WattenMord (German Edition)
an.
„Ist Ihr Freund gewalttätig?“
Petersen zog es vor, zu schweigen. Dies war ein typisches Frauengespräch, aus dem er sich in der Regel heraushielt. Das hatte nichts mit ermittlungstaktischen Gründen zu tun – das war menschlich. In der Regel vertrauten Frauen sich Polizistinnen eher an als männlichen Kollegen.
„Ob er mich schlägt?“ Beke Frahm schüttelte den Kopf. „Nein.“ Sie lachte, doch es klang gekünstelt. „Das würde er wohl niemals tun. Aber er hat andere Mittel und Wege, um mich zu bestrafen.“
„Wollen Sie darüber sprechen?“
Kopfschütteln. „Deshalb habe ich Sie nicht hergebeten. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass es jemanden gibt, der bezeugen kann, dass ich die letzte Nacht hier verbracht habe.“
„Wir benötigen den Namen und die Kontaktdaten Ihres Freundes.“
„Das ist leider nicht möglich.“ Diesmal wirkte ihr Kopfschütteln entschlossener. „Ich kann ihn nicht bekannt geben. Das wäre sicherlich sein Ende. Beruflich und privat. Ich könnte nicht damit leben, ihm seine Existenz zerstört zu haben.“
„Hören Sie“, nun mischte sich Petersen doch ein. „Hier geht es um einen Mord, und wir sind auf der Suche nach dem Täter.“ Er sprach mit energischer Stimme, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Die junge Frau blickte ihn ratlos an, schien sekundenlang geradewegs durch ihn hindurchzublicken, dann nickte sie kaum sichtbar. „Gut“, sagte sie und atmete tief ein. „Er heißt Peer Hansen, vielleicht sagt Ihnen der Name etwas?“
„Und ob.“ Petersen nickte. Wie Wiebke wusste, hatte er schon seine Kindheit in Husum verbracht, deshalb schien er auch die wichtigen Namen der Region zu kennen.
„Es ist doch der Peer Hansen, der im Außenhafen die Werft leitet?“, vergewisserte er sich dennoch bei Beke Frahm.
„Ja, das ist er.“ Sie nickte und stierte in die leere Kaffeetasse, die vor ihr stand. Sie blickte auf und bedachte Wiebke und Petersen mit flehenden Blicken. „Bitte halten Sie Peer da raus, ich möchte nicht, dass er Schwierigkeiten bekommt, wenn herauskommt, dass wir …“ Sie brach ab.
„Hauptsache, Sie bekommen keine Schwierigkeiten.“ Wiebke trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum.
„Das ist zweitrangig, Hauptsache, Sie glauben mir, dass ich nichts mit dem Mord zu tun habe.“
Wiebke wunderte sich über ihren plötzlichen Sinneswandel, sagte aber nichts dazu. Sie zückte einen kleinen Block und einen Stift, um sich von Beke Frahm diktieren zu lassen, was die junge Frau noch über ihren Freund wusste. Viel war es nicht.
„Warum erzählen Sie uns das alles?“, fragte Wiebke, nachdem sie Beke Frahms Angaben notiert hatte.
„Weil ich keine Lust habe, unter Mordverdacht zu stehen.“
Sie blickte Wiebke tief in die Augen. „Wahrscheinlich wäre ich in den Dunstkreis des Mörders geraten, weil ich ins Multimar komme. Und weil ich die Leiche im Wasser gefunden habe. Macht mich das nicht verdächtig?“
„Bislang nicht, nein.“ Wiebke schüttelte den Kopf. „Allerdings ist es seltsam, dass Sie behauptet haben, den Toten nicht zu kennen. Wie wir inzwischen wissen, war er ihr Vermieter.“
Beke Frahm schien darüber überrascht zu sein, dass die Polizisten innerhalb kurzer Zeit wussten, dass sie Holger Heiners, entgegen ihrer Aussage, gekannt hatte.
„Warum haben Sie uns nicht die Wahrheit gesagt?“, bohrte Petersen nun doch nach.
„Es … es war mir unangenehm.“
„Das müssen Sie uns erklären.“
Beke blickte ihre Besucher unverwandt an. „Hallo – ich finde einen Toten im Großaquarium, behaupte, die Nacht hier allein verbracht zu haben, und ich gebe an, Heiners nicht gekannt zu haben. Sie halten mich für eine Lügnerin. Und es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas reicht, um Leute in den Knast zu bringen.“
„Sie scheinen sich auszukennen.“ In Petersens Stimme schwang Sarkasmus mit. „Gibt es denn sonst noch etwas, das Sie uns erzählen müssen?“
Eilig schüttelte die junge Frau den Kopf. „Nein“, sagte sie leise. „Nichts.“
„Wie war Ihr Verhältnis zu Heiners?“, fragte Wiebke und legte den Stift und den Block auf den Küchentisch.
„Es war rein geschäftlich. Ihm gehört die Bude, er bekommt jeden Monat seine Miete. Mehr nicht. Aber er ist ein verdammtes Arschloch. War ein verdammtes Arschloch“, verbesserte sie sich dann.
„Warum?“
„Er wollte uns hier rausekeln. Dazu schien ihm jedes Mittel recht zu sein.“
„Das scheint ja ein netter Kerl gewesen zu sein.“
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