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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Pause. Weil Teddy keine Pausen braucht. Weil er langsam arbeitet. Schauen wir Teddy doch
     mal zu, wie er jede Bewegung sehr bedächtig, überlegt und fast in Zeitlupe ausführt.
    Das Graben eines Erdlochs. Teddy ergreift ruhig die Schaufel, umfasst mit seinen Pranken sehr kontrolliert, wie ein Zen-Meister,
     den Stiel. Hebt die Schaufel. Prüft den Schwerpunkt. Setzt die Schaufel mit der Spitze leicht auf das Erdreich. Verlagert
     jetzt langsam seine 130   Kilo nach vorn. Dabei sind seine Arme locker. Erst kurz bevor er vornüberkippen würde, straffen sich seine Muskeln, seine
     Vorwärtsbewegung überträgt sich auf den Schaufelstiel, über diesen auf das Stahlblatt und zuletzt auf die Erde, die dem Druck
     des scharfen Eisens nicht standhalten kann. Mit einem kurzen |172| Schleifgeräusch dringt die Schaufel tief in sie ein. Durch den kurzen Widerstand des Bodens ist Teddys Körper wieder nach
     hinten geschoben worden, wo er, ohne Kraftaufwand, exakt im Lot steht. Jetzt verschiebt Teddy seine Hände den Stiel entlang
     nach unten, und zwar genau um so viel, dass die vordere Hand präzise auf Höhe des zu erwartenden Schwerpunktes der nunmehr
     beladenen Schaufel liegt. Nun schiebt er seine Hüfte ebenfalls in Richtung dieses Schwerpunktes, indem er seine Knie um eine
     Winzigkeit biegt. In einem entschlossenen Ruck federt er aus den Knien heraus wieder nach oben. Die volle Schaufel hebt sich
     mit dem Erdgut und hängt jetzt an seinem ausgestreckten (!) Vorderarm, dem Trägerarm. Der hintere Arm ist gebogen und balanciert
     nur leicht aus. Nun dreht sich Teddy wie ein Lastkran um die eigene Achse, ohne dabei die Füße vom Boden zu lösen, gleichzeitig
     drückt der Balancearm den Schaufelstiel sanft nach unten, wodurch sich das andere Ende mit der Erde emporhebt. Genau bis auf
     Schubkarrenhöhe. In dem Moment, wo sich die Erde über der Schubkarre befindet, kehrt Teddy wie ein Breakdancer seine Drehrichtung
     unvermittelt um, mit dem Effekt, dass die Erde diesen Richtungswechsel aufgrund ihres Beharrungsvermögens nicht nachvollziehen
     kann und, der Schaufelblatt-Unterlage beraubt, von der Gravitation senkrecht nach unten gezogen wird, wo die Schubkarre sie
     empfängt. Nun setzt Teddy die Schaufel mit der Spitze leicht auf das Erdreich. Verlagert langsam seine 130   Kilo nach vorn   … und so weiter und weiter und immer weiter.
    Wenn Sie jemals vorhaben sollten, ein Loch zu graben, machen Sie’s nach der Teddy-Methode. Sie werden feststellen, dass Sie
     mit dieser Langsamkeit ungefähr dreimal schneller fertig sind als die Vergleichsperson im Nachbargarten. Und dass diese außerdem,
     wenn sie dann endlich fertig geworden ist, viel fertiger ist als Sie.

|173| Hürlimann
    Das Gras auf der Weide wuchs prächtig, wir würden wunderbares Heu einbringen können. Dazu war es dringend notwendig, sich
     nach entsprechendem Gerät umzusehen. Also machte ich mich auf die Suche nach gebrauchten und daher günstigen Heuerntemaschinen.
     Und ich wurde fündig: im Internet, in der Kleinanzeigenspalte der Bauernzeitung und bei einem Landmaschinenhändler nahe der
     polnischen Grenze. So trudelten nach und nach Heuwender, Schwader, Ballenpresse und Mähwerk bei uns ein. Das Einzige, was
     noch fehlte, war jenes Ding, ohne das alle anderen Geräte nutzlos sind: ein Traktor. Oder ’n Trecker, wie man hier sagt. Das
     Allzweck-Arbeitstier, ohne das nichts, aber auch gar nichts zum Laufen zu bringen ist.
    Im Internet gab es Hunderte von Angeboten in jeder Preis- und Altersklasse. Für uns kam nur das allerbilligste Segment in
     Frage. Also ein altes Modell, aber dennoch zuverlässig. Die Wahl fiel schwer. Ich suchte und suchte und konnte mich nicht
     entscheiden. Ein Fehlkauf war schlicht verboten. Die Heuernte musste klappen, und wenn dann der Traktor streiken würde   … welche Blamage!
    |174| Wieder einmal saß ich vor dem Computerbildschirm und scrollte mich durch Unmengen von Treckern. Schöne, hässliche, überteuerte,
     Schnäppchen. Und dann sprang es mich förmlich an: «Hürlimann-Traktor zu verkaufen». Ein Hürlimann! Ich klickte das Bild groß:
     Tatsächlich, ein alter Hürlimann, feuerwehrautorot, viel Chrom am Kühlergrill, schnittiges Design, Baujahr 68.
    Genau so einen Hürlimann hatte sich der Bauer Rotacher im schweizerischen Appenzellerland damals gekauft, der Nachbarsbauer
     meiner Lieblingstante Ruth. Viele Sommerwochen lang habe ich als kleiner Junge bei den Rotachers am Hof mithelfen dürfen.
    

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