WattenMord (German Edition)
schon mal aufgefallen ist.“ Wiebke notierte sich etwas. „Ich werde eine Mitgliederliste der Bürgerinitiative anfordern, dann können wir jeden einzelnen Teilnehmer durchleuchten.“
„Die haben mehr als zweitausendfünfhundert Unterschriften von Menschen, die gegen den Betonklotz sind, gesammelt“, merkte Petersen an. „Da ist bestimmt das eine oder andere Mitglied militanter Umweltschützer dabei.“
„Klingt wie ein Widerspruch in sich“, murmelte Katja Graf mit einem Lächeln.
„Bleibt das Multimar Wattforum als prägnanter Leichenfundort“, brummte der Staatsanwalt. „Ich habe eine Liste aller Mitarbeiter angefordert, zusätzlich alle Lieferanten und externe Dienstleister, die für die Einrichtung tätig sind und Zutritt zum Multimar haben. Sobald die Liste vorliegt, sollten wir auch hier ermitteln. Irgendwie muss Heiners ja in das Gebäude gekommen sein.“
„Na“, lachte Petersen süffisant, „da haben die Kollegen aus Flensburg ja eine Menge Arbeit vor der Brust, wenn sie denn mal hier aufschlagen.“
„Red kein Blech, Jan“, wetterte Matthias Dierks. „Die Flensburger kommen, klagen über ihre personelle Situation, betonen, dass ihnen der Fall obliegt, und delegieren munter an uns. Ihnen mit den Informationen zu dienen, das ist unser Job.“
„Goldene Aussichten“, brummte Petersen und schüttelte den Kopf. Ohne ein weiteres Wort erhob er sich. Wiebke sah ihrem Partner an, dass er kurz vor dem Platzen stand.
„Jan, setz dich!“, gellte die Stimme des Ersten Kriminalhauptkommissars durch den Raum.
„Keine Zeit“, erwiderte Petersen, ohne sich umzuwenden. „Ich habe viel Arbeit – und bei der Leichenschau muss ich auch dabei sein.“ Hinter ihm knallte die Tür, und mit einem Blick auf Dierks stellte Wiebke fest, dass dem Abteilungsleiter die Situation sichtlich unangenehm war, zumal der Staatsanwalt mit hochrotem Kopf neben ihm saß.
Fritz Mahndorf klappte sein Notizbuch zu, steckte es in die Innentasche seines Jacketts und erhob sich ebenfalls. Er nickte mit verschlossener Miene in die Runde, schloss sorgsam die Knöpfe seines Sakkos und sagte an Dierks gewandt: „Reden Sie mit ihm. Petersen ist ein guter Mann, ich will ihn nicht verlieren.“ Dann verabschiedete er sich und ließ die Polizisten allein.
Husum, Hermann-Tast-Schule, 11.50 Uhr
Der Duft nach frischem Mittagessen wehte durch die Korridore des Gymnasiums. In der Mensa wurde mit Geschirr und Besteck geklappert. Im Sekretariat herrschte um diese Zeit reger Betrieb. Doch Madeleine Oelke ließ sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Sie bediente fast gleichzeitig Telefon, Computer und die wartenden Schüler. Dabei blieb sie immer höflich und hatte für jeden, der an ihrem Tresen wartete, ein Lächeln übrig. Sie war lange genug Schulsekretärin an der Hermann-Tast-Schule und arbeitete routiniert Seite an Seite mit Schulleiter Walter Fedders, dessen Büro an das Sekretariat grenzte. Es war ein angenehmes Arbeiten, und sie kam jeden Morgen gut gelaunt aus Treia, wo sie lebte, nach Husum. Auch ihre beiden Kinder, Gyde und Sünje, waren hier zur Schule gegangen. Nun, wo die Kinder erwachsen waren – Gyde arbeitete als Polizistin in Husum, Sünje als Schifffahrtskauffrau in Hamburg – konnte sie sich ganz auf den Job konzentrieren.
Die Tür zum Sekretariat flog auf und schlug an die dahinterliegende Wand. Überrascht blickte Madeleine Oelke auf, um zu sehen, wer da in das Vorzimmer des Direktors stürmte.
Levke Kühn, die junge Referendarin, betrat den Raum, doch noch bevor Madeleine Oelke sie nach ihrem Wunsch fragen konnte, stand sie bereits im Büro von Walter Fedders, der überrascht aufblickte. Madeleine Oelke verließ ihren Arbeitsplatz und folgte Levke Kühn in das angrenzende Zimmer.
Obwohl sich Walter Fedders so schnell nicht aus der Ruhe bringen ließ, zupfte er ein wenig nervös an seinem Bart herum und betrachtete die junge Kollegin mit fragender Miene. Als er von Levke Kühn zur Leiterin des Sekretariats blickte, zuckte sie ein wenig hilflos die Schultern.
Fedders bedachte Madeleine Oelke mit einem nachsichtigen Lächeln, sagte: „Ist schon in Ordnung“, und widmete sich der Referendarin. Doch sie schien nicht das geringste Interesse an einem Gespräch mit dem Schulleiter zu haben, denn auf einem der beiden Besucherstühle vor seinem Schreibtisch saß Torben Schäfer. Auch er drehte sich neugierig zu Levke Kühn um. Dass sie jetzt hier im Büro des Schulleiters stand, war ihm offenbar etwas
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