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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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dir, ich wusste nicht, dass es dein
Wasser war. August hat gesagt, ich könnte es nehmen.«
    »Hat er auch gesagt, du kannst meine Sachen durchwühlen?«
    Betreten zögere ich. »Nein.«
    Er sammelt seine Bücher ein und stopft sie in die Kiste.
    »Kinko – Walter – es tut mir leid.«
    »Für dich immer noch Kinko, Alter. Nur Freunde nennen mich Walter.«
    Ich gehe in die Ecke und lasse mich auf meine Pferdedecke fallen.
Kinko hilft Queenie aufs Bett und legt sich neben sie. So demonstrativ, wie er
an die Decke starrt, rechne ich fast damit, dass sie anfängt zu schwelen.
    Kurz darauf fährt der Zug los. Eine Weile lang verfolgen uns
dreißig, vierzig Männer, die wütend Mistgabeln und Baseballschläger schwingen, aber
das tun sie vor allem, um heute Abend beim Essen etwas erzählen zu können.
Wären sie wirklich auf einen Kampf aus gewesen, hätten sie vor unserer Abfahrt
dafür reichlich Zeit gehabt.
    Ich kann sie durchaus verstehen – ihre Frauen und Kinder haben sich
tagelang auf den Zirkus gefreut, und sie selbst waren wahrscheinlich auf die
Art der Unterhaltung aus, die gerüchtehalber im hinteren Teil unserer Zeltstadt
geboten wird. Statt sich an Barbaras prächtigen Reizen zu erfreuen, müssen sie
sich jetzt mit ihren Achtseitern begnügen. Ich kann verstehen, dass die Kerle
da Dampf ablassen müssen.
    Kinko und ich werden unter frostigem Schweigen durchgerüttelt,
während der Zug Fahrt aufnimmt. Er liegt lesend auf seiner Pritsche. Queenie
hat den Kopf auf seine Socken gelegt. Meistens schläft sie, aber sobald sie
wach wird, beobachtet sie mich. Ich sitze auf der Pferdedecke, abgekämpft bis
auf die Knochen, aber noch nicht müde genug, um mich hinzulegen und das
Ungeziefer und den Schimmel zu ertragen.
    Zur Abendessenzeit stehe ich auf und strecke mich. Kinko wirft mir
einen kurzen Blick zu, dann widmet er sich wieder seinem Text.
    Ich gehe hinaus zu den Pferden, die abwechselnd schwarz und weiß
nebeneinander stehen. Beim Einladen haben wir alle nach vorne verlegt, um für
Silver Star einen vier Boxen breiten Platz zu schaffen. Obwohl die anderen
Pferde in für sie ungewohnten Boxen stehen, wirken sie recht ungerührt,
wahrscheinlich, weil wir sie in der üblichen Reihenfolge verladen haben. Die in
die Pfosten geritzten Namen passen nicht mehr zu den Inhabern der Boxen, aber
ich kann mir ausrechnen, wer wer ist. Das vierte Pferd von vorne heißt Blackie,
und ich frage mich, ob seine Persönlichkeit wohl der seines menschlichen
Namensvetters ähnelt.
    Silver Star kann ich nicht sehen, er muss sich hingelegt haben. Das
ist gut und schlecht zugleich: Gut, weil er dadurch den Huf nicht belastet, und
schlecht, weil seine Schmerzen offenbar so groß sind, dass er nicht stehen will.
Wegen des Aufbaus der Boxen kann ich erst nach ihm sehen, wenn wir anhalten und
die anderen Pferde abladen.
    Ich setze mich gegenüber der offenen Wagentür hin und betrachte die
Landschaft, bis es dunkel wird. Irgendwann rutsche ich an der Wand hinunter und
schlafe ein.
    Als die Zugbremsen loskreischen, kommt es mir vor, als seien nur
Minuten vergangen. Fast im gleichen Moment öffnet sich die Tür vom
Ziegenverschlag und Kinko betritt mit Queenie den Vorraum. Kinko lehnt sich mit
der Schulter gegen die Wand, die Hände tief in den Taschen vergraben, und
ignoriert mich geflissentlich. Schließlich halten wir an, er springt hinaus,
dreht sich um und klatscht zwei Mal. Queenie springt in seine Arme, und beide
verschwinden.
    Ich rapple mich auf und spähe durch die offene Tür.
    Wir stehen mitten im Nirgendwo auf einem Nebengleis. Die anderen
beiden Zugabschnitte haben ebenfalls angehalten, sie erstrecken sich vor uns
auf den Schienen, mit jeweils einem dreiviertel Kilometer Abstand.
    Die Leute steigen im ersten Morgenlicht aus dem Zug. Die Artisten
strecken sich mürrisch, bilden Grüppchen und reden und rauchen, während die
Arbeiter Rampen herunterklappen und Tiere abladen.
    Kurz darauf tauchen August und seine Leute auf.
    »Joe, du kümmerst dich um die Affen«, sagt August. »Pete, Otis, ladet
die Heufresser ab und lasst sie saufen, klar? Nehmt den Bach, nicht die Tröge.
Wir müssen Wasser sparen.«
    »Aber lasst Silver Star im Waggon«, werfe ich ein.
    Es folgt ein langes Schweigen. Die Männer sehen erst mich und dann
August an, der mit eiskaltem Blick antwortet.
    »Ja«, sagt er schließlich. »Richtig. Lasst Silver Star im Waggon.«
    Er dreht sich um und geht weg. Die anderen Männer sehen mich mit
großen Augen

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