Wasser
künstlichen Seen, Flüssen, Wasserfällen und Stromschnellen sowie einen Strand, an dem fast zwei Meter hohe, ebenfalls künstliche Wellen Bewegung und Geräusch des Meeres initiieren. Sogar Surfer reiten über die Wogen, als befänden sie sich tatsächlich am offenen Meer.
Auch der nahe Nationalpark Pilanesberg ist um künstliche Seen und Wasserlöcher herum gebaut worden. Fast 6000 Tiere – Elefanten, Giraffen, Löwen, Nashörner und Büffel – wurden durch die sogenannte
Operation Genesis
, den bisher umfangreichsten Tiertransport in der Geschichte, dorthin gebracht.
Ich übernachte in einer nahe gelegenen Lodge, und als die Sonne aufgeht und ihre Strahlen auf eine scheinbar völlig gewöhnliche afrikanische Savannenlandschaft fallen, stehe ich mit anderen Touristen auf der Ladefläche eines Pick-ups, blicke auf eine Kulisse und glaube tatsächlich, dass ich auf Safari sei.
Obwohl die Landschaft und Sun City einem Bühnenbild ähneln, sind sie für die Wassersituation in Südafrika und den Großstädten der Welt durchaus von Interesse. Die Kitschmetropole demonstriert die Möglichkeiten von Geld und Technologie: Gehen diese Hand in Hand, kann die Wasserknappheit lokal überwunden werden.
Nur ein paar Autostunden von dieser Kunstwelt entfernt liegt Johannesburg, das Finanzzentrum Südafrikas, in dem sich die Wolkenkratzer wie zum Protest gegen die Elendsbilder, von denen westliche Medienberichte über das Land dominiert werden, in die Höhe recken. Im Center von Sandton City mit seinen 144 000 Quadratmetern Ladenfläche (angeblich das größte Einkaufszentrum auf der Südhalbkugel) verlaufe ich mich. Johannesburg ist eine jener Städte, welche die Theorien untergraben, nach denen sich Gesellschaften allmählich, Schritt für Schritt und in Einklang mit ihren Traditionen weiterentwickeln. Vor gut einhundert Jahren gab es hier noch gar nichts. Doch dann fand ein Mann namens George Harrison Gold, und seitdem ist keine Stadt schneller gewachsen als Johannesburg. In ihrem Einzugsgebiet leben heute acht Millionen Menschen.
Der Zufall will es, dass Johannesburg einen zentralen Platz im weltweiten Wasserdiskurs und in der globalen Wasserpolitik der Zukunft einnimmt – und das in dreifacher Hinsicht: Zunächst einmal ist es das Finanzzentrum jenes Landes, das 1996 als erstes der Welt den Zugang zu Wasser als Menschenrecht erklärte. Somit wirddie Entwicklung in Johannesburg Auswirkung auf die globale Diskussion über die rechtlichen Grundlagen der Wassernutzung sowie auf die Preisermittlung des Wassers haben. Zweitens war Johannesburg der Ort, an dem die führenden Politiker der Welt im Jahr 2002 zum ersten Mal darin übereinkamen, dass die Wasserfrage an die Spitze der politisch-ökonomischen Agenda gesetzt werden müsse. Die Stadt wird daher stets mit dem Kampf um das Erreichen der UN-Entwicklungsziele (Millenniumsziele) im Wassersektor verbunden sein. Und drittens ist Johannesburg die erste Hauptstadt, die von Trinkwasser lebt, das aus einem Nachbarland importiert wird. Auch dies weist voraus auf eine Zukunft, in der Trinkwasser zu einer Handelsware zwischen verschiedenen Ländern werden kann. Die Region Johannesburg ist trocken und wasserarm, und alle Szenarien über die Zukunft des dortigen Klimas sagen voraus, dass der Niederschlag dramatisch zurückgehen und sich die Wasserkrise daher weiter verschärfen wird.
Die Kombination dieser Faktoren hat Johannesburg in ein globales Symbol für den Kampf gegen die »Privatisierung des Wassers« verwandelt, ein Kampf, der in vielen Städten rund um die Welt begonnen hat – vom bolivianischen Cochabamba über Daressalaam in Tansania und Accra in Ghana bis nach Dhaka in Bangladesch. 32 Während die Staatenlenker 2002 über den genauen Wortlaut einer Erklärung zur Bedeutung des Wassers für die globale Entwicklung stritten, marschierten tausende Bewohner der Johannesburger Townships auf und riefen: »Wasser für die Dürstenden!« Die Demonstranten luden Journalisten und Fotografen in das Stadtviertel Alexandra ein, da sie von dort aus, inmitten von Wellblechhütten, die Wolkenkratzer und Versammlungsorte der Politiker sehen konnten – nur ein paar tausend Meter entfernt.
Die Forderung lautete: kostenloses Wasser. Die Demonstranten erklärten, dass der Rohstoff, auf den alle laut Verfassung ein Anrecht hätten, nicht bezahlt werden dürfe. Sie verlangten, dass die Behörden die Verteilung des Wassers nicht großen französischen Gesellschaften überlassen sollten,
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