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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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ändern. Ich werde nicht versuchen, dir einzureden, daß sich etwas ändern werde. Nichts wird sich ändern. Wenn überhaupt, wird dies alles nur noch schlimmer werden.«
    »Weißt du etwas davon, was geschehen wird?«
    Garrett schüttelte den Kopf. »Nein. Du wirst es wahrscheinlich nicht verstehen, aber ich würde dies jetzt nicht beenden, selbst wenn ich könnte. Nicht so, wie du denkst. Ich … ich fühle mich verantwortlich. Verantwortlich für Leben. Sie sterben durch mein Versagen.«
    Janet schloß die Augen und schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht mehr darüber diskutieren.
    »Gut«, sagte Garrett, »lassen wir das beiseite. Aber es gibt etwas, das ich sagen muß. Etwas, das du mir versprechen mußt.«
    Janet öffnete die Augen und sah ihn an. »Sprich weiter!«
    »Sollte mir etwas zustoßen, und ich ende in einer Intensivstation oder dergleichen, nun, ich weiß, daß wir früher schon darüber gesprochen haben, und wir beide waren der Meinung, daß wir längerfristig nicht durch Maschinen künstlich am Leben erhalten werden wollten. Daß, sollte einer von uns in diese Lage kommen, der oder die andere Sorge tragen sollte, daß die Ärzte auf eine künstliche Lebensverlängerung verzichten.«
    »Was wird geschehen, Garrett?«
    »Ich sagte dir, ich weiß es nicht. Doch sollte etwas geschehen, möchte ich, daß du mir entgegen unserer bisher gültigen Abmachung versprichst, nicht für einen Abbruch der lebensverlängernden Maßnahmen einzutreten. Ich möchte in solch einem Fall am Leben erhalten werden. Ich muß am Leben bleiben.«
    »Sag mir, Garrett, was geschehen wird!«
    »Versprich es mir, Janet!«
    »Garrett …«
    »Janet!«
    Sie verstummten. Nach langer Pause nickte Janet ihm zu. Ja, sagte sie stumm. Ich verspreche es.
    Nach erhaltenem Versprechen stand Garrett auf und ging ins Schlafzimmer. Janet saß und starrte ins Feuer, leer und ausgelaugt, endlich in der Gewißheit, daß sie ihn schließlich doch verloren hatte.
     
    Er hat es erreicht.
    Beinahe.
    Hohe weiße Wolken ziehen über den Himmel, und die Lebewesen wanken aus ihren Hütten, um zu den Wolken hinaufzustarren. Sie geraten in Erregung, laufen hinunter ins Flußbett, stehen in dessen Mitte und blicken stromaufwärts, als erwarteten sie das Erscheinen vom Wasser.
    Der Schwarzbraune hält sich abseits, späht zum Himmel auf. Es gibt keinen Regen, keine Andeutung von Feuchtigkeit; das ist Garrett noch nicht gelungen, und die einsame Gestalt unter ihm scheint das zu begreifen.
    Bald, denkt Garrett. Ich verspreche es.
    Es ist beinahe so, als ob der Schwarzbraune ihn höre und seinen Worten nicht glaube, denn wieder wendet er den Kopf zur Seite und spuckt heftig aus, bevor er Himmel und Hölle den Rücken kehrt und in einer der Hütten verschwindet.
     
    Die Kontakte hörten auf.
    Garrett geriet in eine stille, mühsam unterdrückte Panik. Er hatte Herrschaft über seinen Schlaf gewonnen, mit jedem Tag mehr, so daß er fähig war, willentlich in den Traumzustand einzutreten, der ihn zu seiner Welt brachte, und ihn in gleicher Weise zu verlassen. Er gewann sogar Herrschaft über die Welt selbst, jedenfalls ausreichend, um Wolken zu erschaffen, und bald würde er Regen bringen, dessen war er gewiß. Aber jetzt …
    Er hatte geplant, sich durch Willenskraft in einen permanenten komaähnlichen Zustand zu versetzen, um in ständiger Verbindung mit seiner Welt zu bleiben. Dann könnte er ganz ihr Gott werden und sie retten. Aber wenn er dies nicht bewerkstelligte, konnte er ihnen den Regen nicht bringen, und sie würden sterben. Er mußte etwas tun, und es mußte bald sein.
    Aber was war geschehen? Was hatte versagt?
    Es gab keine Antworten.
     
    Wieder war Janet drauf und dran, auszuziehen.
    Garretts Träume hatten aufgehört, und ein paar Tage lang glaubte sie, alles würde sich normalisieren, doch statt dessen verschlimmerte sich die Situation. Nun fiel es Garrett schwer, auch nur für eine Stunde einzuschlafen. Er begann stärker zu trinken, und während der Alkohol ihn oft einschläferte, brachte der Schlaf nicht die gewünschten Träume. Das ihm verschriebene Seconal war nicht besser. So verbrachte er die meisten Tage halb betrunken, versuchte zu schlafen, oder er versuchte, sich durch Joggen zu ermüden. Nichts half.
    Aber Janet blieb. Sie blieb und hielt den Haushalt beisammen, kochte und sorgte dafür, daß er aß und legte die Arme um ihn, wenn er in Tränen der Frustration ausbrach und von den Todesfällen murmelte, die er verursache. Janet

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