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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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in die Ecke getrieben.
    Irgendwann gaben die drei den Versuch auf, mir zu versichern, dass ich so schlimm nicht sein könnte, und gingen. Die Nacht war entsetzlich. So schlimm wie die ersten Tage, nachdem mich James verlassen hatte. Ich fand keinen Schlaf, lag flach auf dem Rücken und starrte in die Dunkelheit. Fragen schossen mir durch den Kopf.
    All das hatte mich schrecklich durcheinandergebracht. Ich hatte nie gewusst, dass ich so selbstsüchtig und unreif war. Niemand hatte sich je darüber beklagt. Gewiss, ich war lebhaft und manchmal wohl auch ein bisschen laut und temperamentvoll. Aber ich war allen Ernstes überzeugt, dass ich auf die Gefühle anderer Menschen Rücksicht nahm.
    Mir kam der Gedanke, dass James unter Umständen meine negativen Seiten ein wenig übertrieben dargestellt und sich das eine oder andere vielleicht sogar aus den Fingern gesogen hatte. Ich wies den Gedanken sofort zurück. DieserVersuch, der Verantwortung auszuweichen, war wieder einmal typisch für mich. Warum hätte James so etwas sagen sollen, wenn es nicht der Wahrheit entsprach? Er hatte es selbst gesagt – und seine Worte gingen mir nicht aus dem Kopf. »Wenn es so wunderschön war, wie du sagst – warum hätte ich dann gehen sollen?«
    Ich konnte es nicht ausstehen, unrecht zu haben. Es fiel mir wirklich ungeheuer schwer einfach zuzugeben, dass ich nicht recht hatte. Ich kam mir ertappt vor, bloßgestellt und so ungerecht behandelt, dass es wehtat. Ich war so selbstgefällig gewesen. Ich hatte geglaubt, das Recht sei auf meiner Seite. Es war demütigend einzusehen, dass es das nicht war.
    Schon als kleines Mädchen in der Schule hatte ich Schwierigkeiten gehabt, wenn ich meine Rechtschreibübungen nicht richtig gemacht hatte, mit gesenktem Kopf zu schlucken und zur Lehrerin zu sagen: »Sie haben recht, und ich hab unrecht.«
    Na ja, Übung macht den Meister.
    Endlich schlief ich ein.

30
    A m nächsten Morgen weckte mich mein Vater damit, dass er mir einen riesigen gelben Umschlag unter die Nase hielt. »Hier«, sagte er schlechtgelaunt. »Für dich. Ich muss zur Arbeit und bin schon spät dran.«
    »Danke, Dad«, sagte ich schläfrig und schob mir die Haare aus dem Gesicht, während ich mich aus dem Bett quälte.
    Ich sah auf den Brief. Er war in London abgestempelt. Es überlief mich kalt, als mir klar wurde, dass es die Besitzurkunde für die Wohnung und alle anderen Dokumente waren, die James hatte schicken lassen.
    Ich spielte mit dem Gedanken, den Vatikan anzurufen, um ihm ein Wunder zu melden. Sicher war noch nie zuvor etwas so schnell von London nach Dublin gelangt.
    Dann dachte ich, ich sollte stattdessen James anrufen. Das dürfte wohl am besten sein. Andererseits würde man mich im Vatikan vermutlich besser behandeln.
    Ich fand die Nummer seiner Pension im Telefonbuch. Eine Frau nahm ab. Ich verlangte James. Sie sagte mir, ich solle dranbleiben, während sie ihn holte. Während ich wartete, hörte ich im Hintergrund Geräusche, die wie Maschinengewehrfeuer klangen. Gut, vielleicht war es nur die Waschmaschine, aber wer die Pension kannte und die Straße, in der sie lag, hätte eher sein Geld darauf gewettet, dass es doch Maschinengewehrfeuer war.
    »Hallo«, sagte James. Es klang tüchtig und energisch.
    »Ich bin’s«, sagte ich.
    »Ich wollte dich gerade anrufen, Claire«, sagte er und versuchte, einen freundlichen Klang in seine Stimme zu legen.
    »Tatsächlich?«, fragte ich höflich und überlegte, was der Grund dafür sein mochte. War ihm noch etwas Widerwärtiges eingefallen, was ich ihm angetan hatte? Hatte er bei seiner Kritik an meinem Verhalten in der Öffentlichkeit einen wichtigen Punkt ausgelassen, den er mir am Vorabend noch hatte mitteilen wollen? Sachte, sachte, mahnte ich mich. Sei selbstlos und erwachsen.
    »Sollte man es für möglich halten?«, fragte er ungläubig. »Nirgendwo in dieser Stadt kriegt man vor neun Uhr morgens eine Zeitung. Seit dem Aufstehen versuche ich, eine Financial Times aufzutreiben – es ist aussichtslos.«
    »Na so was«, sagte ich. Ärger stieg in mir auf, doch versuchte ich, ihn zu verbergen. Ich durfte nicht vergessen, dass die Financial Times für mich nicht wichtig war, wohl aber für einen anderen Menschen, nämlich James – und ich als selbstloser, mitfühlender und fürsorglicher erwachsener Mensch Anteil nehmen musste .
    »Wolltest du mich anrufen, um mir das zu sagen?«, fragte ich einfach.
    »Aber nein, natürlich nicht. Was war es noch? Ach ja«, sagte

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