Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
behauptete er.
„Du willst, dass zwischen deinem Vater und Karen Schluss ist, stimmt’s? Und wenn du Cain damit schaden kannst, umso besser.“
„Hör auf! Du bist ja paranoid.“
„Was ist los? Verträgst du dich nicht mit Karen?“
„Es ist kein Geheimnis, dass ich sie für eine Schlampe halte, aber das Leben meines Dads geht mich nichts an. Mir ist es egal, mit wem er zusammen ist.“
Es sei denn, er heiratete sie, natürlich. Sheridan war sicher, dass Karen nicht besonders davon angetan wäre, wenn Johns fünfundzwanzigjähriger Sohn weiter auf dem Hof leben würde. Falls die Beziehung jemals so ernsthaft werden sollte. Robert würde umziehen, zur Abwechslung vielleicht sogar einmal selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen müssen.
„Nun, danke für diese geschmacklose Vorstellung“, erwiderte Sheridan, „aber ich glaube das nicht. Und selbst wenn, würde ich niemandem davon erzählen. Ich bin sicher, du weißt, was aus der Beziehung zwischen Karen und deinem Vater würde, wenn so ein Gerücht die Runde macht.“
„Genau aus diesem Grund erzähle ich es nicht herum.“
Sie verdrehte die Augen. „Du hast es mir gerade erzählt“, hielt sie ihm entgegen.
In dem Versuch, aufrichtig zu wirken, schob er die Hände in die Taschen und klimperte mit seinem Wechselgeld. „Weißt du, manchmal frage ich mich, ob ich meinem Dad tatsächlich einen Gefallen tue, wenn ich ihm so etwas verschweige. Sex mit einem Schüler ist ein ziemlicher Skandal. Cain war noch minderjährig, und Karen befand sich in einer Machtposition. Ich habe Lehrer gesehen, die für weniger in den Knast gewandert sind.“
Warnend legte Skye ihr eine Hand auf den Arm. Zügle deinen Zorn! „Und das würden Sie gerne erleben?“
„Egal, ob ich es gern sähe oder nicht – die Wahrheit kommt doch gewöhnlich immer ans Licht. So oder so, die Leute bekommen, was sie verdient haben, denken Sie nicht? Ich meine, nimm zum Beispiel das, was dir zugestoßen ist.“
„Du meinst, ich habe es verdient, angegriffen zu werden?“
Seine Lippen waren fest gegen die Zähne gepresst. „Kurz bevor Amy umgebracht wurde, hat sie mir erzählt, du hättest Jason zum Rocky Point gelockt, nur um Cain eifersüchtig zu machen. Stimmt das?“
Sheridan konnte nicht antworten. Sie sah den Lauf des Gewehrs in der offenen Tür des Trucks, hörte den Knall …
„Du hast ihn das Leben gekostet“, fuhr Robert fort. „Und alles nur wegen Cain.“
Sheridan fühlte sich, als hätte er sie geschlagen. Sie war schuldig im Sinne der Anklage, aber nie zuvor hatte Cains Stieffamilie ihr das ins Gesicht geschleudert.
„Ich denke, Sie sollten gehen“, sagte Skye ruhig, aber er machte keine Anstalten zu verschwinden.
„Frauen und mein Stiefbruder“, sagte er mit einem angewiderten Kopfschütteln. „Ihr solltet mal sehen, wie lächerlich das ist, wenn ihr in sein Bett hüpft, sobald er mit dem Finger schnippt.“
Sheridan reckte das Kinn vor. „Höre ich da etwa Eifersucht? Es scheint dich ja regelrecht aufzufressen, dass Cain alles hat, was eine Frau will! All das, was du niemals haben wirst.“
„Ich habe alles, was ich brauche“, gab er zurück. „Du bist diejenige, die immer vorgibt, jemand zu sein, der du nicht bist. Tagsüber das Unschuldslamm, und nachts keuchst du Cain was vor. Kein Wunder, dass jemand dich heftig genug hasst, um …“
„Warst du dieser Jemand?“, schrie sie.
Er senkte die Stimme. „Wenn ich dich angegriffen hätte, wärst du nicht mehr am Leben, um es herumzuerzählen.“
„Verschwinden Sie!“ Skye stieß ihn gegen die Brust. „Jetzt! Haben Sie mich verstanden? Ehe ich Sie doch noch erschieße.“
Leise vor sich hin lachend, weil es ihm gelungen war, solch eine heftige Reaktion hervorzurufen, ließ Robert die Hände sinken und ging zu Owens Truck, den er schräg und mit laufendem Motor am Bordstein geparkt hatte.
Nach ein paar Schritten drehte er sich noch einmal um. „Ach ja, ich sollte dir das hierlassen, wenn ich schon einmal hier bin“, sagte er, langte in die Hosentasche und warf ein gefaltetes Blatt Papier auf den Boden vor ihren Füßen.
Sheridan war so wütend, dass sie sich weigerte, es aufzuheben, ehe er verschwunden war. Erst dann faltete sie das Blatt auseinander und strich es glatt. Es war Amys Todesanzeige.
21. KAPITEL
Unter der Fußmatte lag schon wieder eine Nachricht, die dritte innerhalb von fünf Tagen.
Als sie von der Schule nach Hause kam, die Arme voll mit Papieren, Klassenbüchern und
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