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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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antwortete: »Steht morgen, am letzten Tag, auf unserem Programm, bevor wir zurück nach Alice Springs fahren.«
    »Ihr fahrt dorthin, obwohl es geregnet hat?«
    Ich glaubte so etwas wie Entsetzen in seinem Gesicht zu sehen, aber es war nur ein kurzer, flüchtiger Eindruck, der zudem noch durch die Bierdose, die sich vor sein Gesicht schob, verdeckt wurde.
    »Hör mir auf, mit dem Regen«, entgegnete ich, wischte mir den Schaum von der Oberlippe ab, sowie Reste des Biers, das über meinen Bart gelaufen war, und versuchte abgeklärt wie ein Outbacker zu wirken. »Dieser Regen hat uns schon genug gekostet. Überall wo wir hinwollten, sind wir nicht hingekommen oder mußten riesige Umwege fahren, weil Brücken in eurem Wortschatz nicht vorkommen, geschweige denn in natura.«
    »Brauchen auch keine. Hier regnet es nie.«
    »Und was war das, was vor einer Woche runtergekommen ist, Schnee?«
    »Vielleicht wäre das besser gewesen«, murmelte Bill vor sich hin.
    »Es ist schon schlimm genug, daß ausgerechnet, wenn ich hier unten bin, mehr Regen herunterkommen muß als in den letzten hundert Jahren zusammen, aber was hat das mit dem Palm Valley zu tun, ist es unpassierbar?«
    »Nein, nein«, winkte Bill ab, »viel schlimmer.«
    Ich schaute ihn fragend an, doch er war schon wieder mit seinem VB beschäftigt.
    Vom Billardtisch her wurde irgend etwas gerufen, und Bill stand sofort auf. Erst als er sich schon zu dem am Tisch verbliebenen Paar gesellt hatte, begriff ich, daß er mich aufgefordert hatte, ihm zu folgen. Ich nahm meine Bierdose und ging hinüber.
    »Wir beide gegen die beiden. Sieger bleibt am Tisch.«
    Damit glaubte er wohl, alle nötigen Erklärungen gegeben zu haben. Ich hatte schon seit Jahren kein Pool mehr gespielt, aber es sah nicht so aus, als ob ich die Partie ablehnen könnte, und um mir keine Blöße zu geben, fragte ich gleichgültig: »Wer beginnt?«
    »Wir.« Bill nahm die weiße Kugel, legte sie auf den Punkt, ließ sein Queue ein paar Mal prüfend durch die auf den Tisch gelegte Hand gleiten und stieß dann zu. Er traf das Dreieck aus vollfarbenen und halbfarbenen Kugeln, in deren Mitte sich die verhängnisvolle Schwarze befand, sicher und fest, so daß sich ein Teppich aus bunten Punkten über dem grünen Tuch ausbreitete. Ich hörte das dumpfe Knallen, mit dem eine der halbfarbenen Kugeln in einer Ecktasche verschwand. Seine erste Aufnahme ließ vier unserer sieben Kugeln verschwinden, bis er einen Schuß nicht in die Tasche brachte, aber nur knapp daneben ging. Während einer der beiden anderen seine erste Aufnahme spielte, beglückwünschte ich Bill zu seinem Spiel. »Wirklich gut«, sagte ich, »aber du wirst alleine gewinnen müssen. Ich habe schon seit Jahren nicht gespielt und werde dir keine große Hilfe sein.«
    »Mach dir darüber mal keine Sorgen.«
    Doch als ich den anderen beobachtete, wie er mit eleganten Vorbandschüssen eine um die andere der vollfarbenen Kugeln in die Taschen versenkte, bekam ich mehr als nur leise Zweifel. Schließlich scheiterte er an der sechsten Kugel, die trotz eines komplizierten Dreibandschusses nur knapp neben der linken Seitentasche liegen blieb. Nun war ich an der Reihe.
    »Welche soll ich nehmen?« fragte ich Bill, denn von unseren verbleibenden drei Kugeln lag keine so, daß ich mir zugetraut hätte sie zu versenken.
    »Nimm die Dreizehn«, empfahl mir Bill.
    »Und wohin?« bemerkte ich zweifelnd, denn die Dreizehn lag mitten auf dem Tisch, eine der ungünstigsten Positionen für einen sicheren Schuß.
    »Nimm die Ecktasche hinten links, aber nicht zu fest.«
    Unsere beiden Gegner standen neben dem Tisch, leerten ihre Bierdosen und beobachteten teilnahmslos, wie ich versuchte, mich so professionell wie möglich über den Tisch zu beugen. Am Queue entlangpeilend bemühte ich mich, die weiße Kugel und die Dreizehn sowie die von Bill empfohlene Ecktasche in eine Linie zu bringen. Je schärfer ich visierte, um so unklarer wurde das Bild. Mein auf der Tischkante abgeknickter Bauch protestierte ob des Biers, was ich im Verlaufe dieser Nacht schon in mich hineingeschüttet hatte, und die Kugeln wurden zu einer verschwommenen Masse, durch die das Queue hindurchgehen mußte wie durch Pudding. Ich richtete mich wieder auf und schüttelte den Kopf, teils um klar zu werden, teils um Bill anzudeuten, daß ich den Stoß für undurchführbar hielt. Weder er noch die beiden anderen reagierten auf meine, in ihren Augen bestimmt überflüssig erscheinende Verzögerung

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