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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Ganz offensichtlich
ignorieren sie einander.
    »Jacob, glaub mir«, sagt Walter. »Das ist der fieseste Scheißkerl,
dem ich je begegnet bin, also egal, was da vor sich geht …«
    »Da geht nichts vor sich. Rein gar nichts …«
    »… es muss jetzt gleich aufhören, sonst hast du schnell ausgespielt.
Wenn du Glück hast, steigst du nur bei Rot aus, wahrscheinlich aber auf einer
Brücke. Das ist mein Ernst. Und jetzt geh da rüber.«
    Ich blicke zu ihm hinunter.
    »Husch!«, macht er und scheucht mich mit einer Geste Richtung Tisch.
    August schaut auf, als ich näher komme.
    »Jacob!«, ruft er. »Schön, dich zu sehen. War nicht sicher, ob du
gestern Abend nach Hause gefunden hast. Hätte nicht gut ausgesehen, wenn ich
dich auf Kaution hätte rausholen müssen, weißt du. Hätte Ärger geben können.«
    »Ich habe mir um euch zwei auch Sorgen gemacht«, sage ich, als ich
mich setze.
    »Ach, wirklich?«, fragt er übertrieben erstaunt.
    Seine Augen blitzen, sein Lächeln ist merkwürdig schief.
    »Wir haben ganz gut zurückgefunden, nicht wahr, Liebling?«, sagt er
mit einem Blick zu Marlena. »Aber Jacob, verrat mir doch mal, wie ihr zwei euch
verlieren konntet. Auf der Tanzfläche wart ihr euch so … nah .«
    Marlena hebt ruckartig den Kopf, ihre Wangen glühen rot. »Das habe
ich dir gestern Abend schon erzählt«, sagt sie. »Wir wurden in der Menge
auseinandergerissen.«
    »Ich hatte Jacob gefragt, Liebling. Trotzdem danke.« August hebt mit
überschwänglicher Geste seinen Toast, im Gesicht ein breites, verkniffenes
Lächeln.
    »Es gab ein ziemliches Gedränge«, sage ich, während ich meine Gabel
nehme und sie unter das Rührei schiebe. »Dabei habe ich sie aus den Augen
verloren. Ich habe euch beide gesucht, aber nach einer Weile dachte ich mir,
ich sollte lieber verschwinden.«
    »Weise Entscheidung, mein Junge.«
    »Habt ihr euch denn wiedergefunden?«, frage ich möglichst beiläufig,
während ich die Gabel zum Mund führe.
    »Nein, wir sind mit getrennten Taxen gekommen. War doppelt so teuer,
aber ich würde hundert Mal mehr zahlen, wenn dafür meine geliebte Frau in
Sicherheit ist – nicht wahr, Liebling?«
    Marlena starrt auf ihren Teller.
    »Ich sagte, nicht wahr, Liebling?«
    »Ja, natürlich würdest du das«, antwortet sie tonlos.
    »Wenn ich denken würde, dass ihr irgendeine Gefahr droht, weiß ich
nicht, wozu ich fähig wäre.«
    Rasch hebe ich den Blick. August starrt mich unumwunden an.

Zwölf
    Sobald es unauffällig möglich ist, flüchte ich in die
Menagerie.
    Ich erneuere den Halswickel der Giraffe, verpasse einem Kamel mit
Verdacht auf ein Hufabszess ein kaltes Fußbad und überlebe meine erste
Katzenbehandlung – ich versorge Rex’ eingewachsene Kralle, während Clive ihm
den Kopf streichelt. Dann sammle ich Bobo ein und sehe nach dem Rest. Die
einzigen Tiere, die ich nicht ansehe oder abtaste, sind die Arbeitspferde, und
das auch nur, weil sie ständig im Einsatz sind und man mich holt, sobald
Probleme auftauchen.
    Am Vormittag bin ich dann ein ganz normaler Menageriearbeiter,
zusammen mit den anderen miste ich Käfige aus, hacke Futter klein und karre den
Dung raus. Mein Hemd ist durchgeschwitzt und meine Kehle staubtrocken. Als
endlich die Fahne gehisst wird, schleppen Diamond Joe, Otis und ich uns aus dem
großen Zelt Richtung Küchenbau.
    Clive gesellt sich zu uns.
    »Geh August aus dem Weg, wenn du kannst«, sagt er. »Der hat eine
Laune.«
    »Warum? Was ist jetzt wieder?«, will Joe wissen.
    »Er ist stinksauer, weil Onkel Al heute den Elefanten beim Umzug
dabeihaben will, und lässt es an jedem aus, der ihm über den Weg läuft. Wie an
dem armen Kerl da drüben«, sagt er und deutet auf drei Männer, die das Gelände
überqueren.
    Bill und Grady schleppen Camel zur Fliegenden Vorhut. Er hängt
schlaff zwischen ihnen, seine Beine schleifen über den Boden.
    Mit einem Ruck drehe ich mich zu Clive. »Hat August ihn etwa
geschlagen?«
    »Nee«, meint Clive. »Hat ihn aber ordentlich runtergeputzt. Wir
haben nicht mal Mittag, und er ist schon besoffen. Aber der Kerl, der Marlena
angesehen hat – holla, der macht das so schnell nicht wieder.« Clive schüttelt
den Kopf.
    »Dieser verdammte Elefant läuft beim Umzug sicher nicht mit«, sagt
Otis. »Er kriegt Rosie nicht mal dazu, von ihrem Wagen zur Menagerie geradeaus
zu laufen.«
    »Ich weiß das, und du weißt das, aber offenbar weiß Onkel Al das
nicht«, sagt Clive.
    »Warum ist Al so versessen darauf, sie beim Umzug

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