht, dass es sich bei uns nicht um Kriminelleim gewöhnlichen Sinne handeln könne, auch wenn unser Verhalten in der Sanitärabteilung Anlass zum Erstaunen geboten hätte, dennoch habe er uns diese Chance zur Selbstanzeige geben wollen. Von einer Meldung bei der Polizei sehe er wegen der Geringfügigkeit des Delikts großzügig ab. Er blinzelte mir zu. Und dann salutierte er. Wie ein Militär. Ganz kurz, sekundenschnell. Hofffmann nahm mich an der Hand und zog mich weg.
    Warum musste sie ihre Identität aufgeben? Hätte sie nicht als die, die sie war, in Westdeutschland weiterleben können? Nein, rief Hofffmann, um den alten Motor seines Taxis unbedingt zu übertönen. Nein, nein, sie hätten sie nicht leben lassen, das garantiere ich dir. Nach einer kurzen Pause: Das war er, ich schwöre, rief er noch lauter und schlug mit der Hand auf das Lenkrad seines Wagens. Dieser Detektiv, das war der Oberst!
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich die ganze Geschichte glauben soll. Eine fast blinde Oma, ein von Schuldgefühlen geplagter Stasispitzel, ein ehemaliger Auslandsgeheimdienstmitarbeiter, der als Baumarktdetektiv im Einsatz ist. Das sind meine Quellen. Und Hofffmann, der erst seit ein paar kurzen Wochen eine Rolle in meinem Leben spielt. Aber es kommt mir vor, als sei er schon immer da.
    Wenn es so war, wie die Badewanne gesagt hat, dann hat Deine Mutter den Vater vielleicht das letzte Mal gesehen, als das Foto gemacht wurde. Sie schaut so sorglos. Aber anscheinend war Deine Mutter sowieso eine vorzügliche Schauspielerin. Sie hat Dir, ihrem eigenen Sohn,nichts von ihrer Vergangenheit erzählt. Nichts. Und den Vater hat sie sitzen lassen. Oder hat der Vater ihr keine andere Wahl gelassen, weil er nicht länger mit ihr zusammen sein wollte? Auf diese Frage werden wir wohl keine Antwort mehr erhalten. Es sei denn, wir finden noch irgendetwas in irgendwelchen Stasi-Akten. Die Badewanne hatte recht: Die Abteilung hat fast alles vernichtet. Ein paar Säcke mit Schnipseln haben sie übrig gelassen. Die werden jetzt mit einem neuen Computerprogramm wieder zusammengesetzt. Es ist unwahrscheinlich, dass da noch etwas über den Vater und Deine Mutter dabei ist. Trotzdem: Du solltest einen Antrag stellen bei dieser Behörde. Unbedingt. (»Die Tatsachen beruhigen den Menschen. Wie ein Narkotikum. Nebenwirkung: partielle Blindheit.«)
    Ich bin rausgegangen, um mir etwas zu essen zu besorgen. Es ist mitten in der Nacht. Ich musste runterlaufen bis zum Naschmarkt, um noch einen Dönerladen zu finden, der aufhatte. Mir tut der Bauch weh. Ob ich mir das nur einbilde? An diesem Zellhaufen da in mir drin kann das nicht liegen. Oder doch? Das viele Red Bull. Keine Ahnung. Ich muss weiterschreiben. Es gibt noch ein paar Dinge zu erzählen, bevor ich hier mein Lager abbreche. Und ich weiß nicht, ob ich da, wo ich landen werde, noch Lust habe, mich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Mit dem Vater. Mit Dir.Am Tag nach dem Berlin-Ausflug bin ich in den Zug gestiegen, um Thomas im nahe gelegenen Weimar zu treffen. Es war Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ich war gespannt, was den eingefleischten Österreicher nach Ostdeutschland verschlagen hatte. Thomas wirkte niedergeschlagen, matt. Er war extrem dünn. Sein Gesicht war von zwei tiefen Falten zwischen Mund und Wange zerfurcht. Er rauchte eine Zigarette nach der anderen, während wir durch das kleine, von Touristen überschwemmte Städtchen liefen. Er klagte viel über seine Arbeitsbedingungen, die Regisseure, mit denen er proben musste, und nach jedem zweiten Satz bemerkte er, dass es bei mir ja viel besser gelaufen sei, ich sei an einem der besten Häuser überhaupt engagiert, das sei sicher sehr erfüllend und müsse mich unendlich glücklich machen. Irgendwann habe ich ihn unterbrochen und ihm gesagt, dass ich es nicht mehr aushalte mit meinem Beruf, dass ich überlege, alles an den Nagel zu hängen, und dass mir sein Gejammer auf die Nerven gehe. Er schaute mich fassungslos an. Das darfst du nicht, sagte er weniger empört als weinerlich. Er beschwor mein Talent. Halbherzig. Ein verzweifelter Versuch, die alte Emphase, die uns damals verband, wieder hervorzuholen. Er war dabei, den alten Thomas zu spielen, aber den schien es gar nicht mehr zu geben. Und dann endlich ließ er die Luft raus. Er sei in einer schlechten Phase, die Dinge hätten sich nicht gut für ihn entwickelt seit unserer Trennung. Eine Schülerin sei schwanger

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