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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Es ging auch darum, welches Gefühl du mir vermittelt hast.«
    »Was meinst du damit?«, fragte ich, auf eine neue Salve von Vorwürfen gefasst. Vorwürfe, die ich nicht hören wollte, mir aber würde anhören müssen, wenn ich verstehen wollte, warum er mich im Stich gelassen hatte.
    »Gib ruhig zu, dass es immer um dich gegangen ist – oder stimmt das etwa nicht?«, sagte er.
    »Wieso?«, fragte ich verwirrt.
    »Wenn ich nach einem harten Tag von der Arbeit nach Hause kam, warst du nicht bereit, mit mir darüber zu sprechen. Immer hast du davon geredet, wie es bei dir war, mir Geschichten erzählt und erwartet, dass ich darüber lachte.«
    »Aber ich hab dich doch ermutigt«, protestierte ich. »Und du hast immer gesagt, es sei zu langweilig, über das zu reden, was dir passiert war. Ich hab dir nur deshalb lustige Geschichten erzählt, weil ich wusste, dass du einen schrecklichen Tag hinter dir hattest und weil ich dich aufmuntern wollte.«
    »Versuch nicht, dich zu rechtfertigen«, sagte er mit Nachdruck. »Es war deutlich erkennbar, dass du nie etwas Unangenehmes hören wolltest. Du wolltest nur Spaß. Unangenehme Dinge haben dich nie interessiert.«
    »James«, begann ich mit kläglicher Stimme.
    Was konnte ich ihm sagen? Er schien sich alles so gut überlegt zu haben.
    Ich schwöre Ihnen, all das war mir völlig neu. Ich hatte nie vermutet, dass er die Dinge so sehen könnte. Ich hatte keine Ahnung, dass ich mich so unerträglich aufgeführt hatte.
    Lag James womöglich daran, sich bei diesem beklagenswerten Fiasko von aller Schuld reinzuwaschen? Wollte er mich vielleicht irgendwie manipulieren?
    Ich musste dahinterkommen.
    »James«, sagte ich leise. »Entschuldige, wenn ich das frage, aber könnte es sein, dass du mir die Schuld für dein Verhalten in die Schuhe zu schieben versuchst und mich als schuldig hinstellen willst?«
    »Großer Gott«, schnaubte er. »Das ist genau die Art kindischer und ichbezogener Antwort, wie sie von dir zu erwarten war.«
    »Tut mir leid«, flüsterte ich. »Ich hätte wohl nicht fragen sollen.«
    Wieder trat Schweigen ein.
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«, platzte es aus mir heraus. »Wir waren einander so nahe. Es war so wunderschön.«
    »Wir waren einander nicht nahe, und es war nicht wunderschön«, sagte er barsch.
    »Doch«, begehrte ich auf.
    Jetzt hat er mir genug genommen, dachte ich. Meine Erinnerungen wird er mir nicht nehmen .
    »Wenn es so wunderschön war, wie du sagst – warum hätte ich dann gehen sollen?«, fragte er ruhig. Was konnte ich darauf sagen? Er hatte ja recht.
    Aber Augenblick mal. Er war schon wieder dabei, mir Vorwürfe zu machen. Nichts konnte seinen Groll bremsen.
    »Claire, du warst ganz und gar unmöglich. So vieles musste ich von dir fernhalten, so viele Sorgen allein tragen, weil ich das Gefühl hatte, man dürfte dich nicht damit belasten.«
    »Warum hast du es nicht probiert?«, fragte ich traurig.
    Er machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten, sondern fuhr fort: »Du hast mich immer ganz schön auf Trab gehalten. Wenn ich erschöpft von der Arbeit nach Hause kam, erfuhr ich, dass du, einer Augenblickslaune folgend, beschlossen hattest, eine Abendgesellschaft für acht Personen zu geben. Dann musste ich wie ein Blöder rumrennen, Bier besorgen, Weinflaschen aufmachen und Sahne schlagen.«
    »James, das ist nur ein einziges Mal vorgekommen. Außerdem waren es nicht acht Leute, sondern sechs. Die Gesellschaft habe ich gegeben, weil deine Freunde aus Aberdeen zu Besuch gekommen waren. Es sollte eine Überraschung für dich sein. Die Sahne habe übrigens ich geschlagen.«
    »Wir brauchen jetzt nicht ins Detail zu gehen«, sagte er gereizt. »Ich bin sicher, dass du versuchen kannst, alles zu rechtfertigen, was ich sage, aber im Unrecht warst du trotzdem.«
    Ich kann in der Tat versuchen, das zu rechtfertigen, weil ich überzeugt bin, das Richtige getan zu haben, dachte ich verwirrt, schwieg aber.
    »Ich dachte, meine Spontaneität hätte dir gefallen«, sagte ich ängstlich. »Hast du mich nicht sogar darin bestätigt?«
    »Es ist typisch, dass du das so siehst«, sagte er spöttisch. »Vermutlich willst du es so sehen«, fügte er etwas freundlicher hinzu.
    Ein lächelnder Kellner näherte sich munter unserem Tisch, bremste aber und bog scharf im rechten Winkel zu einem anderen Tisch ab, als er James’ finsteren Blick sah.
    »Du hast also geglaubt, mir beim Erwachsenwerden zu helfen, und dachtest, der Schock würde

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