Wassermelone: Roman (German Edition)
nach London buchen?«, fragte er in mein verärgertes Schweigen hinein.
»Ach, James, ich weiß nicht. Ich brauch ein paar Tage, um alles auf die Reihe zu kriegen«, sagte ich. Die Vorstellung, abreisen zu müssen, jagte mir Entsetzen ein.
»Claire, ich kann nicht noch ein paar Tage warten«, sagte er gereizt. »Ich hab gerade jetzt sehr viel zu tun.«
»Da hast du doch eigentlich Glück gehabt, dass ich mich schon nach zwei Tagen bereit erklärt habe, mit zurückzukommen«, sagte ich verbittert. »Wenn ich mich nun gewehrt hätte und es eine ganze Woche gedauert hätte, mich zu überzeugen?«
»So zu denken führt zu nichts«, sagte er glatt. »Ich hab dich überzeugt. Das ist das Entscheidende.« Er schwieg. Nach einer Weile fragte er, offenbar um sich zu vergewissern: »Ich habe dich doch überzeugt?« Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, wäre ich versucht gewesen zu sagen, dass seine Worte unsicher klangen.
»Ja, James«, sagte ich mit trübseliger Stimme. »Das hast du.«
»Alles wird gut«, sagte er. »Du wirst sehen.«
»Ja«, sagte ich. Ich war alles andere als sicher, hatte aber weder Lust noch die Kraft, das zu sagen.
»Du kannst doch ohne Weiteres gleich nach London fliegen«, sagte ich. »Ich komm dann Anfang nächster Woche mit Kate nach.«
»Warum muss das eine ganze Woche dauern?« Er klang ärgerlich.
»Na ja … ich hab dies und jenes zu erledigen«, sagte ich unsicher, »und ich muss mich von verschiedenen Leuten verabschieden.«
»Es wäre mir lieber, wenn ihr früher kommen würdet«, sagte er streng.
»Tut mir leid, James, aber ich brauche die Zeit wirklich, um mich an die veränderte Lage zu gewöhnen«, sagte ich matt.
»Na ja, von mir aus – solange du es dir nicht anders überlegst«, sagte er mit einem Lachen, das erzwungen klang.
»Bestimmt nicht«, sagte ich müde. Mir war bewusst, dass ich dazu gar keine Möglichkeit hatte. »Bestimmt nicht.«
»Gut«, sagte er. »Vielleicht sollte ich aber wirklich gleich zurückfliegen. Wenn ich auf schnellstem Wege zum Flughafen fahre, krieg ich noch eine Maschine. Hoffentlich erstatten die mir hier im Hotel die Übernachtung.«
»Wie schade, dass ich mich nicht früher entschieden habe«, sagte ich. »Wahrscheinlich ist es jetzt zu spät, dein Geld zurückzubekommen.«
»So ist das nun mal«, sagte er leichthin. Was für ein Arschloch! Ich hatte das ganz und gar sarkastisch gemeint!
»Ich ruf dich aus London an, sobald ich zurück bin«, versprach er.
»Tu das«, sagte ich ruhig.
»Grüß mir Kate«, sagte er.
»Wird gemacht.«
»Und auf bald.«
»Ja, auf bald.«
31
U nd wann gehst du nach London zurück?«, fragte meine Mutter.
»Was denn, du gehst nach London zurück?«, kreischte Helen.
»Ja«, murmelte ich im Bewusstsein dessen, wie erbärmlich ich ihr vorkommen musste.
»Du bist ja nicht ganz dicht!«, rief sie aus.
»Aber Helen, du verstehst nicht …« Ich bemühte mich, es ihr zu erklären. »Es war nicht seine Schuld. Er hatte es wirklich schwer mit mir. Ich hab Ansprüche gestellt und war kindisch, und damit ist er nicht fertiggeworden. Also hat er sich aus reiner Verzweiflung einer anderen an den Hals geworfen.«
»Und das nimmst du ihm ab?«, fragte sie höhnisch und grinste angewidert. »Du bist ja beknackt. Schlimm genug, dass er eine andere gebumst hat, aber dass er die Schuld jetzt auch noch auf dich schiebt, ist total daneben. Hast du eigentlich keine Selbstachtung?«
»Es geht um mehr als Selbstachtung«, beharrte ich im verzweifelten Versuch, Helen zu überzeugen. Wenn mir das gelang, konnte ich vielleicht sogar mich überzeugen. »Er ist der Vater meines Kindes. Und wir waren glücklich miteinander. Sehr glücklich.« (Das war die reine Wahrheit.) »Wenn wir uns Mühe geben, können wir es wieder sein.«
»Und wieso siehst du dann so elend aus?«, wollte sie wissen. »Müsstest du nicht vor Freude strahlen? Der Mann, den du liebst, nimmt dich wieder in Gnaden auf. Obwohl er dir untreu war.«
»Helen, das reicht«, verwies ihr Mum den Sarkasmus. »Du kannst das nicht beurteilen. Du warst noch nicht verheiratet und hast auch kein Kind.«
»Das will ich auch ganz bestimmt nicht, wenn man dabei so verblödet wie die da«, schnaubte sie und sah mich verächtlich an.
Mit den Worten: »Du bist total bekloppt! «, stapfte sie aus dem Zimmer. Danach herrschte eine Weile Schweigen.
»Ganz unrecht hat sie nicht«, sagte meine Mutter schließlich.
»Was willst du damit sagen?«, fragte ich
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