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Was wir sind und was wir sein könnten

Was wir sind und was wir sein könnten

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther
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bisher gedacht. Körper und Geist, Denken und Fühlen bilden normalerweise eine Einheit: Änderung ist auf allen Ebenen möglich. Am leichtesten gelingt das, wenn wir beginnen, unseren eigenen Körper wiederzuentdecken. Weil er ursprünglich so eng mit dem Gehirn und mit allem, was dort geschah, verbunden war, bietet der Körper einen besonders guten Zugang zu allen Ebenen des Erlebens und Verhaltens, zu den im Hirn abgespeicherten Sinneseindrücken, den Gefühlen, den unbewussten Verhaltensmustern und nicht zuletzt zu den früheren Erinnerungen. Deshalb erfahren die meisten Menschen, sobald sie ihren Körper wiederzuentdecken beginnen, dass sie nun wieder Zugang zu sich selbst finden. Für jeden, der sich darum bemüht, eingefahrene Körperhaltungen, alte Bewegungs- und Verhaltensmuster zu verändern, besteht der Lohn seiner Anstrengung in einer Wiederentdeckung seiner eigenen Kompetenz, in einer neuen Haltung und einer neuen Einstellung – und nicht zuletzt in einem Zuwachs an Selbstgefühl und Selbstvertrauen. Das bedeutet nichts anderes als das Wiederfinden der eigenen Gestaltungskraft und Lebendigkeit. Damit dieser komplexe Umbauprozess gelingt, bedarf es mehr als guter Ratschläge, Gespräche oder tiefschürfender Überlegungen. Sie wären nur dann ein geeignetes Mittel, wenn sie auch wirklich auf den Grund gehen, d.h. wenn sie zu grundlegend neuen emotional aufrüttelnden Erkenntnissen führen, die dann auch neue Erfahrungen ermöglichen. Weitaus wirkungsvoller sind reale Erfahrungen, die die betreffende Person mit all ihren Sinnen macht, die also nicht nur verbale Repräsentationen von Erfahrungen sind.
    Um unsere unbewusst und implizit herausgeformten, über lange Zeiträume stabilisierten Prägungen umzugestalten, müsste also in uns ein positiv besetztes und sehr tief sitzendes inneres Bedürfnis geweckt werden. Es müsste so etwas wie eine tiefe innere Berührung erfolgen, eine möglicherweise schon lange verschüttete Sehnsucht in uns wieder wach werden. Dann vielleicht könnten wir das, was wir für unser »Ich« halten, als ein recht schief gewordenes Haus in seiner Schräglage tatsächlich sehen und uns daranmachen, es von dort aus, wo es noch stabil und gerade steht, also von ganz unten her, wieder aufzurichten. Und gut gebaut, noch nicht verbogen und noch festgefügt war das »Ich« damals, als es noch nicht von dem abgetrennt war, was wir den Körper und die Gefühle nennen. Als wir uns noch nicht ständig darum bemüht hatten, so zu werden, wie es diejenigen, zu denen wir dazugehören wollten, damals von uns erwartet haben. Wir müssten uns also auf die Suche nach dem machen, was unser ursprüngliches »wahres Selbst« ist, nämlich eins zu sein und zu Hause zu sein in unserem Körper, mit all unseren authentischen Regungen und Empfindungen. Dann wären wir nicht nur zufriedener, dann würden wir auch wieder gesünder.
    Wir könnten freier und verbundener sein
    Ein bisschen freier wären wir alle gern, und ihre Träume von der großen Freiheit erzählen sich Männer am Stammtisch genauso gern wie Frauen beim Einkaufsbummel. Aber wenn es so wäre und sie frei entscheiden könnten, ob sie die Unwägbarkeiten eines Lebens in völliger Freiheit in Kauf nehmen oder doch lieber in einigermaßen haltbietenden und verlässlichen Strukturen leben wollen, so würden sich die meisten Menschen wohl eher für die Sicherheit des eigenen Eingebundenseins entscheiden. Und wenn uns jemand davon überzeugen will, dass wir in Wirklichkeit doch viel freier sind, als wir glauben, so werden die meisten von uns nach Erklärungen suchen, weshalb das, zumindest in ihrem Fall, nicht zutrifft. Manche wehren sich sogar sehr vehement gegen die Vorstellung, es könne für sie einen größeren Handlungsspielraum geben als den, den sie schon immer genutzt haben. Offenbar verletzt der Gedanke, dass für sie mehr möglich wäre, ihr eigenes Selbstbild. Deshalb verteidigen sie, meist ohne es selbst zu bemerken oder sich bewusst zu machen, ihre eigene Unfreiheit, die sie doch aber auch so sehr beklagen. Schließlich müsste jeder, der frei wäre und frei entscheiden könnte, wie er handeln will, ja auch ganz allein die Verantwortung dafür übernehmen, was er mit dieser Freiheit macht, nicht nur für das, was er tut, sondern auch für all das, was er unterlässt.
    Das ist alles nicht besonders bequem, und deshalb haben es Menschen bisher meist vorgezogen, nach jemand anderem zu suchen, dem sie die Verantwortung für all das

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