Watersong - Sternenlied (German Edition)
immer « , antwortete Nathalie achselzuckend. » Ich würde lieber bei euch wohnen. «
» Das wäre schön « , sagte Harper. » Aber du weißt doch, dass es dir hier besser geht. «
» Vielleicht kannst du uns ja mal besuchen « , schlug Gemma vor. Sie lud Nathalie schon seit Jahren immer wieder ein, aber ihre Mutter war schon sehr lange nicht mehr zu Hause gewesen.
» Ich will euch nicht nur besuchen. « Nathalie streckte schmollend die Unterlippe vor und zog am Saum ihres T-Shirts. » Ich wette, ihr habt eine Menge Spaß. Niemand sagt euch, was ihr zu tun habt. «
» Harper macht mir ständig Vorschriften « , lachte Gemma. » Und Dad ist schließlich auch noch da. «
» Oh. Richtig « , sagte Nathalie. » Den habe ich ganz vergessen. « Sie runzelte konzentriert die Stirn. » Wie heißt er noch mal? «
» Brian. « Harper lächelte krampfhaft und schluckte mühsam. » Dad heißt Brian. «
» Ich dachte, er hieße Justin. « Nathalie winkte ab und wechselte das Thema. » Wollt ihr mit mir auf das Konzert gehen, falls ich noch Karten bekomme? «
» Ich glaube nicht « , sagte Harper. » Wir haben ziemlich viel zu tun. «
Sie sprachen noch eine Weile miteinander. Nathalie fragte die Mädchen nach Dingen, die sie ihr schon unzählige Male zuvor erzählt hatten. Als sie gingen, fühlte sich Harper wie immer nach einem Besuch im Wohnheim: Erschöpft und erleichtert.
Sie liebte ihre Mutter, genau wie Gemma, und beide freuten sich immer, dass sie sie besuchen konnten. Aber manchmal fragte sich Harper, was sie alle eigentlich davon hatten.
FÜNF
Sterngucker
D ie Mülltonne stank wie ein verwestes Tier. Gemma rümpfte die Nase und versuchte, nicht zu würgen, als sie die Mülltüte in die Tonne hinter dem Haus warf. Sie hatte keine Ahnung, was ihr Vater oder Harper da weggeworfen hatten, aber es musste schon ziemlich verdorben gewesen sein.
Sie wich von der Mülltonne zurück, fächelte sich frische Luft zu und atmete dann die klare Nachtluft so tief ein, wie sie konnte.
Dann blickte sie zum Nachbarhaus – das tat sie in letzter Zeit ziemlich oft. Ob sie unbewusst nach Alex Ausschau hielt? Diesmal hatte sie Glück. Im Schein der Hoflampe sah sie Alex ausgestreckt auf dem Rasen liegen. Er starrte in den Himmel hinauf.
» Was machst du da? « , fragte Gemma und ging in Alex’ Garten, ohne auf eine Einladung zu warten.
» Ich schaue mir die Sterne an « , sagte Alex, aber Gemma hatte die Antwort schon gewusst, bevor sie gefragt hatte. Seit sie ihn kannte, hatte er den Kopf in den Sternen.
Er lag auf dem Rücken auf einer alten Decke, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Sein Batman-T-Shirt war ihm ein bisschen zu klein, er musste es vor seinem letzten Wachstumsschub gekauft haben. Der Stoff spannte sich über seinen Armmuskeln und den breiten Schultern. Das Shirt war ein bisschen hochgerutscht und Gemma konnte ein Stückchen von Alex’ Bauch über dem Bund seiner Jeans erkennen. Schnell schaute sie weg und tat so, als habe sie nichts gesehen.
» Darf ich dir Gesellschaft leisten? «
» Oh, klar. Natürlich. « Alex rutschte zur Seite und machte für sie Platz auf der Decke.
» Danke. «
Die Decke war nicht sehr groß, und als Gemma sich niedergelassen hatte, saß sie direkt neben ihm. Sie legte sich auf den Rücken und stieß sich dabei den Kopf an seinem Ellbogen. Alex änderte seine Haltung, sodass sein Arm zwischen ihnen lag. Jetzt berührten sich ihre Arme, und Gemma versuchte, nicht daran zu denken, wie warm sich seine Haut anfühlte.
» Also … was genau sehen wir da eigentlich? «
» Ich hab dir die Sternbilder doch schon oft gezeigt « , sagte Alex, und das stimmte auch. Aber da war sie noch jünger gewesen und hatte seinen Worten noch nicht so andächtig gelauscht wie jetzt.
» Ich habe mich nur gefragt, ob heute etwas Besonderes zu sehen ist. «
» Nein, eigentlich nicht. Ich schaue mir die Sterne immer gerne an. «
» Willst du sie auch an der Uni studieren? «
» Die Sterne? « , fragte Alex. » Irgendwie schon. Ich werde aber kein Astronaut oder so. «
» Warum nicht? « Sie drehte den Kopf und sah ihn an.
» Ach, ich weiß nicht. « Er bewegte sich und seine Hand strich über Gemmas. » In den Weltraum zu fliegen ist zwar ein fantastischer Traum, aber ich möchte lieber hier unten bleiben und etwas bewirken. Ich will das Wetter und vor allem Luftströmungen studieren. Ein Sturm-Frühwarnungssystem könnte viele Menschenleben retten. «
» Du willst nicht in den Weltraum
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