WattenMord (German Edition)
Sie mich. Ich bin bereit, meine Strafe anzutreten.“
„Vor die Strafe hat das Gesetz das Urteil des Richters gestellt“, antwortete Wiebke bewegt. „Was können Sie uns zum Mord an Gabriele Heiners sagen?“
„Davon weiß ich wirklich nichts, so wahr ich hier sitze.“
Wiebke tauschte einen Blick mit Petersen und signalisierte ihrem Partner, dass sie Schäfer vertraute.
„Gibt es für Ihr Fahrzeug einen Zweitschlüssel?“, fragte sie an Torben Schäfer gewandt.
„Natürlich. Aber der hängt in meinem Haus am Schlüsselkasten.“
„Und das Haus? Schließen Sie nachts die Tür ab?“
„Natürlich. Obwohl … Wir waren betrunken, und ich weiß offen gestanden nicht, ob ich gestern Abend abgeschlossen habe.“
Wiebke nickte. Sie hatte genug gehört und erhob sich. „Wir werden das untersuchen.“ Torben Schäfer würde in der Zelle auf sie warten. Wiebke wusste nicht recht, ob sie sich über die dramatische Wendung des Falles freuen sollte. Augenblicklich empfand sie eher Mitleid für den Biolehrer.
Ulbricht war beeindruckt von der Schönheit der Frau, die der Streifenpolizist in Johannsens Büro führte und ihm als Levke Kühn vorstellte. Nun konnte der alte Kommissar nachvollziehen, warum sich Torben Schäfer nach der schönen Referendarin so verzehrt hatte. Levke Kühn trug Sandalen und ein leichtes, geblümtes Sommerkleid mit einem tiefen Ausschnitt. Eine feine Parfümwolke umgab sie. Die langen, blonden Haare fielen wie eine Gloriole um ihr Gesicht, das Make-up war dezent. Schminke hatte sie überhaupt nicht nötig, befand Ulbricht und dachte mit einem schlechten Gewissen an Maja, die nichts davon ahnte, dass er seine knappe Freizeit mit der Klärung eines Mordfalls verbrachte und einer jungen Frau ins Dekolletee schielte. Nichtsdestotrotz handelte es sich um eine Person, die mit einem Mordfall in Verbindung gebracht wurde, und entsprechend distanziert gab sich Ulbricht der fremden Frau gegenüber.
Piet Johannsen hingegen sprang sofort auf und rückte der jungen Frau übereifrig einen Stuhl zurecht.
„Nehmen Sie Platz, Frau Kühn“, bot Johannsen ihr an und schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln. Ulbricht überlegte, ob der norddeutsche Kollege verdrängte, dass es sich bei Levke Kühn um eine mögliche Mörderin handelte. „Möchten Sie etwas trinken? Einen Kaffee, einen Tee vielleicht?“
Ulbricht, der einen der beiden Freischwingstühle besetzt hatte, erhob sich ebenfalls und trat an das Fenster von Johannsens Büro. Er fragte sich, wie schwanzgesteuert der Kollege war, und erblickte prompt einen dicken goldenen Ehering an Johannsens rechter Hand.
„Hier wären die Unterlagen“, murmelte der Streifenpolizist, bevor er sich dezent zurückzog. Ulbricht registrierte die Höflichkeit, mit der man sich hier in Husum begegnete und dachte unwillkürlich an Heinrichs, seinen Assistenten, der üblicherweise ohne anzuklopfen in das Büro seines Chefs gepoltert kam und ohne Punkt und Komma zu reden pflegte.
„Einen Tee nehme ich gern.“ Levke Kühn war angesichts der überschäumenden Höflichkeit, die Piet Johannsen an den Tag legte, etwas verunsichert, was wahrscheinlich auch daran lag, dass man sie eben erst erkennungsdienstlich behandelt hatte. Auch Johannsen schien zu bemerken, dass die schöne Besucherin noch durcheinander war.
„Die ED-Behandlung ist Routine, Sie können beruhigt sein“, sagte Johannsen und nickte Ulbricht zu, bevor er sein Büro verließ.
Ulbricht war mit Levke Kühn allein. „Wie fühlen Sie sich?“
„Fragen Sie das ernsthaft?“
„Natürlich.“
„Man hat mich gemessen, gewogen, fotografiert und eine DNA-Probe genommen. Fragen Sie wirklich, wie es mir geht?“ Levke Kühn schlug die Beine übereinander.
Ulbricht zuckte die Schultern. „Wenn Sie sich nichts vorzuwerfen haben, müssen Sie nichts befürchten. Übrigens können Sie nach zehn Jahren die Löschung der Daten beantragen.“ Er marschierte im Raum auf und ab. „Und?“, fragte er, als er sich vor Levke Kühn aufgebaut hatte. „Haben Sie etwas zu verbergen?“
„Nein“, erwiderte sie mit schriller Stimme. „Das habe ich Ihren Kollegen auch schon mehrfach gesagt. Ich weiß beim besten Willen nicht, was das soll.“
„Gut“, nickte Ulbricht. „Sehen Sie es so: Wir arbeiten nach dem Ausschlussverfahren. Damit kann man mit ein wenig Glück bei Jauch zum Millionär werden. Wir suchen nur einen Mörder, aber jeder, der nur unter Verdacht gerät, kann die Freiheit gewinnen.“
Er machte
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