Wassermelone: Roman (German Edition)
immer gern ins Fitnessstudio gegangen. Vielleicht war das der beste Vorschlag seit Langem.
»Ich weiß nicht recht …«, sagte ich zögernd. »Ich bin nicht besonders gut in Form.«
»Irgendwann muss man anfangen«, sagte er rasch.
»Und wer kümmert sich um Kate?«
»Könnte das nicht deine Mutter machen? Es wären doch nur ein paar Stunden.«
»Möglich«, sagte ich zweifelnd. Das ging mir alles zu schnell. Zum Teufel, ich war doch nur ausgegangen, um mit Laura einen Schluck zu trinken, und jetzt ging es um ein Fitness-Programm mit einem Mann, den ich erst seit gestern Abend kannte.
»Komm doch einfach morgen vorbei. Es gefällt dir bestimmt. Was hast du zu verlieren?«, fragte er.
Ich dachte darüber nach. Was hatte ich zu verlieren? Abgesehen von meinem Leben, falls Helen dahinterkam.
»Okay, ich komme mit.«
Obwohl ich es selbst kaum glauben konnte, verabredete ich mich mit ihm für den kommenden Tag um drei Uhr in der Stadt. Ich trank meinen Tee aus, und er begleitete mich nach draußen. Er schloss die Autotür hinter mir und blieb am Gartentor stehen, als ich davonfuhr – im Regen, nicht zu vergessen.
Meine Schuldgefühle setzten schon ein, bevor ich das Ende der Straße erreicht hatte.
Ich vernachlässigte Kate. Ich war allein beim Freund meiner jüngsten Schwester gewesen und würde morgen wieder allein mit ihm zusammen sein, so unschuldig das auch alles war. Ich würde meine Zeit im Fitnessstudio vergeuden, statt, was ich eigentlich hätte tun müssen, mit einem Anwalt zu reden, mich um meine Finanzen zu kümmern und so weiter.
Zu Hause rannte ich gleich die Treppe zu Kates Zimmer hoch. Voll Erleichterung sah ich, dass sie lebte und ihr nichts fehlte. Ich hatte ein so schlechtes Gewissen, dass ich überzeugt war, etwas Schreckliches müsse passiert sein. Sofort drückte ich sie so fest an mich, dass ich sie fast zerquetschte.
»Du hast mir gefehlt, mein kleiner Schatz«, sagte ich, während sie nach Luft rang. »Montag ruf ich deinen Daddy an und versuch die Dinge für uns in Ordnung zu bringen. Alles wird gut, das versprech ich dir.«
Der Abend war so schön gewesen. Ich begriff einfach nicht, warum ich so niedergeschlagen war.
14
I ch hatte Mr. Hasdell anrufen wollen, den Anwalt, den mir Laura empfohlen hatte, sobald er am nächsten Morgen um neun an seinem Schreibtisch saß. Aber ich brachte es einfach nicht fertig.
Ich fütterte Kate, spielte mit Kate. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, was ich ins Fitnessstudio anziehen sollte. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, was geschehen würde, wenn Helen dahinterkam, dass ich mit Adam ins Fitnessstudio ging. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, ob ich Kate vernachlässigte. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, ob sich meine Mutter weigern würde, Kate zu nehmen, weil sie sich bei meiner Verabredung mit Adam nicht zu meiner Mitwisserin machen wollte.
Über alles zerbrach ich mir den Kopf, nur nicht über das Entscheidende.
Ich wusste, dass ich meine Bank anrufen musste. Ich hatte so gut wie kein Geld. Aber viel wichtiger war mir die Frage, wie mein Hintern in dem Gymnastikanzug und den Leggings aussehen würde, die ich in Rachels Zimmer gefunden hatte.
Mein Kind wuchs ohne Vater auf, aber statt mich ans Telefon zu hängen, einen Anwalt anzurufen und zu versuchen, Ordnung in mein Leben zu bringen, stand ich mit eingezogenem Bauch vor dem Spiegel, kontrollierte mein Profil und wandte den Kopf, um zu sehen, wie mein Hintern im Spiegel aussah, als wäre die Zeit rückwärtsgelaufen und ich wieder fünfzehn.
Meine Mutter war ausgesprochen misstrauisch, als ich sie bat, am Nachmittag nach Kate zu sehen.
»Schon wieder?«, fragte sie.
»Nur für ein paar Stunden«, murmelte ich.
»Was hast du vor?«, wollte sie wissen.
»Nichts, Mum. Ich möchte nur ins Fitnessstudio gehen und mich wieder ein bisschen in Form bringen«, erklärte ich ihr. Ich wollte sie nicht belügen, brachte es aber auch nicht fertig, mit der ganzen Wahrheit herauszurücken.
»Aha, ins Fitnessstudio«, sagte sie. Sie klang ganz zufrieden. »Das ist gut. Pass nur auf, dass du dir nichts zerrst … du weißt schon … dass nichts passiert. Die Entbindung ist schließlich noch nicht so lange her.«
»Danke, Mum«, sagte ich, und machte mich über ihr Feingefühl lustig. »Aber ich glaub, dass mein Inneres in erstklassigem Zustand ist. Ich kann’s kaum erwarten, wenn ich ehrlich sein soll.« Das hätte ich besser nicht gesagt. Jetzt war sie wieder voll Argwohn.
Zwar hatte
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