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WattenMord (German Edition)

WattenMord (German Edition)

Titel: WattenMord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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wollte. Hier sah alles nach harter Arbeit aus, und wären da nicht die Schiffe im Hafenbecken, hätte er denken können, sich im Industriegebiet seiner Heimatstadt zu befinden. Fabrikhallen, Kräne, alles sah aus wie in anderen Gewerbegebieten auch. Dennoch, das musste er sich eingestehen, war die maritime Stimmung nicht zu übersehen. Als er das Seitenfenster einen Spaltbreit öffnete, drang die würzige Luft der Nordsee in das Wageninnere. Sie erfrischte seine Lungen, und er atmete ein paar Mal tief durch. Dann fragte er sich, ob er sich nicht schon verfahren hatte. War dies wirklich der Weg, der zum Badestrand führte?
    Er vertraute der Beschilderung und folgte der Straße. Kurze Zeit später hatte sich die Natur den Boden zurückerobert. Ja, dachte er zufrieden, das sieht schon eher nach Urlaub aus. Auf der schnurgeraden Fahrbahn fuhr er automatisch schneller als die erlaubten fünfzig Stundenkilometer, aber er rechnete nicht damit, dass man hier die Geschwindigkeit messen würde. Eine Gruppe von Radfahrern überholte er in weitem Bogen.
    Etwas weiter hinten ragte ein rechteckiger Backsteinblock in den Himmel. Wahrscheinlich ein Hotel, dachte er, und tatsächlich wurde sein Verdacht wenig später durch ein Schild bestätigt. „Nordsee-Hotel“, las er die Inschrift im Vorbeifahren.
    „Na“, grinste er. „Da hat sich der Besitzer aber mal einen aussagekräftigen Namen einfallen lassen.“
    Links der Deich, rechts ein Parkplatz. Er suchte eine freie Lücke und stieg aus. Jetzt spürte er, dass seine alten Knochen von der stundenlangen Autofahrt lahm geworden waren. Er streckte sich, dann marschierte er los. Vielleicht, so dachte er, war es gut, sich erst einmal den frischen Wind um die Nase wehen zu lassen, bevor er seine Mission begann.
    Außenhafen Husum, 14.05 Uhr
    Petersen hatte den Wagen gleich vor dem Verwaltungsgebäude der Werft geparkt. Kaum dass sie ausgestiegen waren, sprang ein rundlicher Mann im ölverschmierten Overall von seinem Gabelstapler und ruderte hektisch mit den Armen. Wiebke vermutete, dass sein Arbeitsanzug wohl irgendwann einmal blau gewesen war. Dafür leuchtete der Sturzhelm in einem beinahe heiteren Gelb.
    „Hier könnt ihr nicht stehen bleiben, ihr Pappnasen!“, rief er aufgebracht. „Da kommt gleich ein Laster, und der kommt da nicht durch.“ Seine kurzen Arme wirbelten durch die Luft und deuteten auf ein blaues Hinweisschild. „Könnt ihr nicht lesen? Der Parkplatz ist da hinten!“
    Wiebke hätte schwören können, dass sich Jan Petersen nicht als „Pappnase“ titulieren ließ, und rechnete schon mit dem Schlimmsten, als ihr Kollege dem Werftarbeiter jovial auf die Schulter klopfte. „Mensch Fiete, halt mal den Ball flach!“ Er grinste. „Oder glaubst du ernsthaft, dass du hier draußen bei der Arbeit einen auf dicke Hose machen kannst? Ich glaub, ich muss mal mit deiner Elke reden.“
    „Petersen?“ Der Arbeiter blinzelte, als benötige er dringend eine Brille.
    Wiebke sah strahlend blaue Augen in einem dreckigen, unrasierten und fast runden Gesicht. Sie war erleichtert, als sie registrierte, dass sich die Männer offenbar kannten.
    „Bist du das wirklich?“
    „Nee, ich bin mein Zwilling.“ Petersen schüttelte den Kopf. „Klar bin ich das.“
    „Was treibt euch zwei Hübschen denn hierher?“ Fietes Stimme klang versöhnlich, und Wiebke verkniff sich ein Grinsen, als sie seine forschenden Blicke bemerkte.
    „Wir sind geschäftlich hier“, erwiderte Petersen und zeigte seinem Bekannten die Dienstmarke.
    Fietes Augen wurden groß. „Ach du Scheiße, du bist Bulle?“
    „Nee, Kommissar. Wir müssen mal dringend mit dem Chef schnacken.“
    „Hat er was angestellt?“
    „Klar, er hat einen alten Gauner wie dich eingestellt“, feixte Petersen. „So, wo schläft er denn nun, dein Chef?“
    Fiete zog eine Grimasse. „Oh, das ist ganz schlecht, oder habt ihr einen Termin gemacht?“
    „Die Firma, für die wir arbeiten, vereinbart im Voraus keine Termine, das müsstest du doch am besten wissen.“
    „Na denn …“ Er machte eine einladende Geste und deutete auf den Eingang des zweistöckigen Bürogebäudes. „Mir nach.“
    Er ging vor und besann sich in letzter Sekunde auf seine gute Erziehung. So hielt er Wiebke die Tür auf und führte die Besucher in die obere Etage. Der verschlissene Teppich dämmte ihre Schritte. Graue Türen zweigten von einem breiten Korridor ab, alle Türen waren zu. Wohl in Ermangelung eines Vorzimmers gab es am Ende des Ganges

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