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Was wir Liebe nennen

Was wir Liebe nennen

Titel: Was wir Liebe nennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Lendle
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der Umgebung heran.
    Das Hotel erwies sich als veritables Resort. Es stellte sich heraus, dass die Anzahl der Zimmer nicht genügte, um jeden Reisenden separat unterzubringen, sodass die Passagiere gebeten wurden, sich nach Möglichkeit in Zweckgemeinschaften zusammenzutun. Bevor Viola und Lambert etwas sagen konnten, hatte Sascha ihre Hände gegriffen und führte sie zu der Stewardess, die die Zimmerschlüssel austeilte. Zum dritten Mal an diesem Tag zwinkerte sie ihm zu.
    Als die Koffer aufs Zimmer gebracht waren und Lambert versucht hatte, die S puren der Milch mit Seife aus seiner Hose zu waschen, schlug Viola vor, noch ein wenig an die Luft zu gehen. Lambert rief über das Geräusch des Föns hinweg, er sei dafür. Sascha war dagegen. Erst der Hinweis auf mögliche Pferde überzeugte sie.

7
    Die Sonne war eben untergegangen und ließ den Himmel leuchtend zurück. Über den Horizont zog sich ein schmaler Streifen aus grünem Licht. Die Luft so klar, als hätte es eben geregnet, dabei war alles von einer fast knisternden Trockenheit. Keine Pferde, aber vor dem Eingang stand tatsächlich eine Reihe leerer Kutschen, mit Rosen geschmückt. Offenbar war unterdessen eine Hochzeitsgesellschaft eingetroffen. Sascha klatschte in die Hände, dann müssten doch irgendwo auch Pferde sein. Sie fand eine heruntergefallene Blume und steckte sie ihrer Mutter ins Haar.
    Am Hinterrad der letzten Kutsche stand ein Paar, er in Schwarz, sie ganz weiß, der Bräutigam und seine Braut. Vielleicht stritten sie, er presste ihre Schultern gegen die hölzernen S peichen, das erhobene Kinn dicht vor ihrem Gesicht. Es sah aus, als wenn er ihr drohte, seine Hand lag nah an ihrer Gurgel. Beim Näherkommen zeigte sich, dass sie sich küssten.
    Sascha blieb stehen, wohl um nach den Pferden zu fragen. Die beiden nahmen keine Notiz von ihr, und Viola zog ihre Tochter fort.
    Was aus dem Bus den Eindruck eines weitläufigen Parks gemacht hatte, der das Hotel umgab, entpuppte sich aus der Nähe als Golfplatz. Der erste Abschlag lag auf einem kleinen Hügel, Viola wischte sich, als sie oben waren, die Stirn. Sie hielten Ausschau über das Gelände. Niedrige Kuppen, dazwischen Hecken, Sandstücke, einige Tümpel, von Schilf umstanden. Malerisch war das Wort. Nichts deutete darauf hin, dass sich hier jemals etwas ereignen würde.
    Sascha lief los, holte Schwung und ließ sich in die nächste Senke rollen. Wie weich der Rasen sei. Viola und Lambert folgten ihr in einigem Abstand. Sascha fand das erste Loch und hinter einer Baumreihe das nächste. An jedem Abschlag griff sie nach einem Schläger, den nur sie sehen konnte, holte weit aus und beförderte einen Ball aus Luft hinauf in den Abendhimmel. Dann rannte sie hinterher, dorthin, wo sie das nächste Loch vermutete. So streiften sie kreuz und quer über die Roughs und Grüns und Fairways wie Rotkäppchen beim Pflücken ihrer Blumen.
    Â»Du musst traurig sein.«
    Â»Warum?«
    Â»War nicht irgendwas mit deinem Vater?«
    Â»O Gott, ja. Kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Dabei war es erst gestern.« Lambert brach einen überhängenden Ast ab und schleuderte ihn auf ein Sandhindernis. Ein Rebhuhn stob auf und flatterte mit wildem Flügelschlag davon. Lambert hob die Hände, um das Tier zu beschwichtigen, aber es war längst verschwunden. Dann fuhr er fort:
    Â»Mein Vater war so lange krank, dass keiner mehr erschrocken war. Sein Tod war das Letzte, was ihm zu tun blieb. Es war wie in den Büchern, wir standen um ihn herum, während es langsam mit ihm zu Ende ging. Nachher haben wir ihn gewaschen. Es war das erste Mal, dass ich ihn nackt gesehen habe.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Entschuldige, vielleicht erzählt man so etwas nicht einfach, erst recht nicht jemandem, den man ebenfalls noch nicht nackt gesehen hat.« Er konnte nicht erkennen, ob Viola lachte. Von Weitem fragte Sascha, wo sie blieben. Viola antwortete, sie brauchten etwas länger. Sie seien ja keine Golfbälle.
    Während Viola Sascha ins Bett brachte, erkundete Lambert das Hotel. An der Bar saßen ein paar Männer in karierten Hemden und schauten stumm auf einen Fernseher am Ende der Theke. Vor jedem stand ein Glas mit schwarzer Flüssigkeit. Ab und an nahm einer von ihnen einen Schluck, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden. Blind trinken nannte man das wohl, auch nichts anderes als ein Blindflug, und nicht die

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