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Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)

Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)

Titel: Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Kast
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Kindern fühlen wir uns oft in unsere eigene Kindheit zurückversetzt. Manchmal leider nur in dem Satz ausgedrückt: »Das hätten wir uns nie erlauben dürfen.« Kommen wir aber über diesen Satz hinweg, dann fällt uns ein, wie wir denn so waren und die Erinnerungen werden produktiver und machen uns lebendig.
    Diese Vorstellungen von uns in der Vergangenheit mögen durch Fotos gestützt sein, angereichert durch Erzählungen von Geschwistern und Freunden. – Unsere Erinnerung ist nie nur unsere originäre Erinnerung, es ist immer eine Koproduktion.
    Wir können uns an uns selbst in verschiedenen Lebensaltern erinnern – diese Erinnerung nutzen wir auch für die Erstellung einer Freudenbiografie – und ähnlich können wir uns selbst auch in einer Vorstellungsübung in verschiedenen Lebensaltern vergegenwärtigen: Hierbei versammeln wir viele verschiedene Facetten unserer Persönlichkeit, unseres Selbst, und sehen dabei zu, was sich an Interaktionen ereignen kann.
Übung: Ich versammle mich
    So, wie ich heute bin, in meiner heutigen Gestalt, in meiner heutigen Stimmung, werde ich die Gastgeberin sein und mich selber, so wie ich in verschiedenen Phasen meines Lebens war, einladen. Ich suche mir einen Raum, der mir geeignet scheint, um eine solche Einladung auszurichten.
    Und ich werde einladen:
    Die etwa 4-Jährige, die etwa 10-Jährige, die 14- oder 15-Jährige, die 25-Jährige, die 40-Jährige – zusätzlich die, die ich war an bedeutsamen Lebensübergängen, und als Letztes mich, wie ich in 10 oder 20 Jahren auszusehen und zu sein gedenke.
    Wir stellen uns diese verschiedenen »Ichs« vor, meistens spielt die Kleidung eine Rolle, die wir noch von Fotos oder Filmen kennen. Filme sind sehr hilfreich, weil man mit der eigenen Bewegung, die man sieht, auch emotionale Zustände leicht verbindet. Dadurch kann man sich leichter in sich selbst in verschiedenen Lebensaltern einfühlen und auch Empathie für sich selbst entwickeln. 49 Diese verschiedenen Ichs können sich auch in einer bestimmten Weise gruppieren – und vielleicht hat die Gastgeberin ein Thema, das sie gerne diskutiert haben möchte: etwa eine wichtige Entscheidung, die zu treffen ist. In diesem Zusammenhang ist das 10 oder 20 Jahre ältere Ich besonders bedeutsam, denn möglicherweise führt ein Entschluss dazu, dass es diesen alten Menschen gar nicht mehr geben wird. Er oder sie kann zumindest darauf aufmerksam machen. Es kann aber auch einfach ein Thema diskutiert werden, das interessiert – ein Lebensthema, bei dem man gerne hören würde, wie diese verschiedenen »Ichs« sich dazu stellen. Zum Beispiel: Gestalte ich mein Leben oder habe ich es gestalten lassen?
     
    Beispiel einer 59-jährigen Frau
    Ich werde alle meine Ichs in meinem großen Wohnzimmer versammeln. Es liegen Bücher herum: Von Ruth Picardie: Es wird mir fehlen das Leben. Von Bernhard Schlink: Der Vorleser. Mehr zeige ich nicht von mir.
    1. Phase: Wen werde ich einladen?
    Das 4- bis 5-jährige Mädchen, ein vergnügtes Kind, wird mit Dreirad kommen. Es ist immer in Bewegung.
    Die 10-Jährige – ich erinnere mich an ein Foto. Ein strahlendes Kind, optimistisch, vielleicht hat es nur den Fotografen angestrahlt. Nein, es ist ein strahlendes Kind.
    Die 14-, 15-Jährige: Ich erinnere mich zunächst auch an ein Foto. Sie sieht furchtbar angestrengt aus, verkrampft. »Ich muss alles allein machen, ich muss mir große Mühe geben, und ich gebe mir große Mühe …« Mit ihr habe ich Mitleid. Sie will es so gut machen.
    Dann das Hochzeitsfoto: Die 24-Jährige. In meiner Erinnerung war die Hochzeit ein wunderbares Fest. Ich meine, da war ich glücklich. Auf allen Fotos sehe ich etwas »skeptisch« aus – eine neue, schwere Aufgabe steht offenbar vor mir.
    Auf anderen Fotos sehe ich elegant aus, aber verkniffen. Mein Mann wirkt verschlossen, aber so wirkt er immer auf Fotos. Wir müssen es gut machen, wir werden es gut machen.
    Die 26-jährige, die eine Wochenbettdepression hat nach der Geburt der ersten Tochter. Lade ich die ein? Ja.
    Die 38-Jährige, die sich in England auf einem Kongress, den sie mit ihrem Mann besucht hat, in einen anderen Mann verliebt hat. Das war in den Siebzigerjahren, da machte man so etwas! Wahnsinnige Gefühle, natürlich versteckt. Wir schreiben uns immer noch! Sie wird auch eingeladen.
    Die 46-Jährige: Da sind Vater und Mutter kurz hintereinander gestorben. Wieder ein Foto: Da sehe ich wieder so angestrengt aus. Elegant mit Hut, aber angestrengt.
    Dann halt

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