WattenMord (German Edition)
Wo er ein Geschäft witterte, hat er gebaut und die Umwelt zerstört. Und nun stirbt er dort, wo man sich intensiv für den Naturschutz und um das Weltnaturerbe Wattenmeer einsetzt. Seltsam, oder?“
Wiebke antwortete nicht und zog Petersen aus dem Arbeitszimmer. Sie hatte genug gehört.
Husum, Polizeidirektion Poggenburgstraße, 11.05 Uhr
Fritz Mahndorf blickte bezeichnend auf die goldene Armbanduhr, als Wiebke und Petersen abgehetzt und mit einer fünfminütigen Verspätung im Besprechungszimmer erschienen. Alle anderen saßen bereits am langen Tisch und hatten Unterlagen vor sich ausgebreitet.
Matthias Dierks hatte in der Zwischenzeit sein Team zusammengetrommelt und erste Recherchen angestellt. Die Kollegen aus Flensburg waren noch nicht da, auch KHK Friedrichs glänzte durch Abwesenheit. Der Staatsanwalt hatte sich einen Stuhl herangezogen und am Kopfende, gleich neben Dierks, Platz genommen. Rechter Hand saß Kriminalkommissarin Katja Graf, eine etwas mollige aber durchaus hübsche Kollegin, die ihren Dienst nur wenige Wochen vor Wiebke in der Husumer Wache angetreten hatte. Ihr Assistent war der schlaksige Kommissaranwärter Sven Gerkes, der nun voller Tatendrang mit seinem Kugelschreiber tickerte. Links saß der Kriminaltechniker Piet Johannsen vor einer aufgeschlagenen Mappe. Er blätterte in den Unterlagen und sah nur kurz auf, als Wiebke sich neben ihn setzte. Auch Petersen zog sich scharrend einen Stuhl zurecht. Wiebke blickte in die Runde. Dieser Verein sollte also den Mord an einem bekannten Immobilienmakler aufklären – wenn es denn ein Mord war. Andere Mordkommissionen arbeiteten mit zwölf Leuten. So setzte sie auf die Unterstützung der Kollegen aus Flensburg, auch wenn sie keine große Lust hatte, sich von Friedrichs herumkommandieren zu lassen.
„Da wir nun vollzählig sind, können wir mit dem Zusammentragen unserer Informationen beginnen“, eröffnete Matthias Dierks das Meeting. „Die Mordkommission aus Flensburg erwarte ich noch heute Vormittag, dann können wir auf breiter Front kämpfen.“ Er wechselte einen schnellen Blick mit Mahndorf, der an seinem Krawattenknoten herumzupfte. „Ich möchte den Kollegen von Anfang an mit guten Vorkenntnissen zur Verfügung stehen, gleichwohl muss ich anmerken, dass wir wahrscheinlich inoffiziell mit der Klärung des Tötungsdeliktes beauftragt werden.“ Er lächelte in die Runde. „Wie wir alle wissen, ist Erster Kriminalhauptkommissar Udo Friedrichs als Leiter der Mordkommission in Flensburg der Mann, der die Zügel in der Hand hält. Er ist sehr ehrgeizig und für seine hohe Aufklärungsquote bekannt. Deshalb sollten wir alles in unserer Macht stehende tun, um ihn tatkräftig zu unterstützen.“
Petersen lachte, als hätte er einen guten Witz gehört. „Ist doch immer der gleiche Scheiß.“
„Was meinen Sie?“, fragte Mahndorf streng.
„Wir machen die Drecksarbeit für die Flensburger, dann kommen Friedrichs’ Leute her und kommandieren uns rum. Warum lösen wir den Fall nicht allein?“
„Weil die Mordkommission in Flensburg sitzt und wir die Kollegen aufgrund unserer Orts- und Personenkenntnisse unterstützen.“ Matthias Dierks war die Situation im Beisein des Staatsanwaltes sichtlich unangenehm. „Das ist so geregelt, und wir werden ganz bestimmt nichts daran ändern. Im Gegenteil: Weil Holger Heiners recht bekannt war und der Fall das Interesse der Öffentlichkeit anziehen wird, müssen wir davon ausgehen, dass sich das LKA für den Toten interessiert.“
„Das wird ja immer besser. Die mischen sich in unsere Arbeit ein und schmücken sich zum Schluss mit unseren Federn“, zeterte Petersen und hieb wütend auf den Tisch.
„Jan, bitte“, wagte Dierks einen Versuch, ihn zu beruhigen. „Du bist lange genug Bulle und kennst die Regeln.“ Die Männer waren in einem Alter und kannten sich lange genug, um zu wissen, was der andere dachte. Eigentlich, überlegte Wiebke, wären sie ein perfektes Team. Aber irgendwann hatte man Dierks zum Ersten Hauptkommissar befördert und ihn zum Leiter der Kriminalinspektion Husum ernannt.
„Also steht schon fest, dass es sich um Mord handelt?“, fragte Wiebke, um die angespannte Situation aufzulockern. Sie hatte keine Lust auf einen Streit der beiden, und die Zeit drängte.
Piet Johannsen blickte auf. „Ich habe vor ein paar Minuten mit der Rechtsmedizin telefoniert. Natürlich steht die Obduktion noch aus, aber inzwischen hat man Blutergüsse festgestellt, die offenbar durch
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