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Was wir sind und was wir sein könnten

Was wir sind und was wir sein könnten

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther
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angstbesetzte Unterfangen einlässt, wird feststellen, dass manche dieser Gründe durchaus realistisch und noch immer vorhanden sind, während andere Ursachen auf längst vergangene Ereignisse und Erfahrungen der betreffenden Gemeinschaft zurückgehen, also ihre damalige Bedeutung längst verloren haben und nur noch historisch zu verstehen sind. Oft sind diese alten Denkmuster aber für die Bewältigung neuer Herausforderungen nicht nur nutzlos, sondern enorm hinderlich. Wer das zu durchschauen und zu unterscheiden lernt, befindet sich auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Er kann das vollziehen, was die entscheidende Voraussetzung für die Wiedererweckung von Kreativität, Entdeckerlust und Neugier ist: das Loslassen von übernommenen Vorstellungen, die das eigene Denken behindern.
    So unzweckmäßig auch das Festhalten an alten, gebahnten Denkmustern sein mag, so leisten sie doch etwas sehr Bedeutsames: Sie sind vertraut und bieten – vor allem dann, wenn viele andere Menschen auch so denken und mit denselben Einstellungen und Überzeugungen herumlaufen – Sicherheit. Sich davon zu lösen macht Angst. Deshalb müssen Menschen, die neues Denken wollen, diese Angst überwinden. Das einzige Gegenmittel gegen Verunsicherung und Angst – auch das können die Hirnforscher inzwischen mit Hilfe ihrer bildgebenden Verfahren objektiv und empirisch nachweisen – ist Vertrauen. Wer kreativ sein will, braucht also Vertrauen in sich selbst, in seine eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, in die eigenen Erfahrungen und das eigene Wissen.
    Selbstvertrauen ist zwar eine notwendige, jedoch noch keine hinreichende Voraussetzung für die Aufrechterhaltung und Wiederentdeckung von Entdeckerfreude und Gestaltungslust und damit für das Auffinden kreativer und innovativer Lösungen. Allzu leicht verschmort die individuelle Entdecker- und Gestaltungslust im eigenen Saft. Sie orientiert sich dann in erster Linie an den eigenen Interessen und rekrutiert sich primär aus den eigenen Ressourcen, den eigenen Kenntnissen, den eigenen Erfahrungen, den eigenen Fähigkeiten. Wirklich kreativ werden Menschen erst dann, wenn es ihnen gelingt, ihre in ihren jeweiligen Lebenswelten individuell erworbenen Fähigkeiten, Kenntnisse, Begabungen und Vorstellungen mit denen anderer Menschen zu verschmelzen. Dazu freilich bedarf es der Begegnung und des vertrauensvollen Austausches von Menschen mit möglichst verschiedenen soziokulturellen Erfahrungen. Damit derartige Begegnungen und ein solcher wechselseitiger Austausch zwischen sehr unterschiedlichen Menschen stattfinden kann, müsste das Band gestärkt werden, das Menschen über ihre unterschiedlichen Herkünfte, ihre unterschiedlichen Ausbildungen und ihre individuellen kulturspezifischen Eigenarten hinweg verbindet. Dazu müssten wir genau das überwinden, was uns als Kleingruppen bisher so fatal zusammengehalten und unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmt hat: die Angst vor allem Fremden. Deshalb ist die entscheidende Voraussetzung für die Entfaltung unseres kreativen Potentials die Überwindung der individuellen Angst durch die Stärkung von wechselseitigem Vertrauen.
    Wir könnten gesünder und zufriedener sein
    Wenn die Prognosen der WHO zutreffen – und es gibt keinen Grund, an der prognostizierten dramatischen Zunahme stressbedingter Erkrankungen in den hochentwickelten Industriestaaten zu zweifeln –, so werden in Zukunft kaum bewältigbare Kosten auf die medizinischen Versorgungssysteme und damit auf die Krankenkassen dieser Länder zukommen. Absehbar ist nicht nur eine enorme Zunahme stressbedingter somatischer Erkrankungen, vor allem die durch muskuläre Verspannungen verursachten langfristigen Schäden des Halte- und Bewegungsapparates und die durch permanent erhöhten Sympatikotonus verursachten kardiovaskulären Störungen. Es ist auch mit einem dramatischen Anstieg stress- und angstbedingter psychischer Erkrankungen zu rechnen, dazu zählen Angststörungen, Depressionen, Suchterkrankungen, Zwangsstörungen, Burn-out-Syndrome etc.
    Nur vordergründig scheint diese Entwicklung durch eine zunehmende berufliche Belastung der arbeitenden Bevölkerung bedingt zu sein. Wesentlich bedeutsamer dürfte eine ständig abnehmende Fähigkeit der Menschen in den hochentwickelten Industriestaaten sein, mit psychischen Belastungen umzugehen. Zu viele Menschen leiden an Stress, weil sie über zu geringe Kompetenzen zur Stressbewältigung verfügen. Hierzu zählt die Fähigkeit zur

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