Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
weiß nicht, ob es stimmt, aber mach dir lieber nicht zu viel Hoffnung.“
Sie setzte sich und konnte seine Nähe spüren, als er sich über ihre Schulter beugte und auf den Bildschirm starrte. „Er hat es sich angesehen?“, wiederholte sie, um von dem Zittern abzulenken, das sie erfasste, als sein warmer Atem über die Locken strich, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten.
„Offensichtlich sogar ein paar Mal. Aber das heißt nicht, dass wir nicht auch noch einmal einen Blick darauf werfen sollten. Vielleicht gibt es etwas zu sehen, das deiner Erinnerung auf die Sprünge hilft, oder etwas, das für dich mehr Bedeutung hat als für sonst jemanden.“
Als die Bilder auf dem Computerbildschirm auftauchten, schwiegen sie. Es gab natürlich keinen Ton. Aber unten links in der Ecke wurden das Datum und die Uhrzeit angezeigt, die bewiesen, dass es sich um Aufnahmen von dem Abend handelte, an dem sie in den Wald verschleppt worden war. „Die Kamera erfasst dieses Haus gar nicht“, sagte sie.
„Sie soll die Auffahrt meines Vaters abdecken. Aber wer immer dich gekidnappt hat, musste irgendeinen fahrbaren Untersatz haben. Ich hoffe, dass der Wagen drauf ist.“
„Er hat nicht vor dem Haus geparkt. Sonst hätte ich ihn gesehen, als ich die Einkäufe weggeräumt habe.“
„Aber nachdem er dich gefesselt hat, muss er dich irgendwie in den Wald gebracht haben.“
„Wer sagt uns, dass er nicht in die andere Richtung gefahren ist, um aus diesem Wohngebiet rauszukommen?“
„Niemand. Wir haben eine Fifty-fifty-Chance, das ist alles.“
Sie hörten auf zu reden, als ein Paar Scheinwerfer auf dem Bildschirm auftauchte. Sheridan hielt den Atem an, als sie sah, wie der Wagen ins Blickfeld kam, stieß ihn jedoch heftig aus, als sie feststellte, dass es nur Robert war. Er bog auf die eigene Auffahrt und verschwand aus dem Blickfeld.
Die Sekunden und Minuten krochen dahin, während sie weiterhin auf die leere Straße starrten. Ein Nachbar kam mit seinem Hund an der Leine vorbei. Karen betrat Johns Haus für einen kurzen Besuch und ging wieder. Aus zehn Minuten wurden fünfzehn und schließlich zwanzig.
„Ich glaube, der Angriff hat schon stattgefunden“, sagte sie enttäuscht.
„Wann bist du vom Einkaufen zurückgekommen?“
„Gegen halb neun.“
Das Video zeigte acht Uhr fünfundvierzig, und die Straße war immer noch leer.
„Lass uns noch ein paar Minuten warten“, sagte Cain.
„Er muss in die andere Richtung …“
Ein weiteres Paar Scheinwerfer tauchte auf. Es gehörte zu einem Truck, aber nicht zu irgendeinem. Sobald sie ihn gut genug erkennen konnte, setzte Sheridan sich kerzengerade hin und sah Cain an. „Der gehört doch Tiger, oder?“
Cain hatte die Stirn vor Konzentration in Falten gelegt. „Zeig das noch mal!“
Sie spielte die Szene erneut ab. Es gab keinen Zweifel. Ein Wagen, der Tigers ziemlich ähnlich sah, fuhr die Straße herunter – und zwar ziemlich langsam.
„Kannst du das Bild einfrieren?“, fragte Cain.
Es dauerte ein paar Minuten, bis sie die Einstellung erwischt hatten, aber bald darauf starrten sie auf das Bild. Der Größe nach zu urteilen, sah man einen Mann hinter dem Steuer eines schwarzen höhergelegten Geländewagens.
„Fährt sonst noch jemand in der Stadt so einen?“, fragte Sheridan.
„Es gibt vielleicht noch ein oder zwei, aber …“, er deutete auf den unteren Teil des Bildschirms, „… siehst du diese Beule da?“
Sie sah es, jetzt, wo er sie darauf hingewiesen hatte. „Ja …“
„Die weiße Farbe stammt von einem Unfall beim Restaurant. Ich war dabei, als es passiert ist. Das ist Tigers Truck, ganz eindeutig.“
Sheridans Magen verkrampfte sich.
„Was hatte er ausgerechnet an diesem Abend in der Gegend hier zu suchen?“
„Keine Ahnung. Freunde hat er hier jedenfalls nicht.“
Cain hätte es sicherlich gewusst, wenn es so wäre. Er war in dieser Straße aufgewachsen und kam immer noch gelegentlich zu Besuch.
Sie drückte auf Play. „Lass uns sehen, ob da noch mehr kommt.“
Es kam noch mehr – mehr von Tiger. Innerhalb der nächsten fünf Minuten fuhr er noch dreimal vorbei, und jedes Mal wurde er langsamer.
Unbehaglich rieb Sheridan sich über die Arme. Gerade noch hatte Tiger eine halbe Stunde lang in ihrem Wohnzimmer gesessen. Sie hatte geglaubt, sie hätten Frieden geschlossen. Als sie sich unterhalten hatten, waren ihr zwar leichte Anzeichen nachklingenden Grolls aufgefallen, aber im Großen und Ganzen hatte sie den
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