Wassermelone: Roman (German Edition)
Ohren kämen.« Wortlos saß er mit verschränkten Armen auf dem Sofa und sah mich trotzig an.
Gott im Himmel! Es war wie Zähneziehen. Aber ich war bereit, es noch einmal zu probieren. Ganz gleich, was geschah, ich würde ruhig sein und mich bemühen, ihn nicht umzubringen. Ich würde versuchen, nicht aus der Haut zu fahren. Ich würde mich zusammennehmen und ihn nicht verletzen, wie ich es eigentlich gewollt hatte. Noch einmal würde ich meinen Stolz hinunterschlucken und ihm klarmachen, dass ich bereit war, seinen Seitensprung zu verzeihen. Das fiel mir nicht leicht, kann ich Ihnen sagen. Schon gar nicht, wo ich gleichzeitig versuchte, mich gegen ihn zu behaupten und mich nicht vollständig von ihm einschüchtern zu lassen.
Ich bemühte mich, daran zu denken, dass es nur einen schmalen Grat zwischen extremen Positionen gab. Entweder verstand ich ihn: Das konnte dazu führen, dass ich ihm als Fußabstreifer diente, oder ich behauptete mich gegen ihn: Dann war es möglich, dass ich zur wild gewordenen Rächerin wurde.
»Wir müssen uns wirklich Mühe geben, die Sache ins Reine zu bringen«, sagte ich. Dabei gelang es mir wunderbarerweise, gelassen zu klingen. »Willst du meine Fragen bitte einfach mit ›Ja‹ oder ›Nein‹ beantworten?«
»Was für Fragen?«, gab er misstrauisch zurück.
»Zum Beispiel, ob es der Wahrheit entspricht, dass es meine Schuld war, dass du mich verlassen hast?«
»Willst du hier etwa ein Verhör mit mir anstellen?«, fragte er empört. »Das hat mir noch gefehlt! Wofür hältst du dich eigentlich? Du willst mich wohl als eine Art Verbrecher hinstellen!«
»Nein«, sagte ich, vor Verzweiflung den Tränen nahe. »Wirklich nicht. Ich möchte einfach, dass du mit mir sprichst, mir sagst, was du wirklich empfindest, was tatsächlich los ist. Ich möchte, dass du ehrlich zu mir bist. Sonst gibt es für uns keine Zukunft.«
»Ich verstehe«, giftete er mich an. »Du möchtest also Dinge von mir hören wie ›Du bist ein großartiger Mensch, und ich weiß nicht, wie ich dir untreu sein konnte‹. Ist es das?«
Ja, dachte ich.
»Nein«, sagte ich matt. »Sondern lediglich …«
»Ich soll wohl ganz allein die Schuld auf mich nehmen, was?«, sagte er mit erhobener Stimme. »Ich soll der Böse sein, ›der Mann, den du und all deine Freunde mit Begeisterung hassen‹. Ist das der Dank für alles, was ich für dich getan habe?«, schloss er brüllend, sein Gesicht dicht an meinem.
»Aber du bist der Böse«, sagte ich verwirrt. »Schließlich hattest du das Verhältnis, nicht ich.«
»Großer Gott«, schrie er, er schrie wirklich . »Du wirst wohl nie aufhören, mir mit dieser alten Leier ein schlechtes Gewissen machen zu wollen. Ich sage dir eins, ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich hab dich immer gut behandelt. Jeder weiß das. Du bist die Böse, nicht ich!« Darauf trat Schweigen ein. Der Raum vibrierte förmlich davon. Ich saß ganz still, völlig verstört.
Wütend stieß James die Luft aus und ging im Zimmer auf und ab. Er sah mich nicht an. Ich merkte, dass ich zitterte. Bin ich wirklich die Böse?, fragte ich mich. Ist es so, wie er sagt?
Eine leise Stimme in meinem Kopf forderte mich auf, nicht albern zu sein. Die Sache war weit genug gegangen. Ich musste das ernst nehmen, was ich als wahr erkannt hatte. Nicht ich hatte ein Verhältnis gehabt, sondern James, und es war seine eigene Entscheidung gewesen. Niemand hatte ihn dazu gezwungen, schon gar nicht ich. Mir hatte er gesagt, es sei fast unmöglich, mich zu lieben, jedem anderen aber hatte er gesagt, er liebe mich aus tiefster Seele.
Er wollte, dass ich die Schuld für sein Verhältnis auf mich nahm. Während ich zitternd mit meinem Gedankenwirrwarr dasaß, wurde mir eines absolut klar, was ich vorher nicht begriffen hatte. James war um keinen Preis bereit, sein Unrecht einzusehen. Es war ihm unmöglich einzugestehen, dass niemand anders als er die Schuld an seinem Seitensprung trug, obwohl er sich darüber klar sein musste. Es war kaum vorstellbar, dass sich die Erinnerung an Denise so mühelos auslöschen ließ … Die Zeit verstrich. Die Spannung hing schwer in der Luft.
An seiner Reaktion merkte ich, dass er unter keinen Umständen bereit sein würde zuzugeben, dass er mich belogen, George hingegen die Wahrheit gesagt hatte. Ich aber glaubte nun einmal George. Er konnte sich das nicht aus den Fingern gesogen haben – von allem anderen einmal abgesehen, wäre er dazu viel zu dumm gewesen! Bestimmt hatte James
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