Wassermelone: Roman (German Edition)
teilnahmslos.
»Na ja, du wirkst nicht gerade … fröhlich. Du willst es dir doch nicht anders überlegen, was?«
»Nein«, seufzte ich. »Ich bin es uns allen schuldig, es noch mal zu probieren. Aber es kommt mir alles falsch vor, so, als würde ich manipuliert. Ich fühle mich irgendwie von ihm überrumpelt. Als wollte er die Sache unbedingt durchpeitschen. Es kommt mir vor, als müsste ich dankbar sein, ihn zurückzukriegen. Ja, das ist es – als müsste ich dankbar sein!«
»Aber bist du das denn nicht? Immerhin hast du die Möglichkeit, noch mal neu anzufangen. Nicht jede Frau hat das«, sagte meine Mutter.
»So meine ich das nicht«, sagte ich. Ich wollte unbedingt, dass sie verstand, damit ich es selbst verstand. »Er gibt mir das Gefühl, als müsste ich froh sein, weil ich seine Großzügigkeit eigentlich nicht verdiene. Als wäre er nett zu mir, ohne dazu verpflichtet zu sein. Als täte er es aus lauter Herzensgüte, weil er eben ein guter Mensch ist. Etwa so in der Art. Ich weiß nicht. Es kommt mir unaufrichtig vor.«
»Aber er ist doch gut zu dir«, sagte sie und hielt sich an dem Einzigen fest, was ihr wichtig war.
»Ja, aber …«
»Aber was?
»Aber … aber … sicher, er ist gut zu mir, aber so wie bei einem ungezogenen Kind, dem man verzeiht, wenn es was ausgefressen hat. Ich mag ja vieles sein, aber ein ungezogenes Kind bin ich nicht.«
»Wahrscheinlich bildest du dir das alles nur ein«, sagte sie, im Versuch, mir zu helfen.
»Danke, Mum!«
»Es kann für ihn nicht einfach gewesen sein zurückzukommen, klein beizugeben und einzugestehen, dass er im Unrecht war.«
»Aber das ist es ja gerade. Er hat nicht klein beigegeben. Er hat kaum zugegeben, dass er im Unrecht war.«
»Claire, wahrscheinlich erwartest du zu viel. Du darfst nicht erwarten, dass er dir tränenüberströmt den Inhalt eines ganzen Blumenladens vor die Füße legt und dich auf Knien anfleht, ihn zurückzunehmen«, sagte sie.
»Hübsch gewesen wäre es ja«, gab ich zu.
»Wichtiger als Blumen ist Liebe«, sagte sie.
»Sicher«, gab ich ihr niedergeschlagen recht. »Aber ich hab das Gefühl, dass er mich in eine Falle gelockt hat«, platzte ich schließlich heraus, als ich endlich begriff, was ich empfand. »Ich muss unentwegt vollkommen sein, denn sonst lässt er mich wieder sitzen. Ich kann kein Wort gegen ihn sagen, weil das der Beweis dafür wäre, dass ich nur an mich denke. Ich hab das Gefühl, ich muss ihm schrecklich dankbar sein, dass er mich wieder aufnimmt, und ich darf nie wieder wagen, mich über irgendwas zu beklagen. Er aber kann sich aufführen, wie er will, und ich muss den Mund halten.«
»Du brauchst dir nun wirklich keine weiteren Eskapaden von ihm gefallen zu lassen«, polterte meine Mutter. »Beim kleinsten Hinweis darauf, dass eine andere Frau im Spiel ist, kommst du sofort wieder nach Hause.«
»Danke, Mum.«
»Aber inzwischen sei froh, dass du einen neuen Anfang machen kannst. Gib dir Mühe. Tu dein Bestes. Ich wette, dass du angenehm überrascht sein wirst.«
»Ich will’s versuchen«, versprach ich. Was hatte ich denn noch zu verlieren?
»Eins noch«, sagte sie ein wenig unbehaglich.
»Ja?«
»Ich weiß nicht, ob ich es dir sagen soll.«
»Sag schon!«, verlangte ich.
»Adam hat angerufen«, sagte sie betreten. »Er wollte dich sprechen.«
Adam! Mein Herz sank. Es kann auch mein Magen gewesen sein. Auf jeden Fall ist irgend etwas gesunken .
»Wann hat er angerufen?«, fragte ich atemlos, aufgeregt und glücklich. Mir schwamm der Kopf. Genau die Gefühle, die James in mir hätte wachrufen sollen.
»Ein paarmal«, gab sie äußerst betreten zu. »Gestern morgen, gestern nachmittag, als du geschlafen hast. Und gestern abend, als du aus warst.«
»Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Ich war nicht der Ansicht, dass es richtig wäre, dich abzuhalten, während du deine Angelegenheiten mit James regelst«, sagte sie kleinlaut.
»Das zu beurteilen hättest du mir überlassen sollen«, sagte ich ärgerlich. »Du hast ihm doch gestern abend nicht etwa gesagt, wo ich war?«
»Doch«, antwortete sie trotzig. »Ich hab ihm gesagt, dass du mit deinem Mann aus warst. Warum nicht? Es war doch die Wahrheit, oder?«
»Ja, aber …« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Es spielte ja auch keine Rolle mehr. Ich würde nach London zurückkehren. Zu James. Mit Adam war Schluss.
Aber ich musste ihn sehen, mich von ihm verabschieden. Ich musste ihm danken, dass er so gut zu mir gewesen
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