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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Ihr Rüssel hängt über dem Eimer, sie schnüffelt und versucht, ihn an den
Armen des Mannes vorbei in die klare Flüssigkeit zu tauchen.
    » Przestan´ !«, sagt er und schiebt ihren
Rüssel weg. » Nie! «
    Ich reiße die Augen auf.
    »Hast du ein Problem?«, fragt er.
    »Nein«, antworte ich rasch. »Nein. Ich bin nur auch Pole.«
    »Oh. Tut mir leid.« Er scheucht den tastenden Rüssel beiseite,
wischt sich die rechte Hand an der Hose ab und hält sie mir hin. »Grzegorz
Grabowski«, stellt er sich vor. »Kannst Greg zu mir sagen.«
    »Jacob Jankowski.« Ich schüttle ihm die Hand, bevor er sie
zurückzieht, um den Inhalt des Eimers abzuschirmen.
    » Nie! Teraz nie! «, sagt er streng und
schiebt den neugierigen Rüssel weg. »Jacob Jankowski, was? Klar, Camel hat mir
von dir erzählt.«
    »Was ist das eigentlich?«, frage ich.
    »Gin und Ginger Ale.«
    »Du machst Witze.«
    »Elefanten lieben Alkohol. Siehst du? Kaum riecht sie ihn, ist ihr
der Kohl egal. Ah!«, sagt er und schlägt den Rüssel zur Seite. » Powiedzia ł em
przestan´! Póz´niej! «
    »Woher zum Teufel wusstest du das?«
    »Bei meiner letzten Show hatten wir ein Dutzend Elefanten. Einer von
ihnen hat jeden Abend so getan, als hätte er Bauchschmerzen, damit er einen
Schluck Whiskey bekommt. Hol doch mal den Elefantenhaken, ja? Wahrscheinlich
kommt sie so mit uns zurück, um den Gin zu kriegen – stimmt’s nicht, mój malutki p ą czuszku ? –, aber sicher ist sicher.«
    »Klar«, sage ich. Ich nehme den Hut ab und kratze mich am Kopf.
»Weiß August das?«
    »Was denn?«
    »Dass du so viel über Elefanten weißt? Er würde dich bestimmt zum …«
    Greg hebt sofort die Hand. »Nee, nee. Auf keinen Fall. Jacob, das
geht nicht gegen dich, aber um kein Geld der Welt arbeite ich für diesen Mann.
Niemals. Außerdem bin ich kein Elefantenkutscher. Ich mag die großen Biester
nur. Holst du jetzt bitte den Haken?«
    Als ich mit dem Elefantenhaken zurückkomme, sind Greg und Rosie
verschwunden. Ich drehe mich um und suche den Platz ab.
    In weiter Ferne geht Greg auf die Menagerie zu. Rosie trottet ein
paar Schritte hinter ihm her. Immer wieder bleibt er stehen und lässt sie ihren
Rüssel in den Eimer tauchen. Dann reißt er ihn wieder weg und geht weiter. Sie
folgt ihm wie ein gehorsamer Welpe.
    Als Rosie wieder sicher in die Menagerie verfrachtet ist, gehe
ich, immer noch mit dem Elefantenhaken bewaffnet, zurück zu Barbaras Zelt.
    Vor dem geschlossenen Zelteingang bleibe ich stehen. »Ähm, Barbara?
Darf ich reinkommen?«
    »Ja«, sagt sie.
    Sie ist allein und sitzt mit nackten, übereinandergeschlagenen
Beinen auf ihrem Stuhl.
    »Sie warten im Zug auf den Arzt«, erklärt sie und zieht an ihrer
Zigarette. »Falls du deshalb hier bist.«
    Ich spüre, wie ich erröte. Ich blicke auf die Wände, an die Decke,
auf meine Füße.
    »Herrje, bist du niedlich«, sagt sie und ascht auf den Boden. Dann
führt sie die Zigarette an die Lippen und nimmt einen tiefen Zug. »Du wirst ja
rot.«
    Deutlich amüsiert beobachtet sie mich eine Weile.
    »Nun hau schon ab«, sagt sie schließlich und bläst Rauch aus dem
Mundwinkel. »Na los, geh lieber, bevor ich dich noch mal rannehme.«
    Ich stolpere aus Barbaras Zelt und laufe direkt in August
hinein. Seine Miene ist finster wie die Nacht.
    »Wie geht es ihr?«, frage ich.
    »Wir warten noch auf den Arzt«, antwortet er. »Hast du den Elefanten
eingefangen?«
    »Sie ist wieder in der Menagerie«, sage ich.
    »Gut.« Damit reißt er mir den Elefantenhaken aus der Hand.
    »August, warte! Wo willst du hin?«
    »Ich werde ihr eine Lektion erteilen«, antwortet er, ohne stehen zu
bleiben.
    »Aber August!«, rufe ich ihm nach. »Warte! Sie war brav! Sie ist von
alleine zurückgekommen. Außerdem kannst du jetzt eh nichts machen. Die
Vorstellung läuft noch!«
    Er bleibt so abrupt stehen, dass seine Füße einen Moment lang in
einer Staubwolke verschwinden. Vollkommen reglos sieht er zu Boden.
    Schließlich sagt er: »Gut. Dann übertönt das Orchester den Lärm.«
    Entsetzt starre ich ihm mit offenem Mund nach.
    Ich lege mich im Pferdewagen auf meine Schlafmatte; der Gedanke
daran, was in der Menagerie gerade vor sich geht, widert mich maßlos an, und
noch mehr widert es mich an, dass ich nichts dagegen unternehme.
    Ein paar Minuten später kommen Walter und Queenie zurück. Er trägt
noch sein Kostüm, ein weißes, wallendes Gewand mit bunten Punkten, einen
dreieckigen Hut und eine Halskrause. Gerade wischt er sich

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