Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
unverfrorene und reservierte Art unbeabsichtigt auch dazu beitrug, ihn in schlechtem Licht dastehen zu lassen – sie wusste, dass er Jason nicht erschossen hatte. Aber ihr Bruder wusste es nicht, ebenso wenig wie Kent. Das machte aus den beiden die perfekten Werkzeuge, um Cain zuzusetzen. Schon bald würde er so viele Verbündete wie möglich brauchen, er würde sie brauchen. Sie wollte es so sehr, dass sie fast meinte, seine Haut zu schmecken, seinen Kuss …
„Was dann?“, sagte Ned.
„Wir werden die Nachbarn weiter befragen und versuchen, jemanden zu finden, der Cain in der Nachbarschaft gesehen hat, bevor Sheridan verschwand“, erwiderte sie.
Zweifel vertieften die Furchen in der Stirn ihres Bruders. „Aber seine Familie lebt dort. Sein Stiefvater und Stiefbruder wohnen nur ein paar Türen weiter. Selbst wenn wir jemanden finden, der ihn dort gesehen hätte, hat er einen guten Grund, dort zu sein.“
„Robert ist auf unserer Seite.“
Ned spielte mit den Zuckerpäckchen auf dem Tisch. „Robert ist ein Alkoholiker, und das sind nicht gerade die zuverlässigsten Zeugen.“
Amy schob die Schüssel mit dem Zucker gegen die Wand, damit sie außer Neds Reichweite war. Sie wollte hier schließlich auch weiterhin Kaffee bekommen. „Seine Aussage hat sie dazu gebracht, zuzugeben, was sie getan haben.“
„John wäre ein glaubwürdigerer Zeuge“, sagte Ned.
„Er wird es nicht machen.“
„Vielleicht doch. Er will, dass Jasons Mörder gefasst wird. Und seit der Entdeckung des Gewehrs fragt er sich, ob Cain es gewesen sein könnte.“
Amy schüttelte den Kopf. „Er muss an Marshall denken.“
„Was hat Marshall mit der ganzen Sache zu tun? Er lebt im Sunrise-Vista-Heim, seit Johns Mutter gestorben ist.“
„Das spielt keine Rolle“, beharrte Amy. „Marshall hat einen Haufen Geld erhalten, als er seinen Eisenwarenladen verkauft hat. Wenn John nicht aufpasst, wird er nichts davon abbekommen. John kann Cain vielleicht nicht ausstehen, aber Marshall hält große Stücke auf ihn.“
„Vielleicht finden wir noch mehr Zeugen, die bestätigen, dass Cain am Rocky Point gewesen ist“, sagte Ned. „Jemanden, der beschwören kann, dass Cain wütend war, als er Jason und Sheridan zusammen gesehen hat, und dass er ein paar Drohungen ausgestoßen hat.“
Das Eis in Kents Glas klirrte, als er sein Wasser austrank. „Wir haben bereits die Aussage von Maureen Johansen.“
„Das reicht nicht!“ Amy runzelte die Stirn. „Sie wird nicht weiter gehen, als dass sie glaubt, Cain sei möglicherweise etwas verstimmt gewesen. Wenn wir den Fall auf Indizien aufbauen wollen, müssen diese überwältigend sein. Wir brauchen mehr!“ Etwas, das Cain in die Knie zwingen würde.
Ned ließ das letzte zerknitterte Zuckerpäckchen fallen, das sie ihm zugestanden hatte, und ließ sich zurücksinken. „Wir werden etwas finden.“
12. KAPITEL
„Das ist das Mädel?“
Marshall Wyatt musterte Sheridan aus weisen alten Augen, obwohl sie vermutete, dass er sie nicht besonders gut erkennen konnte. Cain hatte gesagt, sein Stiefgroßvater sei vor wenigen Monaten am grauen Star operiert worden, aber er litt immer noch unter einem schweren Fall von grünem Star.
„Das ist das Mädel.“ Cain warf eine Tüte mit Chips und Kreuzworträtseln aufs Bett, die er unterwegs für den alten Mann gekauft hatte. „Ganz schön zäh, was?“
„Das ist sie.“ Marshall streckte eine zittrige Hand aus. „Ich habe gehört, Sie hatten eine harte Zeit, seit Sie wieder in der Stadt sind, junge Dame.“
Sheridan saß in dem Rollstuhl, den Cain sich vom Pflegeheim ausgeliehen hatte, und rollte ein Stück nach vorn, um Marshall die Hand zu schütteln. „Es war schrecklich“, erwiderte sie, als er ihre Finger kurz drückte. „Wenn Cain nicht gewesen wäre, hätte ich es nicht überlebt.“
„Erstaunlich, was dieser Junge alles für eine hübsche Frau tut“, sagte Marshall augenzwinkernd.
Früher am Nachmittag, bevor Cain mit ihr zum Pflegeheim gefahren war, hatte Sheridan noch einmal in dem kleinen Teich gebadet. Dieses Mal hatte sie eine Boxershorts und ein T-Shirt von Cain getragen und es anschließend geschafft, sich allein anzuziehen. Jetzt trug sie ein Sommerkleid aus Baumwolle und Sandalen. Sie konnte ihre Hand nicht länger als ein paar Sekunden über den Kopf heben, sodass Cain ihr geholfen hatte, die Haare trocken zu föhnen. Aber sie hatte ihr Gesicht gewaschen und etwas Rouge und Lipgloss aufgelegt. Sie fühlte sich nicht
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