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WattenMord (German Edition)

WattenMord (German Edition)

Titel: WattenMord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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unangenehm. Das Blut schoss ihm ins Gesicht. Seine buschigen Augenbrauen zogen sich zu einem Strich zusammen.
    „Hallo Torben“, sagte sie, nachdem sie Fedders knapp begrüßt hatte. „Kann ich dich gleich kurz sprechen?“ Als er schwieg, fuhr sie fort: „Ich warte drüben im Arbeitszimmer auf dich.“ Dann nickte sie dem Direktor zu, murmelte eine Entschuldigung und verließ das Büro des Schulleiters. Madeleine Oelke blickte ihr ratlos hinterher, dann wurde sie von einem Schüler in Beschlag genommen, der einen neuen Schülerausweis bei ihr beantragen wollte. Im nächsten Augenblick hatte sie den seltsamen Zwischenfall schon wieder vergessen.
    Husum, Hafenstraße, 11.55 Uhr
    Sie fand ihn auf der „Nordertor“. Das blau-weiß angestrichene Restaurantschiff lag schon seit Jahren im Husumer Hafen. Zahlreiche Touristen und Einheimische liebten es, an Bord des urig eingerichteten Schiffes zu essen und zu trinken und genossen dabei den Blick auf den Binnenhafen. Irgendwo hatte Wiebke einmal gelesen, dass die „Nordertor“ eines der ältesten Restaurantschiffe Deutschlands war. Das Schiff hatte einen verstärkten Bug und war in Notfällen zwischen den 1940er- und 1950er-Jahren auf der Ostsee als Eisbrecher eingesetzt worden. Wiebke wunderte sich, an was sie sich alles erinnerte, während sie das Schiff enterte.
    Er hockte vornübergebeugt an einem der freien Tische im Außenbereich und stierte in sein Bierglas. Bunt gekleidete Touristen flanierten am Kai entlang und betrachteten die Auslagen der Andenkenläden. Möwen kreischten über dem Hafenbecken, und auf der gegenüberliegenden Seite stand der alte Tonnenleger „Hildegard“ wie eine eiserne Festung auf dem Trockendock der ehemaligen Werft.
    „Hallo.“ Unaufgefordert setzte sie sich.
    Petersen blickte sie unverwandt an. „Und?“, fragte er. „Bin ich jetzt suspendiert, weil ich das System angezweifelt habe?“
    „Unsinn.“ Wiebke lächelte, dann wurde sie ernst. „Hast eine ziemliche Show abgeliefert, mein Guter.“
    Jan Petersen nahm einen Schluck von seinem Bier und zuckte die Schultern. Es kümmerte ihn nicht, dass im Dienst absolutes Alkoholverbot galt.
    „Wie hast du mich gefunden?“
    „Wer sagt, dass ich dich gesucht habe?“ Wiebke wusste, dass es ihn in die Stadt gezogen hatte. Wann immer Petersen eine kleine Auszeit brauchte, trieb es ihn auf die „Nordertor“.
    „Was soll das?“ Wiebke deutete mit dem Kinn auf sein Glas.
    „Damit habe ich mir den Frust runtergespült.“ Er nippte an seinem Glas und lächelte matt. „Aber du musst dir keine Sorgen machen – nein, ich bin kein Alkoholiker.“
    „Dann lass den Scheiß.“
    „Schon gut.“ Petersen winkte die Bedienung an den Tisch und orderte einen Kaffee, schwarz und stark. Für Wiebke bestellte er einen Tee.
    „Und?“, fragte er, nachdem sie wieder allein waren. „Hab ich was verpasst?“
    „Nein.“ Wiebke berichtete ihm vom seltsamen Ausgang der Sitzung. „Wahrscheinlich wissen alle am Tisch, dass du recht hast, aber keiner traut sich es zuzugeben, dass wir den Flensburgern nur zuarbeiten.“
    „Udo Friedrichs ist ein Arschloch. Wer für ihn arbeitet, ist ein Sklave. Das brauch ich wirklich nicht, Wiebke. Es kotzt mich an.“
    „Du hat ein Burnout-Syndrom“, diagnostizierte Wiebke besorgt. „Solltest mal Urlaub machen.“
    „Wovon denn?“ Petersen rieb bezeichnend Daumen und Zeigefinger gegeneinander. „Weißt du, wann ich zuletzt im Urlaub war?“ Er schüttelte den Kopf. Als Wiebke schwieg, sagte er: „Ich auch nicht. Ist schon zu lange her. Und seitdem ich geschieden bin, geh ich sowieso nur noch für meine Exfrau arbeiten.“
    Also doch, dachte Wiebke. Es war ihr schon am Morgen aufgefallen, dass ihm eine gehörige Laus über die Leber gelaufen sein musste. Als er noch verheiratet war, hatte seine Frau einen kleinen Andenkenladen an der Schiffsbrücke betrieben. Die Gewinne waren schlecht – viele waren nur zum Schauen gekommen, nicht zum Kaufen. Und wie Petersen mal erwähnt hatte, waren sie mehrfach bestohlen worden. Als die beiden sich scheiden ließen, hatte Petersens Exfrau den Laden verkauft, weil er absolut unrentabel geworden war und eine Pleite drohte. Seitdem nutzte ihr Anwalt jedes Mittel, um an Petersens Geld zu kommen.
    „Willst du drüber schnacken?“
    Er blickte sie traurig an. Kaffee und Tee kamen, sie tranken.
    „Nee“, sagte Petersen. „Lieber nicht, ich will dir nicht auch noch den Tag versauen. Musste eben nur raus, hab das

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