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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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Mathematik gut, so wird oft angenommen, er sei dies auch in anderen naturwissenschaftlichen Fächern, zum Beispiel in Physik.
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    nicht vergleichbar:
    â€¢ Eine Punktzahl allein sagt nichts darüber aus, ob eine Leistung gut oder schlecht ist. „Interpretierbar wird ein Ergebnis erst, wenn ein Maßstab, eine Norm oder ein Vergleichswert bekannt ist, an dem die Beurteilung einer Leistung erfolgen kann. Die Orientierung an Bezugsnormen ist für Leistungsbeurteilung unerlässlich.” 16
    â€¢ Der Begriff Anforderungen ist bisher in keinem Bundesland amtlicherseits konkret bestimmt worden. Da also ein verbindlicher Bezugspunkt fehlt, ist der einzelne Lehrer darauf angewiesen, sich weiterhin am klasseninternen und möglicherweise schulinternen Maßstab zu orientieren. 17 Das trifft auch heute noch zu. Schulnoten werden aus der Sicht der Lehrkraft erteilt, sie bilden eine Klassenhierarchie ab. Weil qualitativ-inhaltliche Bezugsnormen fehlen, erfassen sie aber nicht oder nur sehr oberflächlich eine tatsächlich erreichte, durch materielle Fachstandards umschriebene Kompetenz. Noten beziehen sich auf den Durchschnitt einer Klasse, geben aber keinen Aufschluss über die tatsächlichen Kompetenzen des einzelnen Schülers. Was die Schülerinnen und Schüler am Ende eines Prozesses tatsächlich wissen und können, muss anders bestimmt werden. 18
    â€¢ Die klasseninterne Rangreihe der Leistungen entspricht nicht den tatsächlichen Leistungen, wenn man diese unabhängig testet. 19
    â€¢ Die Anzahl zu vergebender Punkte und ihre Verteilung auf die Noten sind variabel. Doch lässt sich mit mehr Punkten nicht nur differenzierter bewerten, sondern die Noten werden insgesamt auch besser.
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    nicht fair:
    â€¢ Die Anzahl und die Reihenfolge aufeinanderfolgender Prüfungen verändert die Bewertung von Leistungen.

    â€¢ Außer in Musik, Kunst und Sport werden Repetenten (also Kinder, die das Schuljahr wiederholen) strenger beurteilt als altersgleiche Schüler in den entsprechend höheren Schulstufen. 20 Zumindest in der Grundschule erreichen Repetenten statistisch aber keine wesentlich verbesserte Leistung.
    â€¢ Auch in den höheren Klassen der Realschule oder des Gymnasiums ist der Notendurchschnitt nicht besser, obwohl nach dem Aussortieren der weniger guten Schüler (auf Real- und Hauptschule) doch die Besten unter sich sein müssten. Der Notendurchschnitt müsste besser werden. Doch wird die Benotung immer strenger, was einer richtigen Leistungsmessung widerspricht. Es werden also wieder gute, mittlere und schlechte Schüler entsprechend der Gauß’schen Normalverteilung definiert.
    â€¢ „Eine Prüfung, die alle spielend bewältigen, ist nämlich nach schulischer Logik keine. (…) Gelungen ist sie dann, wenn erstens nicht alle alles können, sondern zweitens eine Bandbreite von unterschiedlichen Leistungen herauskommt. Andernfalls hat der Lehrer die Klasse entweder über- oder unterfordert. (…) Es geht also nicht einfach darum, den Leistungsstand der Klasse zu prüfen. Er will so abgeprüft sein, dass sich für die Klasse ein differenziertes Leistungsbild ergibt.“ 21
    Insgesamt belegen allein die Bandbreite von möglichen Urteilsfehlern bei der schulischen Leistungsbeurteilung 22 und die Vielzahl von Untersuchungen der letzten Jahrzehnte immer wieder, dass Noten gar nicht aussagekräftig, objektiv und verlässlich sein können. Berühmt ist dazu ein oft wiederholtes Experiment Ende der 40er-Jahre, in welchem der Deutschdidaktiker Robert Ulshöfer einen einzigen Abituraufsatz an 42 Lehrer zur Benotung gab. Das Urteil der Lehrer verteilte sich über das ganze Zensurenspektrum von 1 bis 6. 23
    An den „Kieler Untersuchungen“ von 1965 bis Mitte der 70er-Jahre wirkten über 11.000 Lehrende mit. 617 Aufsätze wurden in fehlerfreie Maschinenschrift übertragen und an Deutschlehrer mit der Bitte übersandt, sie wie in der eigenen Klasse zu zensieren. Zudem sollte die Zensur in einem Kommentar begründet werden. Jeder der 617 Aufsätze wurde im Schnitt von je 18 Lehrern zensiert. Keiner der Aufsätze erhielt eine einheitliche Zensur. In mehr als 10 Prozent der Fälle wurden sogar fünf oder gar alle sechs unterschiedlichen Zensuren für den gleichen Aufsatz erteilt. 24 Untersuchungen an Mathematik-und naturwissenschaftlichen Arbeiten bestätigen dieses Ergebnis.

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