Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht
keine feste Anstellung hat
und dennoch, auch nach vielen Jahren, nie ins Verschmoddern gerutscht ist. |167| Teddy hat seinen Alltag souverän im Griff. Um fünf Uhr morgens Tagwache, dann gemütlich einen Kaffee, dann Körper und Wohnung
reinigen. Teddys Zuhause ist jederzeit picobello in Schuss. «Wenn de vor lauter Spinnweben die Glühlampe an der Decke nicht
mehr sehen tust, denn weeßt de, jetzt bist de ganz unten angekommen, wa?»
Nach dem Saubermachen: Schrippen holen bei Frau Widdel, Frühstück und dann Arbeit. Fast immer ist was zu tun, mal für den
einen, mal für den anderen oder jenen. Teddy ist die Paradebesetzung einer gutgemanagten Ich-AG. Kann alles, macht alles,
jammert nicht. Brummelt nur beim «Rinklotzen» so ein wenig vor sich hin.
Nach Feierabend versorgt er seine Karnickel, und danach ist erst mal Ausruhen angesagt. Da liegt er dann auf seinem bequemen
Sofa. Das er mit gefühlten 170 Teddybären teilt, die ihm alle erdenklichen Freunde und Bekannten in vielen Jahren geschenkt haben. Obwohl er gar nicht auf
Teddys steht. Aber sein Schicksal ist eben, dass man ihn Teddy nennt. Weil er nun mal denselben Vornamen trägt wie Präsident
Roosevelt, den nannten sie ja auch Teddy. Und dieser Teddy Roosevelt hatte sich ja bekanntlich auf einer Jagdgesellschaft
geweigert, einen putzigen Jungbären, den man ihm vor die Flinte gesetzt hatte, zu erschießen. Worauf dieser Bär nach Roosevelt
«Teddy» genannt wurde, was ein Zeitungskarikaturist als berichtenswerten Vorfall in eine Zeichnung bannte.
Dieser gezeichnete kleine Bär wiederum kam bei Roosevelts Volk so gut an, dass der Karikaturist die Figur weiter verwendete
und sie zur Symbolfigur für den Präsidenten machte. Worauf ein geschäftstüchtiges russisches Einwandererpaar kleine Stoffbären
bastelte und damit das Schaufenster seines Ladens ausstaffierte. Die Stoffbären fanden reißenden Absatz, und das Einwandererpaar
erhielt von Roosevelt höchstselbst die Erlaubnis, den Verkaufsschlager |168| «Teddy’s Bear» zu nennen. Seither ist der Kurzname Teddy untrennbar mit Stoffbären verknüpft.
Das zeitigt Folgen auch im gegenwärtigen Leben
unseres
Teddys in
unserem
Amerika. Alle finden es nämlich ganz wahnsinnig originell, Teddy einen Teddy zu schenken. «Na, Teddy, wat sagst du nun? Ein
Teddy für Teddy, hahaha.» Teddy lacht nur gutmütig sein rundes Lachen und sagt, höflich wie er ist, nichts. Und wieder wird
es auf seinem Sofa etwas enger, aber Geschenke gibt man nun mal nicht weg. Und die Stoffbären fressen ja kein Heu und auch
keinen Honig, was soll’s also.
Wesentlich mehr Sammelleidenschaft als in seine Stoffbären investiert Teddy in seine maßstabgetreue Truck-Modell-Sammlung.
Sie umfasst schon über 200 Stück. «Manche haben ein Laster, manche auch zwei. Ich hab Hunderte!», sagte Teddy gerne. Es sind wirklich alle erdenklichen
Laster: DD R-Trucks , Russen-Trucks, Ami-Trucks, alle Marken, alle Sorten: Hänger, Sattelzug, 3-Achser bis 8-Achser . Alles, was groß, schwer und stark ist. Allesamt glänzen sie, fein säuberlich abgestaubt, in einem liebevoll selbstgefertigten
Holzregal, das die gesamte Wand hinter dem Sofa einnimmt. Teddy kann stundenlang seine Trucks betrachten, so wie andere fernsehen.
Jeder Laster hat seine Geschichte. Wo Teddy ihn herhat, wann das war, wie er ihn gefunden hat und natürlich die Geschichten
der großen Vorbilder: gebaut von, in Serie gewesen von bis, Achslast, Nutzlast, Motorisierung, Reichweite, Spezielles.
Die Aufschriften auf den kleinen Planen seiner Modelle werben für Firmen, die kennt heute kein Mensch mehr. Teddy macht sich
so seine Gedanken, wie es kommt, dass ehemalige Top-Marken einfach sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden tun
und andere wie aus dem Nichts plötzlich da sind …
Nach dem Ausruhen auf der Couch macht sich Teddy nochmal auf die Socken. Geht um in Amerika. Jeder kennt ihn, jeder freut |169| sich, wenn Teddy mal eben kurz reinschneit auf ein Schwätzchen, am Wochenende gerne auch auf ein Bierchen oder einfach nur
so. Teddy hat nicht wenige Amerikaner zu seiner Wahlverwandtschaft erkoren. Und wie das unter guten Verwandten eben üblich
ist, schaut man öfter mal auf einen Sprung rein, ist nicht böse, wenn es gerade nicht passt, und achtet darauf, nie über die
Zeit auf dem Stuhl kleben zu bleiben. «So, denn zieh ich ma ein Haus weiter, tschüs, haut rinn.» Teddys Abgänge sind ebenso
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