Watersong - Sternenlied (German Edition)

beste Weg, diesem Leben zu entkommen « , mischte Thea sich in einem ruhigeren Tonfall wieder ein. Die Wut war aus ihrer Stimme gewichen und sie erzählte nun einfach die gleiche Geschichte wie Penn. » Peisinoe dagegen sah in einer Heirat die Rettung. «
    » Damals herrschten andere Zeiten « , erklärte Penn. » Frauen hatten weder die Möglichkeiten noch die Rechte von heute. Einen Mann zu finden, der sich um einen kümmerte, war der einzige Ausweg. «
    » Das war aber nicht der einzige Grund für Peisinoes Plan « , fügte Thea hinzu. » Thelxiepeia war die Älteste, sie hatte die meiste Erfahrung, aber Peisinoe war erst vierzehn und trotz allem sehr romantisch. Sie hatte Träume und glaubte fest daran, dass irgendwann ein Prinz kommen und ihr Herz im Sturm erobern würde. «
    » Sie war jung und dumm « , sagte Penn, wie zu sich selbst, und schüttelte dann rasch den Kopf. » Acheloos fand für seine Töchter eine Arbeit als Zofen für Persephone. Eine Zofe ist wenig besser als eine Dienerin, sie hilft einer verwöhnten Göre beim Anziehen und räumt hinter ihr her. «
    » Ach komm, Persephone war kein verwöhntes Gör « , widersprach Thea.
    » War sie wohl « , beharrte Penn. » Sie führte sich furchtbar auf und empfing ständig Verehrer. Außerdem hätten Acheloos’ Töchter selbst Zofen haben müssen. Es war eine widerwärtige Situation und Persephone war das völlig egal. Sie kommandierte die Mädchen herum, als wäre sie mit Zeus verheiratet. «
    » Erzähl Gemma von Ligeia « , bat Lexi und klang dabei wie ein kleines Kind, das jeden Abend die gleiche Gutenachtgeschichte hören will, obwohl es sie längst auswendig kennt.
    » Ligeia arbeitete bereits als Zofe für Persephone, als Thelxiepeia, Aglaope und Peisinoe in den Haushalt kamen « , fuhr Penn fort, zu Lexis Freude. » Und bald liebten die drei sie, als wäre sie ihre Schwester. Ligeia konnte schöner singen, als man es sich vorstellen kann. Sie hatte die wunderbarste Stimme, die jemals ein Mensch gehört hatte. Deshalb musste sie kaum Dienerinnenarbeit tun. Sie verbrachte ihre Tage damit, für Persephone zu singen, aber niemand störte sich daran, weil ihr Gesang so bezaubernd war. Er ließ alles besser erscheinen. Aber es gab nicht nur Arbeit « , fügte Penn hinzu. » Die vier Mädchen waren ja noch jung und wollten sich amüsieren. Sooft sie konnten, entflohen sie ihren Pflichten und gingen zum Meer, um dort zu schwimmen und zu singen. «
    » Ligeias Lieder waren so schön, dass sie zahlreiche Zuhörer anlockten « , schaltete Thea sich ein. » Aglaope und sie saßen zwischen den Bäumen am Strand und sangen in perfekter Harmonie, während Thelxiepeia und Peisinoe dazu schwammen. «
    » Die beiden schwammen nicht nur « , verdeutlichte Penn. » Es war ein bezaubernder Unterwassertanz. Sie veranstalteten eine ebenso beeindruckende Performance wie Ligeia und Aglaope. «
    » Das stimmt, und viele Reisende kamen, um ihnen zuzuschauen « , bestätigte Thea. » Sie erregten sogar die Aufmerksamkeit von Göttern wie Poseidon. «
    » Poseidon war der Gott des Meeres « , erklärte Penn. » Naiv wie sie war, meinte Peisinoe, sie könne ihn mit ihren Schwimmkünsten betören, sodass er sich in sie verlieben und sie mit sich nehmen würde. Und vielleicht verliebte er sich tatsächlich in sie. « Penn streifte den Sand von ihren Beinen und schaute ins Feuer. » Viele Männer und auch einige Götter verliebten sich über die Jahre unsterblich in sie. Doch am Ende spielte es trotzdem keine Rolle. Es reichte nicht. «
    » Persephone war verlobt und sollte bald heiraten « , nahm Thea die Geschichte wieder auf. » Es gab viel zu tun, doch anstatt zu helfen, gingen ihre vier Zofen wie üblich zum Meer, um dort zu schwimmen und zu tanzen. Poseidon hatte sie eingeladen, und Peisinoe war sich sicher, dass er an diesem Tag um ihre Hand anhalten würde. Wenn sie ihn nur gebührend genug beeindrucken konnte. «
    » Unglücklicherweise war das der Tag, an dem Persephone entführt und vergewaltigt wurde « , erzählte Penn. » Die Zofen hätten eigentlich auf sie aufpassen sollen, aber sie waren viel zu weit weg und hörten ihre Schreie nicht. «
    » Persephones Mutter Demeter war ebenfalls eine Göttin und sie schäumte vor Wut « , sagte Thea. » Sie berichtete Acheloos, wie seine Töchter Persephone im Stich gelassen hatten. Da Acheloos mächtiger war als Demeter, musste sie ihn erst um Erlaubnis fragen, ehe sie Thelxiepeia, Aglaope und Peisinoe bestrafen konnte.