Wassergeld
hat sofort im Präsidium angerufen und erklärt, dass der Todesfall mit unseren Ermittlungen zu tun hat und daher von uns bearbeitet wird. Das Beste dabei ist, die Leute vom Präsidium haben nicht einmal widersprochen. Wie KPD erfahren hat, haben die gestern Abend eine Weihnachtsparty veranstaltet, bei der es hoch hergegangen sein muss. Der halbe Bereitschaftsdienst scheint im Delirium zu liegen. Und die andere Hälfte war gestern helfend bei unserer Hubschraubergeschichte dabei und hat heute Freizeitausgleich.«
Ich war verwirrt. Ein Todesfall in Ludwigshafen und wir sollten dafür zuständig sein? »Langsam, Jutta, ich verstehe das nicht. Erkläre mir mal den Zusammenhang.«
»Ja, klar, aber mach dich dabei fertig, wir haben es eilig.«
Während ich meine Siebensachen zusammensuchte, präzisierte meine Kollegin: »Wir müssen zur Firma Rheingüter in den Kaiserwörthhafen, der Tote soll Schiffsführer eines Frachters gewesen sein.«
Das war in der Tat ein böser Zufall. »Kommen Gerhard und KPD auch zum Tatort?«
»Unser Chef doch nicht«, entgegnete sie entrüstet. »Sonntags hat der Besseres zu tun. Und bei Kollege Steinbeißer war ich gerade, leider ist er nicht zu Hause.«
»Oder er hat nicht aufgemacht«, setzte ich nach.
»Dafür hast du die Tür geöffnet.«
»Stefanie war’s.« Ich schaute in das nicht gerade wohlwollende Gesicht meiner Frau und wusste, dass ich besser die Klappe gehalten hätte. »So war es nicht gemeint«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Ich komme so schnell es geht zurück.«
Sie nickte. »Gegen 20 Uhr fahre ich mit den Kindern heim nach Ludwigshafen. Falls es bei dir ausnahmsweise etwas später werden sollte.«
»Paul und Melanie haben nur noch bis Mittwoch Schule. Ihr kommt doch über die Ferien wie ausgemacht nach Schifferstadt, oder?«
»Jetzt krieg nicht gleich wieder Panik, Reiner. Kümmere du dich um deinen Toten. Selbstverständlich werden wir über die Ferien bei dir wohnen, Paul redet seit Wochen davon, dass du mit ihm im Wald einen Weihnachtsbaum fällen wirst. Das hättest du ihm versprochen.«
Verlegen räusperte ich mich. »Das geht klar, ich werde vorher mit dem Förster telefonieren.«
Mit einem Kuss verabschiedete ich mich von ihr und stieg zu der bereits im Auto sitzenden Jutta.
»Wann hast du das letzte Mal deinen Dienstwagen eingesetzt?«, fragte ich sie. »Ich meine, außer von zu Hause ins Büro zu fahren und wieder zurück.«
»Nerv nicht, Reiner. Außerdem stinkst du auffällig nach Bier. Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob ich dich überhaupt mitnehmen soll.«
7. Walburga
Der Kaiserwörthhafen lag im Stadtteil Mundenheim, nicht weit von der Parkinsel und dem Luitpoldhafen entfernt. Über den Kaiserwörthdamm, so hieß an dieser Stelle die vierspurig ausgebaute B 44, gelangten wir über die Shellstraße und die Inselstraße zur Firma Rheingüter. In dem Hafengebiet tummelten sich zahlreiche mittelständische Unternehmen, die allesamt irgendetwas mit dem Transport von Gefahrgütern auf dem Rhein zu tun hatten. Das Unternehmen Rheingüter bestand aus einem nicht allzu großen, komplett eingezäunten Gelände, auf dem ein einstöckiges Bürogebäude und eine Halle standen. Auf der Wasserseite des Betriebsgeländes ankerte ein Frachter. Das Eingangstor stand weit offen und wir parkten in der Nähe des Bürogebäudes. Nachdem wir ausgestiegen waren, konnten wir vor der Halle ein paar Spurensicherer und andere Einsatzkräfte bei der Arbeit erkennen. Ein spindeldürrer Mann kam uns entgegen. Sein schlaksiger Körper verbog sich bei jedem Schritt in alle möglichen Richtungen, so, als besäße er keine Knochen. Dazu kam, dass er seinen linken Fuß nachzog. Das schlangenmenschliche Wesen schien gut 50 Jahre alt zu sein.
Er lief auf uns zu, sein Arme ruderten wie Fahnen bei Windstärke zwölf. »Hallo, Sie müssen Frau Wagner und Herr Palzki sein. Herr Diefenbach hat Sie telefonisch angekündigt und sich entschuldigt. Leider hätte er zurzeit keine besseren Mitarbeiter.«
Jutta und ich waren von den Socken. »Was hat KPD – äh, Herr Diefenbach gesagt?«
»Ja gut, so direkt hat sich Ihr Vorgesetzter nicht ausgedrückt. Er hat es mehr umschrieben. Übrigens, mein Name ist Norbert Linde. Ich bin der Geschäftsführer der Rheingüter GmbH. Lassen Sie uns doch auf einen Sprung in mein Büro gehen.«
Er drehte sich um und torkelte ins Gebäude. Das Büro und das Inventar hatten schon bessere Zeiten gesehen. Die Raufasertapeten waren vergilbt und
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